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Vor dem Sturm (German Edition)

Vor dem Sturm (German Edition)

Titel: Vor dem Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesmyn Ward
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brüllt Jerome.
    Aber Boss denkt, er wird zurückgerufen, dass er zu Jerome rennen soll. Schwarz wie verbranntes Öl zischt und wirbelt er durch die Luft, kippt um und wird zu einer Pfütze im Sand, weil Kilo sich auf ihn gestürzt und seine Zähne in Boss’ Rücken versenkt hat. Boss schmeißt sich seinerseits mit einem zerfetzenden Knurren gegen Kilo.
    »Ruf ihn zurück!«, brüllt Jerome. Der Kampf ist nicht mehr sauber. Jerome hat einen Fehler gemacht.
    »Kilo!«, schreit Rico, und dann packt er Kilo an den Hinterbeinen. »Kilo!« Es ist mehr ein Husten als ein Schrei. Kilo lässt los, schleudert in einer Wolke aus Staub und Haaren und Blutstropfen den Kopf zurück. Jerome packt Boss an den Vorderbeinen. Rico zerrt Kilo an den Hinterbeinen durch die Arena, weg von Boss. Beide Hunde sind mit Bisswunden übersät. Ricos T-Shirt ist nicht mehr so weiß.
    Jerome kniet sich hin und drückt seinen Lappen in die Wunde auf Boss’ Rücken. Der Lappen wird schwarz, und als er den Schnitt abwischt, fließt das Blut sauber nach. Er drückt erneut, wartet, bis es nur noch tröpfelt. Boss’ weiße Schnauze ist rotgestreift. Jerome nickt Rico zu.
    »Noch mal?«, ruft Jerome.
    »Jo«, sagt Rico.
    Junior lässt Lalas Kopf in den Sand fallen.
    »Ich geh wieder zum Baum rüber«, sagt er zu Marquises kleinem Bruder. »Kommst du mit?« Sie verlassen Lala, die sich aufsetzt und verwirrt dreinschaut. Big Henry steht mit über der Brust verschränkten Armen da. Randall starrt auf Boss’ Rücken; sein Stock hängt seitlich an seinem Bein herunter, bis er ihn hochnimmt und sich auf die Schulter legt. Er seufzt.
    Jerome gibt Boss einen Klaps auf das Hinterteil, und er rennt los über die Lichtung, auf Kilo zu. Die beiden Hunde verschmelzen zu einem. Sie haben zwei Köpfe, vier Beine, zwei Schwänze. Sie sind eine Bestie aus der Urzeit, die sich zornig und gierig knurrend aus dem Meer erhebt. Boss’ Kopf schwingt nach hinten, wird für einen Augenblick unterscheidbar, und er vergräbt seine Zähne hinter Kilos Schulter.
    »Scheiße«, haucht Randall.
    Kilo gurgelt und zieht sich komplett zusammen, während er Boss am Vorderbein packt.
    »Schüttel ihn, Junge!«, brüllt Rico.
    »Pack ihn!«, schreit Jerome.
    Sie kochen, rot gegen schwarz. Kilo versucht, Blut zu ziehen. Boss knurrt und schüttelt immer wieder den Kopf, gibt Kilo zurück, was er bekommt. Keiner von beiden wird zerfetzt; keiner knickt ein.
    »Sie sind quitt«, sagt Big Henry.
    Boss’ und Kilos Zähne versenken sich bei jedem Angriff und jeder Erwiderung ineinander. Sie schärfen die Klingen ihrer Reißzähne an einem Schleifstein aus Fleisch. Beide halten fest. Keiner gibt nach.
    »Macht Schluss«, sagt Skeetah.
    »Boss!«, schreit Jerome, packt Boss an den Hinterbeinen und zieht.
    »Kilo!« Rico greift zu.
    Die Hunde gehen auseinander, werden weggezogen. Boss hat viele Bisswunden, und seine weiße Schnauze war nie weiß, sondern immer schon rot. Kilos rötliche Schultern sehen aus wie mit noch röterem Stoff bedeckt, einem schäbigen weinroten Schal, und sein Atem ist das lauteste Geräusch auf der Lichtung. Man hört es über dem auf- und abflauenden Wind. Daddys Hurrikan streckt seine Fühler aus.
    »Kilo hat’s«, sagt Rico.
    »Du spinnst wohl«, sagt Jerome.
    »Was soll das? Er hatte ihn«, sagt Manny.
    »Keine Ahnung, was du gesehn haben willst, aber Kilo hat todsicher nich gewonnen«, sagt Marquise.
    »Alle haben gesehn, dass Kilo ihn hatte«, sagt Ricos Freund mit den weißen Schuhen, die inzwischen gelbbraun geworden sind.
    »Ein Scheißdreck haben sie gesehn. Es war unentschieden«, sagt Big Henry, und plötzlich reden alle auf einmal.
Kilo hatte ihn. Nein, Boss hatte ihn. Biste blind, Nigga? Nee, aber du!
Alle Jungs streiten sich. Die Hunde um sie herum bellen und wälzen sich in den Kiefernnadeln und lecken ihre Wunden und wedeln mit den Schwänzen. Sie halten ihre feuchten Schnauzen in den auffrischenden Wind.
    Rico steht auf. Er hat Kilo, der blutet und lächelt, sauber gemacht. Rico macht Kilos Leine fest und führt seinen Hund, der mit gesenktem Kopf hinter ihm hertrottet, über die Lichtung zu uns. Mit finsterem Blick schaut Rico Skeetah an, der immer noch abseits am Rand der Arena steht und einen Finger eine Haaresbreite über Chinas Kopf hält. Sie strahlt so hell, dass man sie kaum anschauen mag.
    »Und wann krieg ich nun mein’ Welpen?«, fragt Rico Skeetah.
    »Mein Hund hat nich verlorn«, sagt Jerome, klickt die Leine fest und steht

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