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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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einbrächte.
    22. Oktober. – Heute glaubte ich Ingenieur Serkö fragen
    zu sollen, ob denn die Goélette mit dem Tug wieder in See
    gestochen sei.
    »Jawohl, Mr. Simon Hart«, bestätigt er mir, »und wenn
    es draußen auch abscheulich, ein wahres Hundewetter ist,
    brauchen Sie doch für unsere liebe ›Ebba‹ nichts zu fürch-
    ten.«
    »Wird ihre Abwesenheit länger dauern?«
    »Wir erwarten sie binnen 48 Stunden. Es ist die letzte
    Reise, die Graf d’Artigas zu unternehmen sich entschloß,
    ehe die Winterstürme das Meer hier ganz unbefahrbar ma-
    chen.«
    »Eine Vergnügungs- oder eine Geschäftsreise?« frage ich
    scheinbar nebenbei.
    Ingenieur Serkö antwortet mir lächelnd:
    »Eine Geschäftsreise, Mr. Hart, eine Geschäftsreise! Zu
    dieser Stunde sind unsere Maschinen und Apparate fertig
    und mit Wiedereintritt guter Witterung brauchen wir nur
    die Offensive wieder zu ergreifen . . .«
    »Gegen unglückliche Schiffe . . .«
    »Gegen ebenso unglückliche . . . wie reich beladene Schif-
    fe!«»Die reine Seeräuberei«, rufe ich empört, »für die Sie
    hoffentlich nicht immer straflos ausgehen werden!«
    »Beruhigen Sie sich, lieber Kollege, beruhigen Sie sich!
    Sie wissen ja, daß niemand unsern Schlupfwinkel auf Back-
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    Cup entdecken, daß kein Mensch dieses Geheimnis enthül-
    len wird. Mit so handlichen und mit furchtbarer Wirkung
    ausgestatteten Kriegsmaschinen würde es für uns übrigens
    eine Kleinigkeit sein, jedes in einem gewissen Umkreis des
    Eilands auftauchende Schiff zu vernichten . . .«
    »Falls Thomas Roch«, wende ich dagegen ein, »Ihnen die
    Zusammensetzung seines Zünders ebenso verkauft hat, wie
    seinen Fulgurator.«
    »Das ist geschehen, Mr. Hart, ich kann Sie in dieser Hin-
    sicht von jeder Besorgnis befreien . . .«
    Aus dieser kategorischen Antwort hätte ich schließen
    müssen, daß das Unheil fertig sei, wenn ich nicht aus dem
    zögernden Tonfall der Stimme wiederum hätte herausfüh-
    len können, daß man den Worten von Ingenieur Serkö nicht
    so unbedingt trauen konnte.
    25. Oktober. – Oh, das entsetzliche Abenteuer, in das ich
    gerissen wurde, und daß ich dabei mit dem Leben davon-
    gekommen bin! . . . Es ist ein reines Wunder, daß ich heute
    meine seit 48 Stunden unterbrochenen Aufzeichnungen
    fortsetzen kann! . . . Nur ein wenig mehr Glück und ich
    wäre befreit gewesen und befände mich jetzt in einem der
    Häfen der Bermudas, in Saint Georges oder Hamilton. Die
    Geheimnisse Back-Cups wären an den Tag gekommen. Die
    allen Stationen gemeldete Goélette hätte sich in keinem Ha-
    fen mehr zeigen dürfen, die Verproviantierung von Back-
    Cup wäre unmöglich und die Banditenbande Ker Karrajes
    zum Hungertod verurteilt gewesen!
    — 245 —
    In der Zwischenzeit hat sich nämlich folgendes ereig-
    net:Am 23. Oktober gegen 8 Uhr abends hatte ich meine
    Zelle in einem unerklärbar nervösen Zustand verlassen.
    Mir war, als ahnte ich ein wichtiges und nahe bevorstehen-
    des Ereignis. Vergeblich hatte ich im Schlaf Ruhe zu finden
    gesucht, doch da mir das nicht gelingen wollte, machte ich
    einen Spaziergang.
    Außerhalb Back-Cups mußte entsetzliches Wetter sein.
    Durch den Krater brauste der Sturm herein und erzeugte
    sogar auf der Lagune hohe Wellen.
    Ich wandte mich nach der Seite von Bee-Hive.
    Hier befand sich zur Zeit niemand. Die Temperatur war
    sehr niedrig, die Luft feucht. Alle Drohnen des Bienenkorbs
    hatten sich tief in ihre Zellen zurückgezogen.
    Ein Mann bewachte nur die Öffnung des Gangs, der aus
    übertriebener Vorsicht auch an seiner Mündung am Ufer
    verrammelt war. Von seinem Platz konnte der Wächter die
    niedrigen Teile des Lagunenufers nicht übersehen. Oben-
    drein brannten nur zwei Lampen, an der rechten und der
    linken Seite des Ufers, so daß in dem Pfeilerwald fast völlige
    Finsternis herrschte.
    So schritt ich durch das Dunkel hin, als jemand an mir
    vorüberkam.
    Ich erkannte Thomas Roch.
    Jetzt schien sich eine günstige Gelegenheit zu bieten, ihn
    anzusprechen, ihn über vieles aufzuklären, was ihm wahr-
    scheinlich nicht bekannt war. Er weiß nicht . . . er kann nicht
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    wissen, in welche Hände er gefallen ist . . . kann keine Ah-
    nung davon haben, daß sich unter dem Grafen d’Artigas der
    Seeräuber Ker Karraje verbirgt . . . Er hat keinen Verdacht,
    welchem Banditen er einen Teil seiner Erfindung ausgelie-
    fert hat . . . Ich muß ihm sagen, daß er nie in den Genuß der
    ihm bezahlten Millionen gelangen,

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