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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Karraje hat mit Ingenieur Serkö nur wenige Worte
    gewechselt. Im Lauf des Nachmittags haben sich dann beide
    getroffen und haben vor Bee-Hive auf- und abgehend lange
    miteinander gesprochen.
    Nach dieser Unterhaltung begeben sie sich zu dem neu-
    gesprengten Gang und treten in Begleitung von Kapitän
    Spade hinein. Oh, warum kann ich mich ihnen nicht nach-
    schleichen! Warum kann ich nicht, und wär’ es nur für ei-
    nen Augenblick, die erquickende Seeluft genießen, von der
    Back-Cup nur sozusagen die erschöpften letzten Hauche
    erhält.
    26. September bis 10. Oktober. – Wieder sind 14 Tage ver-
    gangen. Unter der Leitung von Ingenieur Serkö und Tho-
    mas Roch ist an der Zusammenstellung der Maschinenteile
    gearbeitet worden. Dann folgt die Montage der Träger für
    den Fulgurator. Dabei handelt es sich um einfache Böcke
    mit Rinnen, die beliebig zu neigen und an Bord der ›Ebba‹,
    selbst auf der Plattform des an der Oberfläche gehaltenen
    Tug, leicht aufzustellen sein müssen.
    Ker Karraje wird also bloß mit seiner Goélette der Herr
    der Meere sein! . . . Kein Kriegsschiff wird die Gefahrenzone
    durchfahren können, während sich die Goélette völlig au-
    ßer Schußweite hält! . . . Ach, wenn nur meine Mitteilung
    aufgefunden worden ist . . . wenn dieser Schlupfwinkel auf
    Back-Cup bekannt geworden wäre! Dann könnte man ihn
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    schon, wenn nicht zerstören, so doch durch Verhinderung
    jeder Proviantzufuhr aushungern.
    20. Oktober. – Zu meiner großen Verwunderung hab’ ich
    den Tug heute früh nicht an seinem Platz gefunden. Ich er-
    innere mich, daß gestern abend die Elemente seiner Bat-
    terien frisch gefüllt wurden, glaubte aber, daß das nur ge-
    schehe, um sie beständig gebrauchsfertig zu halten.
    Ist der Tug jetzt, wo der neue Weg gangbar ist, weggefah-
    ren, dann muß es sich um eine Expedition in den Nachbar-
    gewässern handeln, denn auf Back-Cup fehlt nichts mehr
    an Maschinenteilen oder Rohstoffen, die Thomas Roch be-
    nötigte.
    Wir befinden uns jedoch jetzt in der Zeit nach der Tag-
    undnachtgleiche. Das Meer um die Bermudas wird von
    häufigen Stürmen heimgesucht. Oft brausen Windstöße
    von erschreckender Wut darüber hin. Das fühlt man an den
    starken Luftwirbeln, die sich im Krater von Back-Cup fan-
    gen, an den mit Regen gemischten Dunstmassen, die die
    große Höhle erfüllen, und auch an der Bewegung des Was-
    sers der Lagune, von dem aus Nebelfetzen über die Felsen
    der Ufer flattern.
    Ist es aber auch sicher, daß die Goélette die Bucht von
    Back-Cup verlassen hat? . . . Ist sie nicht von zu leichter Bau-
    art, um – selbst mit Hilfe ihres Schleppers – so schwerem
    Seegang trotzen zu können? . . .
    Wie wäre aber andererseits anzunehmen, daß der Tug,
    obwohl er nichts vom Wellenschlag zu befürchten hat, da
    er schon einige Meter unter der Meeresoberfläche ruhi-
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    ges Wasser findet, eine Fahrt unternommen hätte, ohne die
    Goélette zu begleiten?
    Ich weiß nicht, wie ich diese Abreise des Unterseefahr-
    zeugs deuten soll . . . eine Abreise, die sich länger auszudeh-
    nen scheint, denn es ist im Lauf des Tages nicht wieder er-
    schienen.
    Diesmal ist Ingenieur Serkö auf Back-Cup zurückgeblie-
    ben. Nur Ker Karraje, Kapitän Spade und die gewöhnlichen
    Mannschaften des Tugs und der ›Ebba‹ haben das Eiland
    verlassen.
    Das Leben hier verläuft in der gewohnten, widerlichen
    Eintönigkeit inmitten dieser eingemauerten Kolonie. Ich
    sitze oft stundenlang in meiner Zelle, grüble, hoffe, ver-
    zweifle, hefte mich durch ein jeden Tag schwächer werden-
    des Band an die kleine, der Laune der Strömungen ausge-
    lieferte Tonne und . . . befasse mich mit diesen Notizen, die
    mich vielleicht nicht überleben werden.
    Thomas Roch ist jedenfalls in seinem Labor unablässig
    mit der Herstellung des Zünders beschäftigt. Ich klammere
    mich noch immer an den Gedanken, daß er das Geheimnis
    der dazugehörenden Flüssigkeit um keinen Preis verkaufen
    wird . . . Ich weiß aber auch, daß er nicht zögern würde, Ker
    Karraje seine Erfindung zur Verfügung zu stellen.
    Öfters, wenn mich meine Spaziergänge in die Umge-
    bung von Bee-Hive führen, begegne ich Ingenieur Serkö. Er
    zeigt sich stets zu einer, freilich im Ton impertinenter Un-
    gezwungenheit geführten Unterhaltung mit mir bereit.
    Wir sprechen von dem und jenem . . . selten von meiner
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    Lage, über die zu klagen nutzlos ist, da mir das nur neue
    Spötteleien von ihm

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