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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Mannschaften an
    Land zu setzen, den Gang durch die Felswand zu stürmen
    und sich der Seeräuber zu bemächtigen . . .
    Wir waren niemandem begegnet, als die beiden Män-
    ner Thomas Roch forttrugen. Bald stiegen wir alle ins In-
    nere der ›Sword‹ . . . die Luke oben wurde geschlossen . . . die
    Behälter füllten sich mit Wasser . . . die ›Sword‹ tauchte un-
    ter . . . wir waren gerettet . . .
    Die in drei Abteilungen mit wasserdichten Zwischen-
    wänden aufgeteilte ›Sword‹ hat folgende Einrichtung: Die
    erste Abteilung mit den Akkumulatoren und der Maschine-
    rie reichte vom Hauptquerbaum bis zum Heck. Die zweite,
    die des Steuermanns, nahm die Mitte des Fahrzeugs ein
    und war von einem Periskop mit Linsengläsern überragt,
    von dem die Strahlen einer elektrischen Lampe ausström-
    ten, die die Führung unter der Oberfläche ermöglichte. Die
    dritte Abteilung befand sich im Bug, und hier waren Tho-
    mas Roch und ich untergebracht worden.
    Es versteht sich von selbst, daß mein Gefährte, wenn
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    man auch seinen, ihm fast den Atem raubenden Mundkne-
    bel entfernt hatte, doch gefesselt blieb, und es ist mir unklar,
    ob er wußte, was jetzt mit ihm vorging.
    Wir hatten es indes eilig, abzufahren, in der Hoffnung,
    Saint Georges noch heute nacht zu erreichen, wenn uns
    kein Hindernis aufhielt.
    Ich öffnete wieder die Tür unserer Abteilung und suchte
    in der nächsten Leutnant Davon auf, der sich in der Nähe
    des Mannes am Steuer hielt.
    In der letzten Abteilung harrten noch drei andere Män-
    ner, darunter der Maschinist, der Befehle des Leutnants, um
    den Antriebsmechanismus zu aktivieren.
    »Herr Leutnant«, begann ich, »ich denke, wir können
    Thomas Roch unbesorgt sich selbst überlassen. Vielleicht
    kann ich Ihnen hier bei der Aufsuchung des Tunnels nütz-
    licher sein.«
    »Ja, bleiben Sie bei mir, Mr. Hart.«
    Es war jetzt genau 8 Uhr 37. Die durch das Periskop
    dringenden elektrischen Strahlen beleuchteten die Wasser-
    schichten, worin die ›Sword‹ sich hielt, mit fahlem Schein.
    Von der Uferstelle aus, wo sie gelegen hatte, mußte die La-
    gune in ihrer ganzen Länge durchmessen werden. Die Mün-
    dung des Tunnels zu finden, das bot zwar eine gewisse, doch
    keine unüberwindliche Schwierigkeit. Wenn wir am Ufer
    entlangfuhren, mußte die Mündung in relativ kurzer Zeit
    entdeckt werden. Hatte die ›Sword‹ dann den Tunnel mit
    mäßiger Geschwindigkeit – um nicht gegen dessen Wände

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    zu stoßen – passiert, sollte sie zur Meeresoberfläche aufstei-
    gen und nach Saint Georges steuern.
    »Wie tief im Wasser befinden wir uns?« fragte ich den
    Leutnant.
    »4 1/2 Meter.«
    »Es ist unnötig, weiter hinabzugehen«, antwortete ich.
    »Nach meiner Beobachtung bei der letzten Ebbe der Tag-
    undnachtgleiche müssen wir uns im Mittelpunkt des Tun-
    nels befinden.«
    »All right!« erwiderte der Leutnant.
    Ja, all right! Mir schien es, als ob die Vorsehung durch
    den Mund des Offiziers diese Worte spräche. Jedenfalls
    hätte sie keinen Besseren zur Ausführung ihres Willens er-
    wählen können.
    Ich betrachtete mir den Leutnant im Schein des Schiffs-
    lichts. Er ist ein Mann von 30 Jahren, kühl, phlegmatisch,
    von entschlossenem Ausdruck – der englische Offizier mit
    all seinem angeborenen Gleichmut – nicht erregter, als wenn
    er sich an Bord der ›Standard‹ befunden hätte, so kaltblütig,
    ich möchte sagen, mit der Präzision einer Maschine, leitet
    er hier die nötigen Manöver.
    »Bei der Fahrt durch den Tunnel«, sagte er zu mir, »hab’
    ich dessen Länge auf 40 Meter geschätzt.«
    »Völlig richtig, von einem Ende zum anderen, Leutnant
    Davon . . . 40 Meter.«
    Diese Zahl mußte wohl zutreffen, da der enge Gang auf
    der Höhe des Ufers nur etwa 30 Meter lang war.
    Der Maschinist erhielt nun Befehl, die Schraube arbei-
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    ten zu lassen. Die ›Sword‹ glitt, um einen Zusammenstoß
    mit dem felsigen Ufer zu vermeiden, nur sehr langsam vor-
    wärts.
    Zuweilen kam sie diesem doch so nah, daß die Strah-
    len des elektrischen Lichts den Schatten von vorspringen-
    den dunklen Massen erkennen ließen. Dann änderte eine
    Drehung des Steuerrads die Richtung des Fahrzeugs. Wenn
    die Führung eines Unterseeschiffs aber schon auf offenem
    Meer ihre Schwierigkeiten hat, um wieviel mehr unter der
    Oberfläche dieser Lagune!
    Nach einer Fahrt von 5 Minuten hat die ›Sword‹, die im-
    mer in der Tiefe von 4 bis 5 Metern gehalten wird,

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