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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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Alex zu sehen, aber was hatte sie noch hergeführt?
    Â»Hallo, Alex«, sagte sie und lächelte. Einen Schwindel erregenden Moment lang schien sich nichts zwischen uns verändert zu haben. Ich erinnerte mich an das erste Mal, als ich sie gesehen hatte. Damals war sie noch Rektorin der
Sojourner Truth School gewesen. Sie hatte mir den Atem geraubt. Unglücklicherweise tat sie das immer noch.
    Christine kniete unten an der Treppe nieder und breitete die Arme aus. »Hallo, du hübscher Bursche«, sagte sie zu Klein Alex.
    Ich setzte ihn ab und überließ ihm die Entscheidung der nächsten Schritte. Er blickte zu mir auf und lachte. Dann erlag er Christines verführerischem Lächeln und Charme – und lief ihr direkt in die Arme.
    Â»Hallo, Baby«, flüsterte sie. »Ich habe dich schrecklich vermisst. Du bist so groß geworden.«
    Christine hatte keine Geschenke, keine Bestechung, mitgebracht. Das gefiel mir. Es entsprach ihrem Charakter. Keine Tricks. Trotzdem lachte Alex nach wenigen Sekunden und plapperte wie ein Wasserfall. Die beiden sahen gut zusammen aus – Mutter und Sohn.
    Â»Ich bin drin«, sagte ich, nachdem ich sie einen Moment lang beobachtet hatte. »Komm rein, wenn du willst. Es gibt frischen Kaffee und auch Frühstück, falls du noch nicht gegessen hast.«
    Christine schaute mich an und lächelte erneut. Sie sah so glücklich aus, als sie unseren kleinen Sohn in den Armen hielt. »Im Moment nicht, danke. Ich komme später für eine Tasse Kaffee. Selbstverständlich.« Selbstverständlich. Christine war sich ihrer Sache immer so sicher gewesen und sie hatte ihre Selbstsicherheit nicht verloren.
    Ich ging ins Haus zurück und stieß beinahe mit Nana zusammen, die hinter der Fliegengittertür alles beobachtet hatte.
    Â»Ach, Alex«, flüsterte sie. Mehr brauchte sie nicht zu sagen. Ich hatte das Gefühl, als hätte man mir ein Messer ins Herz gerammt. Ich schloss die Eingangstür und ließ die beiden allein.

    Nach einer Weile brachte Christine den Kleinen herein. Wir saßen alle in der Küche und tranken Kaffee, und sie betrachtete Alex mit seinem Fläschchen mit Apfelsaft. Sie erzählte von ihrem Leben in Seattle, redete hauptsächlich über die Arbeit an der Schule, nichts Persönliches oder Erhellendes. Ich wusste, dass sie nervös und gestresst sein musste, aber sie ließ sich nichts anmerken.
    Dann zeigte Christine die Wärme, die jedes Herz schmelzen ließ. Sie schaute Klein Alex an. »Was für ein süßes Kind«, sagte sie. »So ein entzückender, lieber kleiner Junge. Ach, Alex, mein kleiner Alex, wie habe ich dich vermisst! Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr.«

56
    Christine Johnson war wieder in Washington, D. C.
    Warum war sie zurückgekommen? Was wollte sie bei uns?
    Die Fragen pochten in meinem Kopf und auch tief in meinem Herzen. Sie machten mir Angst, noch ehe ich eine klare Vorstellung von dem besaß, was ich zu fürchten hatte. Natürlich hatte ich einen Verdacht. Christine hatte ihre Meinung über Klein Alex geändert. Ja, das war’s. Warum würde sie sonst hier sein? Mit Sicherheit war sie nicht gekommen, um mich zu sehen. Oder etwa doch?
    Ich war noch auf der Interstate 95, nur wenige Minuten von Quantico entfernt, als Monnie Donnelley mich übers Handy anrief. Miles Davis lief im Autoradio. Ich wollte mich etwas entspannen, ehe ich ins Büro kam.

    Â»Sie sind wieder zu spät dran«, sagte sie. Obwohl ich wusste, dass sie es scherzhaft meinte, versetzte es mir einen Stich.
    Â»Ich weiß, ich weiß. Ich habe gestern Nacht eine wilde Party gefeiert. Sie wissen, wie das ist.«
    Monnie kam direkt auf den Punkt. »Alex, haben Sie gehört, dass man gestern Abend zwei Verdächtige festgenommen hat?«
    Wieder zwei . Ich war so überrascht, dass ich nicht sogleich antworten konnte. Man hatte mich über diese Festnahme nicht informiert!
    Â»Also wohl eher nicht«, beantwortete Monnie ihre eigene Frage. »Das war in Beaver Falls, Pennsylvania. Joe Namaths Heimatstadt? Zwei mutmaßliche Täter, Mitte vierzig, führten einen Bücherladen für Erwachsene, der irgendwie so ähnlich wie die Stadt hieß. Die Presse hat davon vor wenigen Minuten Wind bekommen.«
    Â»Hat man eine der vermissten Frauen gefunden?«, fragte ich Monnie.
    Â»Ich glaube nicht. Jedenfalls ist es nicht in den Nachrichten.

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