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Vor dem Sturm (German Edition)

Vor dem Sturm (German Edition)

Titel: Vor dem Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesmyn Ward
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Der Junge, der zu dem Braun-Weißen gehört, lächelt und tätschelt seinem Hund den Kopf.
    Marquises Hündin Lala hüpft wie ein Kaninchen in die Arena, ihre goldenen Ohrstecker blitzen, und bellt den braun-weißen Hund an, als wolle sie ihm gratulieren. Ojacc ist immer noch kampflustig. Er krümmt sich wie ein Fragezeichen, entreißt ein Bein den Händen seines Besitzers und beißt zu. Lala kommt schliddernd zum Halt, aber der Braun-Weiße gräbt dennoch seine Zähne in ihr Bein wie einen Tacker. Der Junge zieht, und Marquise reißt mit beiden Händen an Lalas Leine. Der Braun-Weiße lässt knurrend los.
    »Warte!«, schreit sein Junge.
    »Verdammte Scheiße!«, brüllt Marquise, und Lala humpelt winselnd zu ihm. Er kniet sich vor ihr hin, und sie verschmilzt mit ihm, macht ihrer buttergelben Farbe alle Ehre. Die Hunde bellen und stellen sich auf die Hinterpfoten, ziehen an ihren Leinen, und die Jungs müssen sich anstrengen, um dagegenzuhalten. China bewegt kurz die Beine, und ihre Brüste schwingen. Skeetah schüttelt den Kopf und spuckt aus. Die Jungs wickeln sich die Leinen um die Handgelenke oder Unterarme. Die Hunde ziehen, bis sie keine Luft mehr bekommen und ruhig werden, sich auf dem Gras und Stroh niederlassen, das Kinn auf die Pfoten legen. Marquises Hündin hört nicht auf zu winseln, und als er ihr eine Hand übers Maul legt, läuft Sabber heraus. Nach dem nächsten Kampf lässt Marquise sie los, und sie setzt sich mit dem Rücken an seine Beine, das Gesicht zum Wald gewandt, und lässt den Kopf hängen. Junior rennt zu ihr hin und tätschelt ihr den Kopf. Als alle Hunde außer Kilo und Boss gekämpft haben, sitzt Lala mit dem Hinterteil auf dem Schoß von Marquises kleinem Bruder, hat den Kopf auf Juniors Oberschenkel gelegt und leckt ihm das Bein.
    Rico und Kilo gehen in die Mulde. Die anderen Hunde und Jungs atmen schwer, sind blutig, haben schweißverklebtes Fell. Rico lächelt, und Kilo grinst, stämmig, aber hoch gewachsen neben seinem eher kleinen Herrchen; sein Fell ist so rot wie die Erde unter den Kiefernnadeln, und ebenso sauber und trocken. Rico wickelt sich die Leine um die Faust, holt Kilo ein, streicht ihm über die raue Seite, blickt hoch und sagt: »Bereit?«
    Jerome verlässt uns. Boss tappt neben ihm her. Gut einen Meter vor Kilo und Rico bleiben sie stehen. Boss wirft zweimal den Kopf nach hinten und schaut Jerome an, stößt dabei mit der Stirn gegen die Leine und lächelt, und Jerome geht langsam neben ihm in die Hocke und flüstert ihm etwas ins Ohr. Auf der anderen Seitedes Kreises haucht Rico etwas in Kilos Ohr, aber der Wind wird wieder stärker, eine Wolke verdeckt die Sonne, und ihre Stimmen verlieren sich im Raunen der Baumkronen um uns herum. Dann lässt der Wind kurz nach und legt gleich wieder zu, die Wolke zieht weiter, die Lichtung wird zu einer hellen Kugel, und Jerome brüllt »Fertig!« und hakt Boss’ Leine los, während Rico von Kilo zurücktritt. Boss und Kilo sind an nichts und niemanden mehr gebunden, und schon rasen sie durch die Arena, wütend auf den jeweils anderen, der ihnen auf Augenhöhe entgegentritt, weder Schwanz noch Kopf eingezogen hat.
    »Pack ihn, Junge!«, schreit Jerome. Er klatscht wie als Ausrufezeichen in die Hände, immer wieder. »Pack ihn!«
    Sie treffen sich in der Mitte. Sie stellen sich gleichzeitig auf die Hinterbeine, ihre Vorderpfoten treffen sich auf Schulterhöhe, als wollten sie tanzen. Boss dreht als Erster den stumpfschwarzen Kopf zur Seite. Der erste Biss ist seiner. Kilo bäumt sich auf und entwindet sich. Im Fallen schnappt er zu und gräbt die Zähne in Boss’ Hals.
    »Schüttel ihn! Schüttel ihn!«, schreit Rico und beugt sich so weit vor, dass es aussieht, als würde er mit dem Gesicht zuerst in die Arena fallen.
    Kilo beachtet ihn nicht. Kilo beißt und lässt los, schnappt und beißt erneut. Seine Zähne blitzen weiß, dann rot, dann noch mal.
    »Greif ihn dir, Junge!«, brüllt Rico.
    Boss will nicht gegriffen werden. Sein Kopf ist ein Messer, und er schneidet eine klaffende, tropfende Wunde in Kilos Schulter. Blut rinnt über Kilos Fell. Boss ist langsamer als Kilo. Aber er ist stark.
    »Komm schon, Junge!«, brüllt Jerome.
    Sie fallen beide, getrennt voneinander. Kilo kommt vor Boss wieder hoch, knurrt, springt los. Boss hievt sich auf die Pfoten und tritt Kilo entgegen. Sie sind Zahn an Zahn. Sie kauen sichgegenseitig die Gesichter an, küssen sich. Sie knurren einander in den Rachen.
    »Komm schon, Junge!«,

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