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Vor dem Urknall

Vor dem Urknall

Titel: Vor dem Urknall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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Chance darauf hätten, standzuhalten.

Eine spekulative Wissenschaft
    Im Vergleich zu den meisten Wissenschaften leidet die Kosmologie am fehlenden experimentellen Ansatz. Es wird nie möglich sein, Experimente durchzuführen, jedenfalls nicht mit dem Universum als Ganzem unter kontrollierten Bedingungen und mit verwertbaren Ergebnissen. Stattdessen muss man Beobachtungen anstellen. Dabei geht es häufig um Objekte, die so weit entfernt sind in Raum und Zeit, dass man sie höchstens indirekt studieren kann und anschließend versuchen muss, Schlussfolgerungen abzuleiten. Dabei kommen dann unausweichlich auch ziemlich viele Schätzungen ins Spiel.
    Zu Recht oder zu Unrecht tragen Wissenschaftler zu der Verwirrung bei, indem sie sich auf die Bestandteile der aktuellen populären kosmologischen Theorien so beziehen, als wären sie absolute Wahrheiten. Wir können nie wirklich etwas beweisen. Ich kann nicht beweisen, dass die Sonne morgen aufgehen wird. Ich kann nur behaupten, dass es erfahrungsgemäß so sein wird. Das Gleiche gilt für jede wissenschaftliche Theorie von Newtons Bewegungsgesetzen bis zu den Gasgesetzen von Boyle. Ich kann beweisen, dass sie mit allen bisherigen Beobachtungen übereinstimmen, aber ihre absolute Richtigkeit kann ich nicht beweisen.
    Deshalb ist es so seltsam, wenn diejenigen, die eine Abneigung gegen die Evolutionstheorie haben, lamentieren, es sei ja «nur eine Theorie». Denn die gesamte Wissenschaft ist ja nur eine Ansammlung von Theorien. Einigen wird zwar die Bedeutung von Gesetzen zugestanden, in Wirklichkeit aber nehmen sie alle augenblicklich nur den Rang bester Theorien ein und werden in der Zukunft vermutlich modifiziert oder ersetzt werden. Dies geschah natürlich auch mit Newtons Gesetzen. Die Relativitätstheorie zeigte, dass sie nur Spezialfälle sind, die zufällig dann gelten, wenn ein Objekt sich nicht mit annähernder Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, was auf uns Menschen wohl in den meisten Fällen zutrifft.
    In der Wissenschaft kann ich also nichts beweisen, aber ich kann leicht etwas widerlegen. Wenn ich sage, die Sonne wird morgen nicht aufgehen, und sie tut es dann trotzdem, ist meine Theorie gründlich ruiniert. Sollte ich etwas finden, das den Newton’schen Gesetzen nicht gehorcht, dann trifft die Theorie unter diesen besonderen Umständen nicht zu. Nur wenn wir etwas widerlegen können, liegt ein absolut sicherer wissenschaftlicher Beweis vor. Allerdings werden viele wissenschaftlichen Theorien von einer großen Menge experimenteller Daten gestützt, sodass sie äußerst nützlich sind. Da die Kosmologie aber nicht auf solche Daten zurückgreifen kann, stehen einige der Vorhersagen und Hypothesen auf wackliger Grundlage.
    So sind einige Dinge, auf die wir gleich zu sprechen kommen werden – Schwarze Löcher, Dunkle Materie, Dunkle Energie, Wurmlöcher im Weltall und sogar der Urknall selbst –, ausnahmslos Ableitungen und Schlussfolgerungen. Es gibt Theorien, die die Existenz dieser Phänomene unnötig machen. Gut möglich, dass es sie da draußen gibt, aber es muss nicht unbedingt so sein. Die beliebtesten Theorien der Kosmologen und die uns augenblicklich zur Verfügung stehenden Daten sprechen für ihre Existenz. Allerdings haben wir es hier mit einem anderen Grad der Gewissheit zu tun im Vergleich zu der Bestimmtheit, mit der wir beispielsweise sagen können, die Sonne existiere oder die Erde drehe sich um sie.
    Manchmal kommt uns der Begriff «die wissenschaftliche Methode» zu Ohren, als gebe es nur einen einzigen Weg, Wissenschaft zu betreiben. Ohne experimentelle Bestätigung muss die Kosmologie einen geringfügig anderen Ansatz wählen. Angesichts der Urknallhypothese versuchen Wissenschaftler zu beschreiben, was die Auswirkungen einer solchen Annahme sind, und suchen anschließend nach Beweisen, die mit diesen Folgen übereinstimmen. Falls die Beobachtungen zu anderen Ergebnissen führen, dann stimmen womöglich die Beobachtungen nicht. Auch könnten die Ableitungen falsch sein, die zur Folgerung führten, oder die ursprüngliche Hypothese war nicht korrekt.
    Im Fall des Urknalls sieht es so aus, als sei die Chance äußerst gering, irgendetwas Messbares zu finden, das uns Einsicht verschaffen könnte, ob er tatsächlich stattfand. Sollte er sich in der Tat ereignet haben, geschah dies vor vielen Milliarden Jahren in einem Universum, das mit unserem Universum keinerlei Ähnlichkeit hatte – ein winziger und heißer Klumpen Raum, der keine Materie

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