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Vor dem Sturm (German Edition)

Vor dem Sturm (German Edition)

Titel: Vor dem Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesmyn Ward
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still.
    »Gibt keinen klaren Sieger«, sagt Marquise.
    »Du hörst doch, was alle sagen. Unentschieden«, sagt Randall, macht ein paar Schritte nach vorn und stellt sich neben Jerome, Rico gegenüber. Rico schnaubt und spuckt aus. Ich wünschte, der Wind würde die Spucke auffangen und zu ihm zurückblasen, direkt in sein Gesicht oder auf seine ach so weißen Schuhe. Randalls Stock liegt über seinen Schultern und in seinem Nacken,und seine Arme hängen darüber wie die einer Vogelscheuche. Big Henry bleibt an ihm dran, flankiert Marquise. Manny kommt langsam über die Lichtung, der Junge mit den vergilbten Schuhen dicht hinter ihm. Sie gehen alle aufeinander zu, treffen sich in der Mitte. Wie die Hunde.
    »Ich sagte« – Rico zeigt mit dem Finger auf Skeetah und China, die an seiner Seite hechelt –, »wo is mein Welpe?« Er geht auf Skeet und die Jungs zu, die sich locker um Rico und Jerome gruppiert haben. Marquise wippt auf den Zehenspitzen, lässt seine Hände kreisen. Wenn ich ein Junge wäre, würde ich, glaube ich, wie Marquise kämpfen.
    »Nein«, sagt Jerome. »Mein Hund hat nich verlorn. Höchstens isses unentschieden.«
    »Interessiert mich’n Scheißdreck, was du sagst«, sagt Rico, und sein Finger schwenkt jetzt auf Jerome, sein Blick bleibt aber auf Skeetah gerichtet. »Und ich will den weißen.«
    »Es ist unentschieden. Gleichstand.« Randall stellt sich vor Skeetah, Rico in den Weg. Er rollt die Schultern, greift mit einer Hand den Stock, schwenkt ihn aus und hält ihn wie einen Baseballschläger. Alle kommen dichter zusammen, immer dichter, bilden ein schwarzes Knäuel im hellen Tageslicht. »Ihr könnt das nicht entscheiden.«
    »Doch«, sagt Skeetah. »Können wir.« Er hakt die stumpfe schwere Kette von Chinas Halsband ab, lächelt; sie lächelt ebenfalls.
    Wie soll das denn gehen?
, brüllte Randall im Flüsterton an Skeetah gewandt, während Rico Kilo laut lachend über die Lichtung führte, um ihn abzureiben.
Sie ist Mutter!
Die Jungs und ihre Hunde verteilten sich um das Rund der Lichtung herum; das Knäuel hatte sich aufgelöst, war ausgefranst.
Und er ist Vater
, sagte Skeetah und wies auf Kilo,
und was zum Teufel macht das schon?
China stubste Skeetah mit der Schnauze in die Seite.
Ihre Zitzen
, sagteRandall.
Sind für die Welpen, und du brauchst dir deswegen keine Sorgen zu machen
, hauchte Skeetah.
Die Welpen
, sagte Randall,
was ist mit den Welpen? Wir kämpfen alle
, sagte Skeetah.
Jeder. Und jetzt lass mich in Ruhe, verdammt, ich muss mit meinem Hund reden
, sagte er.
    »Randall?« Junior und Marquises kleiner Bruder sind von ihrer Akazie heruntergeklettert. »Lässt Skeetah jetzt China kämpfen?«
    »Geht wieder zu euerm Baum«, sagt Randall. »Das mein ich ernst. Los, hoch mit euch.«
    »Geh schon«, sage ich zu Junior. »Und kommt nicht runter, ehe es vorbei ist.«
    Junior hebt einen Stock auf und wirft ihn zu Marquises kleinem Bruder, der ein hellgrünes Hemd trägt, das mit rosa Blütenblättern von dem Baum bestäubt ist, und dazu Jeans-Shorts mit Bügelfalten.
Das war
s
eine Mutter,
denke ich.
    »Fall nicht runter«, sage ich.
    »Okay, okay«, schnaubt Junior, damit ich merke, dass ich ihn nerve, und dann rennen die beiden weg.
    Marquise spricht laut mit einer Stimme, die sich Gehör verschaffen will, und er sagt, er findet, Rico ist ein Mistkerl und sein Hund ein Schwächling, und fuck, nein, Kilo hat auf keinen Fall gewonnen. Big Henry schüttelt den Kopf und wischt sich unablässig mit seinem Schweißtuch über die Stirn. Jerome stimmt Marquise lauthals zu. Man kann deutlich erkennen, dass sie Cousins sind. Boss liegt wieder zu Jeromes Füßen, leicht blutend, Zunge rausgestreckt, jetzt wieder grinsend. Blut läuft ihm ins Auge, und er blinzelt. Kilo rekelt sich im Stroh auf dem Rücken, rollt sich immer wieder zu einem C zusammen. Randall schwenkt seinen Stock hin und her, immer wieder, wie einen Golfschläger jetzt, erwischt damit Ranken und reißt sie von den Ästen ab. Er schaut mich mit gespannter Oberlippe an.
    »Tja.« Randall schwenkt den Stock, der Erde und trockeneKiefernnadeln in die Luft schleudert. »Sie werden sterben.
Scheiß Camp!
« Er spuckt aus.
    Von der anderen Seite der Mulde beobachtet uns Manny. Als die Hunde gekämpft haben, sich wie Speichen um das Rad der Lichtung drehten, zähneknirschend Muskel an Muskel und Zahn an Zahn kämpften, da fiel es mir leicht, mein Blickfeld einzuschränken und Manny auszuweichen. Mannys Augenbrauen sind

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