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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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im Hinblick auf das, was ich ihm sagen
    will.»Nun, es ist Ihnen nicht gelungen, Mr. Hart! Und was
    das hier angeht«, fügt er hinzu, während er den Inhalt des
    Gläschens schüttelt, »ist es überhaupt noch niemand gelun-
    gen . . . und wird auch nie gelingen!«
    Thomas Roch hatte also, wie ich mir immer dachte, die
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    Zusammensetzung seiner Zündflüssigkeit nicht bekanntge-
    geben.
    Nachdem ich ihm darauf direkt ins Gesicht gesehen
    hatte, antworte ich:
    »Sie wissen also, wer ich bin, Thomas Roch . . . doch wis-
    sen Sie denn auch, bei wem Sie sind?«
    »Bei mir zu Hause!« ruft er laut.
    Ja, das hat ihn Ker Karraje glauben lassen. Auf Back-Cup
    betrachtet sich der Erfinder als zu Hause. Die in der Höhle
    aufgehäuften Schätze sind sein Eigentum . . . Greift jemand
    Back-Cup an, so will er ihm sein Gut rauben . . . und er wird
    es verteidigen . . . er hat das Recht dazu!
    »Thomas Roch«, ergriff ich wieder das Wort, »hören Sie
    mich an . . .«
    »Was haben Sie mir zu sagen, Simon Hart?«
    »Die Höhle, in die wir beide verschleppt worden sind,
    wird von einer Bande von Seeräubern bewohnt . . .«
    Thomas Roch läßt mich nicht aussprechen – ich weiß
    nicht einmal, ob er mich verstanden hat – sondern fällt has-
    tig ein:
    »Ich wiederhole Ihnen, daß die hier lagernden Reich-
    tümer der Preis für meine Erfindung sind . . . Sie gehören
    mir . . . Man hat mir für den Fulgurator Roch so viel bezahlt,
    wie ich verlangte . . . und das hatte man mir überall verwei-
    gert . . . sogar in meinem eigenen Vaterland . . . das ja auch
    ihres ist . . . doch ausplündern lasse ich mich nicht!«
    Was sollte ich auf so törichte Reden erwidern? . . . Ich
    fahre also fort und sage:
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    »Thomas Roch, Sie erinnern sich doch noch an Health-
    ful House?«
    »An Healthful House . . . wo man mich eingesperrt
    und den Pfleger Gaydon beauftragt hatte, meine gerings-
    ten Worte zu belauschen . . . mir mein Geheimnis zu steh-
    len . . .«
    »Mir ist niemals in den Sinn gekommen, Thomas Roch,
    Sie des Nutzens aus Ihrer Erfindung zu berauben . . . dazu
    hätt’ ich mich nicht hergegeben! Sie waren aber krank . . .
    Ihre Geisteskräfte etwas erschüttert . . . und eine solche Er-
    findung durfte doch nicht verlorengehen . . . Hätten Sie in
    einem Krankheitsanfall Ihr Geheimnis vor mir enthüllt,
    dann würde Ihnen dennoch die Ehre und der Nutzen dar-
    aus bewahrt geblieben sein.
    »Wirklich, Simon Hart«, antwortet Thomas Roch ver-
    ächtlich, »Ehre und Nutzen . . . das sagen Sie mir etwas
    spät! . . . Sie vergessen wohl, daß man mich unter dem Vor-
    wand, ich sei geisteskrank, in eine Zelle eingesperrt hatte . . .
    ja, unter dem Vorwand; denn ich hatte niemals den Ver-
    stand verloren, nicht 1 Stunde lang, und das erkennen Sie
    wohl aus allem, was ich geschaffen habe, seit ich wieder frei
    bin . . .«
    »Frei! . . . Sie halten sich für frei, Thomas Roch! . . . Zwi-
    schen den Wänden dieser Höhle sind Sie nicht weniger
    eingesperrt, als sie es zwischen den Mauern von Healthful
    House waren!«
    »Wer bei sich zu Hause ist«, versetzt Thomas Roch mit ei-
    ner Stimme, die der Ingrimm schärfer klingen macht, »geht
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    aus und ein, wie und wann es ihm beliebt! . . . Ich brauche
    nur ein Wort zu sagen, und alle Türen öffnen sich mir . . .
    Diese Wohnung ist mein Eigentum! . . . Graf d’Artigas hat
    sie mir mit allem, was darin ist, selbst abgetreten. Weh’ de-
    nen, die es wagten, sie anzugreifen! Ich habe Mittel in der
    Hand, sie zu vernichten, Simon Hart!«
    Bei diesen Worten bewegt der Erfinder das Glasgefäß,
    das er in der Hand hält, fieberhaft hin und her.
    Da rufe ich ihm zu:
    »Graf d’Artigas hat Sie betrogen, Thomas Roch, Sie
    ebenso, wie viele andere . . . Unter diesem Namen verbirgt
    sich einer der schlimmsten Verbrecher, die je auf dem Stil-
    len und dem Atlantischen Ozean gehaust haben! . . . Er ist
    ein Bandit . . . mit schwerster Schuld beladen . . . es ist der
    berüchtigte Ker Karraje . . .«
    »Ker Karraje!« wiederholt Thomas Roch.
    Ich vermag nicht zu entscheiden, ob dieser Name auf ihn
    einen besonderen Eindruck macht, ob er sich an den erin-
    nert, der ihn trägt. Jedenfalls seh’ ich aber, daß dieser Ein-
    druck sich schnell wieder verwischt,
    »Ich kenne keinen Ker Karraje«, sagt Thomas Roch, der
    den Arm nach der Tür zu ausstreckt, wie um mich hinaus-
    zuweisen. »Ich kenne nur Graf d’Artigas.«
    »Thomas Roch«, ergreif’ ich zu einem letzten

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