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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Versuch
    noch einmal das Wort, »Graf d’Artigas und Ker Karraje
    sind ein und dieselbe Person! . . . Hat dieser Mann Ihr Ge-
    heimnis gekauft, dann geschah das in der Absicht, sich Straf-
    losigkeit für seine Schandtaten zu sichern und sie nur desto

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    leichter begehen zu können. Ja . . . er ist der Anführer dieser
    Seeräuber . . .«
    »Seeräuber«, unterbricht mich Thomas Roch, dessen Er-
    regung so zunimmt, daß er ganz außer sich gerät, »Seeräu-
    ber wären die, die mich auch hier in meiner Zurückgezo-
    genheit zu bedrohen wagten, die das mit der ›Sword‹ schon
    einmal versucht haben – Serkö hat mir alles mitgeteilt –
    die mir aus meinem Wohnsitz rauben wollten, was mir ge-
    hört, und nur der entsprechende Preis für meine Erfindung
    ist . . .«
    »Nein, nein, Thomas Roch, das sind die, die Sie in der
    Höhle von Back-Cup gefangenhalten, die Ihre Fähigkeiten
    zur eigenen Verteidigung benützen wollen und die sich Ih-
    rer entledigen werden, wenn sie erst im vollen Besitz Ihres
    Geheimnisses sind!«
    Thomas Roch unterbricht mich hier nochmals. Er
    scheint von dem, was ich ihm sage, nichts zu verstehen; er
    verfolgt nur seine Gedanken, nicht die meinigen . . . den ihn
    beherrschenden Gedanken an Rache, den Ingenieur Serkö
    in ihm nur noch mehr großgezogen hat und in dem sein
    ganzer Haß zusammenfließt.
    »Die Räuber«, fährt er fort, »das sind die Leute, die mich
    abgewiesen haben, ohne mich hören zu wollen . . . die mich
    ungerecht behandelten . . . mich durch Geringschätzung
    und abschlägige Antworten erdrückt, die mich von Land zu
    Land getrieben haben, während ich ihnen die Überlegen-
    heit, die Unbesiegbarkeit, die Allmacht anbot!«
    Es ist die alte Geschichte des Erfinders, auf den niemand
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    hören will, dem gleichgültige oder neidische Personen die
    Mittel zur Ausführung seiner Erfindung verweigern, die
    nicht den Preis anlegen wollen, dessen er sie wert hält . . .
    Ich kenne sie, kenne auch alles, was zuweilen Übertriebenes
    über dieses Thema geschrieben worden ist.
    Auf jeden Fall ist jetzt nicht der richtige Augenblick, mit
    Thomas Roch weiter zu verhandeln. Ich sehe nur, daß meine
    Beweisgründe keinen Eindruck machen auf diese erschüt-
    terte Seele, auf dieses Herz, worin Enttäuschungen so viel
    Haß aufgehäuft haben, auf diesen Unglücklichen, der von
    Ker Karraje und seinen Komplizen betrogen wird. Durch
    Nennung des wahren Namens von Graf d’Artigas, dadurch,
    daß ich ihn über diese Verbrecherrotte und ihren Anfüh-
    rer aufklärte, hoffte ich, ihn der Beeinflussung durch sie zu
    entreißen, ihm das schändliche Ziel zu zeigen, worauf sie
    ihn hindrängten . . . Ich habe mich getäuscht! Er glaubt mir
    nicht. Doch ob d’Artigas oder Ker Karraje, was soll’s? . . . Ist
    er, Thomas Roch, nicht der Herr von Back-Cup? . . . Ist er
    nicht der Besitzer all der Schätze, die 20 Jahre lange Mord-
    und Raubzüge hier angehäuft haben?
    Durch eine solche moralische Entartung entwaffnet und
    außerstande, diese tief verletzte Natur, diese der Verantwor-
    tung für ihre Taten unbewußte Seele irgendwie mit Erfolg
    zu treffen, weiche ich langsam zur Tür des Labors zurück.
    Es bleibt mir nichts anderes übrig, als davonzugehen. Was
    da kommen soll, wird kommen, da es nicht in meine Macht
    gegeben war, die entsetzliche Lösung des Knotens, die uns
    in wenigen Stunden bedroht, zu verhindern.
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    Thomas Roch sieht mich übrigens gar nicht mehr. Er
    scheint vergessen zu haben, daß ich hier bei ihm stehe,
    ebenso wie er vergessen hat, was eben zwischen uns gespro-
    chen wurde. Er geht wieder an seine Arbeit, ohne darauf zu
    achten, daß er nicht allein ist.
    Es bleibt mir nur ein Mittel übrig, die bevorstehende Ka-
    tastrophe zu verhindern . . . ich müßte mich auf Thomas
    Roch stürzen . . . es ihm unmöglich machen, schaden zu
    können . . . ihn niederschlagen . . . töten . . . Ja, ihn töten! Das
    ist mein Recht . . . meine Pflicht.
    Waffen hab’ ich zwar nicht, doch dort auf dem Regal lie-
    gen Werkzeuge . . . ein Meißel, ein Hammer. Wer hindert
    mich, dem Erfinder den Schädel zu zertrümmern? . . . Ist er
    erst tot, zerbrech’ ich die Flaschen, und seine Erfindung ist
    mit ihm gestorben. Dann können die Schiffe herandamp-
    fen, können ihre Mannschaften auf Back-Cup landen . . .
    das Eiland zusammenschießen! . . . Ker Karraje und seine
    Spießgesellen werden bis zum letzten ausgerottet . . . Kann
    ich vor

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