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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Treppe hinunter gehen wollte, ein Zeichen gab, zu ihm zu kommen.
    Ich weiß zwar nicht, was dieser Graf d’Artigas von mir will, dagegen weiß ich sehr gut, was ich ihm sagen werde.
    »Dauern die Anfälle, denen Thomas Roch zuweilen unterliegt, gewöhnlich lange an? fragt er mich.
    – Zuweilen achtundvierzig Stunden, lautet meine Antwort.
    – Und was ist dabei zu thun?…
    – O, kaum etwas andres, als ihn in Ruhe zu lassen, bis er einschläft. Nach einer Nacht ungestörten Schlummers ist der Anfall beendet und Thomas Roch verfällt wieder seiner gewohnten halben Bewußtlosigkeit.
    – Gut, Wärter Gaydon; Sie werden ihm auch, wenn es nöthig ist, ganz wie im Healthsul-House Ihre Pflege angedeihen lassen.
    – Meine Pflege…?
    – Ja, an Bord der Goelette… zunächst bis wir angekommen sind.
    – Wo…?
    – Da, wo wir morgen im Laufe des Nachmittags sein werden,« begnügt sich der Graf d’Artigas zu antworten.
    Morgen?… deul’ ich für mich. Es handelt sich also nicht darum, bis zur afrikanischen Küste, ja nicht einmal bis zu den Azoren zu gehen?… Da bliebe also nur die Vermuthung übrig, daß die »Ebba« bei einer der Bermudas-Inseln anlegen wollte.
    Schon setzt der Graf d’Artigas den Fuß auf die erste Stufe der Cajütentreppe, da rede ich ihn nun selbst an.
    »Herr Graf, sage ich, ich möchte wohl wissen… ja, ich habe ein Recht darauf, zu wissen, wohin ich komme… und…
    – Hier, Wärter Gaydon, haben Sie gar keine Rechte und haben nur zu antworten, wenn man Sie fragt.
    – Ich protestiere…
    – Protestieren Sie nur!« erwidert mir die befehlerische, hochmüthige Persönlichkeit und wirft mir nur einen grimmigen Blick zu.
    Während er nun unter der Treppenkappe verschwindet, läßt er mich bei dem Ingenieur Serkö stehen.
    »An Ihrer Stelle, Gaydon, würd’ ich mich ins Unvermeidliche fügen, sagt dieser lächelnd. Wenn man einmal zwischen Zahnrädern steckt…
    – So darf man doch schreien, vermuth’ ich…
    – Wozu, wenn niemand in der Nähe ist, Sie zu hören?…
    – Man wird mich später hören, Herr Ingenieur!
    – Später?… O, das liegt in weiter Ferne!… Uebrigens rufen, schreien Sie nur, soviel es Ihnen beliebt!«
    Mit diesem ironischen Rathschlage überläßt mich der Ingenieur Serkö meinen Gedanken.
    Es war vier Uhr, als ein großes Schiff sechs Seemeilen im Osten gemeldet wurde, das fast gerade auf uns zukam. Es bewegt sich schnell vorwärts und nimmt zusehends an Größe zu. Aus seinen zwei Schornsteinen steigen schwarze Rauchwirbel empor. Es ist ein Kriegsschiff, denn es flattert ein langer Wimpel am Top seines Großmastes, und obgleich es an der Spitze der Gaffel keine Flagge trägt, glaub’ ich darin doch einen Kreuzer der Bundesflotte zu erkennen.
    Ich frage mich, ob ihm die »Ebba« den herkömmlichen Salut erweisen wird, wenn sie ihm gegenüber segelt.
    Nein, eben jetzt fällt die Goelette um ein Viertel ab, offenbar in der Absicht, sich von dem andern Schiffe zu entfernen.
    Dieses Manöver setzt mich bei einer so verdächtigen Jacht nicht in Erstaunen. Was mich aber hoch überrascht, ist die Art und Weise, wie der Kapitän Spade manövriert.
    Nachdem er sich auf das Vordertheil nahe der Winde begeben hatte, bleibt er vor einem kleinen Signalapparate stehen, der etwa denen gleicht, die für Uebermittlung von Befehlen nach dem Maschinenraum gebräuchlich sind. Als er nur auf einen Knopf dieses Apparates gedrückt hatte, fiel die »Ebba um ein Viertel nach Südost ab, während einige von der Mannschaft die Schoten der Segel langsam nachschießen ließen.
    Offenbar ist dem Führer der – oder »irgend welcher« – Maschine »irgend ein« Befehl zugegangen, der der Goelette unter der Wirkung »irgend eines« Motors diese unerklärliche Cursabweichung aufnöthigt.
    Als nächste Folge dieses Manövers entfernt sich die »Ebba« in schräger Richtung von dem Kreuzer, der seine bisherige Richtung beibehalten hat. Welche Ursache hätte ein Kriegsschiff aber, eine Lustjacht, die doch keinerlei Verdacht erwecken konnte, aus ihrem Curs abzudrängen?
    Ganz anders gestaltet sich aber das Verhalten der »Ebba«, als gegen sechs Uhr abends ein andres Schiff durch die Krahnbalken des Backbords sichtbar wird. Jetzt nimmt der Kapitän Spade, statt ihm auszuweichen, und nach Ertheilung eines weitern Befehls – so erscheint es mir – durch den genannten Apparat, wieder die frühere Richtung nach Osten, was ihn in das Fahrwasser jenes Schiffes bringen muß.
    Eine Stunde später

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