Vor dem Urknall
wesentlich solider und leichter auszurichten. Der Leviathan wurde von 1845 bis ins frühe 20 . Jahrhundert hinein auf den Himmel gerichtet, obwohl die Nutzung wegen des feuchten und nebligen Wetters in Irland ständig behindert wurde. So gab es nur relativ wenige klare Beobachtungsnächte im Jahr. Im Gegensatz zu Herschels Teleskop, das demontiert wurde, ist der Leviathan erhalten geblieben und kann in dem Städtchen Birr in seiner ganzen Herrlichkeit bewundert werden.
In Europa sollten noch andere Teleskope gebaut werden, doch als der Leviathan in den Ruhestand versetzt wurde, fanden die astronomischen Großtaten bereits in den USA statt, wo bessere Wetterbedingungen herrschten und wo man mit der Finanzierung der zunehmend teurer werdenden astronomischen Projekte keine großen Schwierigkeiten hatte. 1908 spendete die Carnegie-Stiftung Geld für den Bau eines großen Teleskops für das California Institute of Technology unter der Leitung des Astronomieprofessors George Ellery Hale.
Hale wurde 1868 in Chicago geboren, absolvierte sein Studium am Massachusetts Institute of Technology ( MIT ) und arbeitete an den Sternwarten in Harvard und Chicago, bevor er Amerikas herausragender Gründer neuer Observatorien wurde. Zwei Berggipfel wurden von Hale für das neue, von Carnegie finanzierte Riesenteleskop in Erwägung gezogen. Beide Berge lagen in Kalifornien: Mount Wilson bei Pasadena und Mount Palomar im Landkreis San Diego.
Die beiden Standorte waren hoch genug gelegen, um die atmosphärischen Störungen zu reduzieren. Palomar war günstiger hinsichtlich der Lichtverschmutzung (er steht mitten im Nichts, während Wilson in der Nähe von Los Angeles liegt), aber man hatte einen besseren Zugang zum Mount Wilson, und deshalb wurde er als Standort für Hales 150 -Zentimeter-Gerät ausgewählt. Es war zwar kleiner als das irische Teleskop, war aber mit einem viel besseren Spiegel ausgestattet (versilbertes Glas statt einer Kupfer-Zinn-Legierung), kam unter einem viel klareren Himmel zum Einsatz und war in der Lage, sich in jede Richtung zu bewegen, sodass wesentlich bessere Ergebnisse erzielt wurden als mit dem Leviathan. 1917 wurde Mount Wilson mit einem 2 , 5 -Meter-Teleskop aufgerüstet, das 30 Jahre lang das größte der Welt war und eine entscheidende Rolle beim nächsten Schritt zur Bestimmung der Größe des Universums spielte.
Schon mit dem Leviathan des Grafen Rosse und erst recht mit dem Auftrumpfen der amerikanischen Teleskope war offensichtlich geworden, dass einige Nebel komplexe Strukturen besaßen, zu denen auch Sterne, Gas und Staub gehörten. Herschel hatte das eindeutig erkannt. Dies schloss zwar nicht ihre Existenz innerhalb der Milchstraße aus, verlieh aber der Theorie von Galaxien als Inseln im Weltall (Welteninseln) mehr Glaubwürdigkeit.
Die große Debatte
In den 1920 er Jahren war die Frage, wie die Milchstraße und die Nebel nun tatsächlich beschaffen sind, noch nicht geklärt. Eine spezielle Debatte über dieses Thema im April 1920 sollte den schrulligen amerikanischen Astronomen Edwin Hubble dazu bewegen, unser Bild vom Universum zu verändern.
Solche Debatten waren schon lange geführt worden – mit Sicherheit seit Herschels Tagen. Dem bloßen Auge erscheinen die wenigen sichtbaren Nebel wie leicht verschwommene Sterne, aber seit es einigermaßen leistungsfähige Teleskope gab, wurde deutlich, dass sie eine kompliziertere Struktur haben. Einige sind fast kugelförmig, andere haben einen Schweif wie ein Komet, der sich allerdings in zwei Richtungen erstreckt, und um ihren Mittelpunkt bilden sie eine äußerst dramatisch wirkende Spirale – eine strudelähnliche Struktur.
Noch immer war der vorherrschende Gedanke, Nebel seien junge Sterne im Prozess der Entstehung. Sterne bilden sich durch die allmähliche Anhäufung von Materie. Die Gravitation zieht Stück für Stück an, vorwiegend Wasserstoff, der im Weltraum schwebt. Wenn eine bestimmte Masse zusammengekommen ist, übt sie eine stärkere Gravitationsanziehung aus, sodass sie noch mehr Materie anzieht. Schließlich ist die Materiekugel so dicht, dass die Kernfusion einsetzt. So schien der Gedanke vernünftig zu sein, dass es vor der vollständigen Ausbildung eines Sterns Materiewolken geben sollte, die sich zu einem Stern entwickelten, und das, so glaubte man, waren die Nebel. (Das war gar nicht so dumm: Manche Nebel sind tatsächlich entstehende Sterne in unserer Galaxie.)
Allerdings wurde Herschels Alternativansicht, die Nebel
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