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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Freudenge-
    schrei aus . . . eine Salve Hurras . . . gleich dem Gebrüll von
    Raubtieren.
    Im gleichen Augenblick verläßt Ingenieur Serkö die
    Gruppe, in der nur Ker Karraje und Kapitän Spade zurück-
    bleiben. Er wendet sich nach der Mündung des Gangs und
    begibt sich in die Höhle, aus der er bestimmt Thomas Roch
    holen will.
    Wird sich der Erfinder, wenn ihm Ker Karraje befiehlt,
    seine mörderischen Geschosse auf die Schiffe zu richten,
    wohl daran erinnern, was ich ihm gesagt habe? . . . Wird
    ihm das Verbrechen, das er begehen könnte, nicht in aller
    abschreckenden Entsetzlichkeit vor Augen treten? . . . Wird
    er die Stimme des Gewissens hören? . . . Nein, ich glaube
    es leider nicht! Warum sollt’ ich mich hierüber auch einer
    Einbildung hingeben? . . . Ist der Erfinder denn nicht hier
    zu Hause? . . . Er hat es ja wiederholt ausgesprochen . . . er
    glaubt es. Jetzt will man ihn angreifen . . . er verteidigt sich!
    Die fünf Fahrzeuge rücken mit mäßiger Geschwindig-
    keit näher heran und steuern auf die Spitze des Eilands zu.
    Vielleicht hegt man dort an Bord den Gedanken, daß Tho-
    mas Roch den Raubgesellen von Back-Cup seine letzten Ge-
    heimnisse noch nicht verraten hat, und in der Tat war das
    an jenem Tag noch nicht der Fall, wo ich die kleine Tonne
    der Strömung in der Lagune anvertraute. Wenn die Kom-
    mandanten der Kriegsschiffe aber eine Landung am Eiland
    beabsichtigen, wenn sie sich in die eine Seemeile breite Ge-
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    fahrenzone wagen, dann werden von den Fahrzeugen bald
    nur noch unförmige Trümmer auf dem Meer treiben!
    Richtig, dort kommt Thomas Roch mit Ingenieur Serkö.
    Beim Verlassen des Gangs wenden sie sich der Abschuß-
    rampe zu, die auf das Führungsschiff gerichtet ist.
    Ker Karraje und Kapitän Spade erwarten sie an diesem
    Platz.
    Soweit ich es beurteilen kann, erscheint Thomas Roch
    sehr ruhig. Er weiß, was er tun wird. Kein Zaudern wird den
    Unglücklichen, den sein Haß verwirrt, beschleichen kön-
    nen.Zwischen seinen Fingern glänzt eines der Glasgefäße,
    das die Zündflüssigkeit enthält.
    Seine Blicke richten sich nach dem am wenigsten ent-
    fernten Schiff, das jetzt etwa 5 Meilen von hier heran-
    dampft.
    Es ist ein Kreuzer von mittlerer Größe, höchstens von
    2.500 Tonnen.
    Eine Flagge hat er nicht gehißt; aus seiner Bauart glaub’
    ich aber zu erkennen, daß es ein englisches Schiff ist.
    Die vier anderen Schiffe halten sich hinter ihm zurück.
    Dem Kreuzer fällt offenbar die Aufgabe zu, den Angriff
    gegen das Eiland einzuleiten.
    Wenn seine Geschütze doch Feuer speien wollten, wäh-
    rend die Seeräuber ihn noch näher herankommen lassen,
    und wenn doch das erste ihrer Geschosse jetzt Thomas
    Roch niederstreckte!
    Während Ingenieur Serkö die Fahrt des Schiffes genau
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    beobachtet, nimmt Thomas Roch hinter der der Abschuß-
    vorrichtung Platz. Sie trägt drei mit Sprengstoff gefüllte Ge-
    schosse, denen ihr Treibstoff eine weite Flugbahn sichern
    muß, ohne daß es nötig ist, ihnen eine spindelartige Bewe-
    gung zu verleihen, was der Erfinder Turpin für seine gyro-
    skopischen Geschosse geplant hatte. Im übrigen genügt es
    ja, daß sie in einer Entfernung von wenigen hundert Me-
    tern vom Schiff explodieren, um es mit einem Schlag zu
    vernichten.
    Der Augenblick ist gekommen.
    »Thomas Roch!« ruft Ingenieur Serkö.
    Er zeigt dabei mit dem Finger nach dem Kreuzer. Dieser
    steuert langsam auf die Nordwestspitze zu, von der er jetzt
    zwischen 4 und 5 Seemeilen entfernt sein mag.
    Thomas Roch gibt ein zustimmendes Zeichen und deu-
    tet durch eine Handbewegung an, daß er bei der Rampe al-
    lein sein möchte.
    Ker Karraje, Kapitän Spade und die andern weichen etwa
    50 Schritte zurück.
    Dann entkorkt Thomas Roch das in der rechten Hand
    gehaltene Fläschchen und gießt hintereinander durch die
    in einer Art Leitstange vorhandene Öffnung einige Trop-
    fen von der Flüssigkeit, die sich mit dem Treibstoff vermen-
    gen.45 Sekunden verstreichen – die nötige Zeit zu einer
    sich vollziehenden chemischen Veränderung – 45 Sekun-
    den, während der mein Herz seine Schläge auszusetzen
    scheint . . .

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    — 304 —
    Jetzt zerreißt ein entsetzliches Pfeifen die Luft; einen sehr
    langen, etwa 100 Meter hohen Bogen in der Luft beschrei-
    bend, zischen die drei Geschosse an dem Kreuzer vorbei.
    Haben sie ihr Ziel verfehlt? Ist die Gefahr vorüber?
    Nein! Gleich den diskusförmigen Geschossen des Artil-
    lerieoffiziers

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