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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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seiner üblichen Routine folgte, würde er kurz darauf zweimal scharf links abbiegen, gefolgt von einer Rechtskurve zurück auf diese Straße.
    Das reinste Kinderspiel, dachte Raymond.
    »Hast du was gesehen?« fragte Karen, als sie und Marc in ihren Mietwagen einstiegen.
    »Ich hab eine rote Baseballmütze gesehen. Ich vermute, er hat sich absichtlich sehen lassen, weil ich ihn seitdem nicht mehr entdecken konnte.« Er schüttelte seine dünne Jacke ab, die er nur angezogen hatte, damit man die Pistole an seinem Gürtel nicht sah, und warf sie auf den Rücksitz. Abgesehen von der Jacke war er in Jeans und T-Shirt gekleidet, und Karen trug dasselbe. Sie wußte nicht mehr genau, in welche Kiste sie das Päckchen gelegt hatte, also mußten sie in dem Lagercontainer, der in der prallen Sonne stand, herumwühlen, und es erschien ihr vernünftig, sich dafür so bequem wie möglich anzuziehen.
    »Wenn wir schon hier sind, kann ich ja gleich Detective Suter anrufen. Vielleicht kann ich mir noch ein paar Sachen aus der Wohnung holen. Und ich muß sehen, wie’s Piper geht, und der Oberschwester sagen - ach, übrigens, wie länge werde ich wegbleiben?«
    Marc ergriff ihre Hand. »Darüber reden wir, wenn wir das Paket gefunden haben, okay?«
    Er hielt soviel Kontakt für zu riskant, bevor alles vorbei war. Sie drückte seine Hand. Sie versuchte, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen, wußte jedoch nicht, ob es ihr gelang. Natürlich wußte sie, daß ihre Verfolger wahrscheinlich noch nicht einmal herausgekriegt hatten, daß sie sich nach New Orleans abgesetzt hatte, geschweige denn, daß sie jetzt wieder hier war. Der Schlüssel zum Lagerabteil hing an ihrem Schlüsselbund, also mußte sie ihn nicht erst aus ihrer Wohnung holen - oder besser gesagt, Marc mußte das nicht. Wenn die Polizei mit ihren Untersuchungen noch nicht fertig war, war ihre Wohnung noch abgeriegelt. Wahrscheinlich würde er das CPD nicht erst um Erlaubnis bitten, aber ebensowenig würde er sie reingehen lassen.
    Sie waren sicher. Das versuchte sie sich zumindest einzureden. Sie konnten heimlich kommen und wieder verschwinden, ohne daß es jemand erfuhr, außer Mr. McPhersons Mann, der ihnen folgte.
    »Du machst dir Sorgen«, sagte Marc. »Hör auf damit.«
    »Ich hätte dich nicht in die Sache reinziehen dürfen. Ich bring dich in Gefahr.«
    Er stieß ein bellendes Lachen aus. »Darlin’«, sagte er mit seinem gedehnten Südstaatenakzent, »wenn du gestern nicht in New Orleans aufgetaucht wärst, wäre ich heute morgen vor deiner Wohnungstür gestanden. Nicht nur, daß ich mich schrecklich aufgeregt hätte, man hätte mit Sicherheit herausbekommen, wer ich bin, wenn dein Apartment beobachtet worden wäre. Alles, was sie dazu bräuchten, wäre das Nummernschild meines Mietwagens, dann könnten sie bei der Mietwagenfirma anrufen und hätten nicht nur meinen Namen, sondern auch noch meine Adresse.«
    Trotz ihrer Sorgen hielt Karen den Atem an, als sie hörte, wie er »Nooawlins« in seiner tiefen Samtstimme sagte. Falls Piper ihn je zu hören bekam, würde sie sie vielleicht selbst überfahren, um die Konkurrenz auszuschalten.
    Es herrschte dichter Verkehr, und sie kamen nur langsam voran. Die Sommersonne brannte von einem milchigen Himmel herunter. Sie beobachtete Marc am Steuer und staunte, wie faszinierend sie seinen Körper fand. Sie war fast krank vor Sorge, doch das machte ihn noch faszinierender für sie. Sie studierte seine starken, wohlgeformten Hände und wie sie das Steuer fest im Griff hielten. Seine Handgelenke waren doppelt so dick wie ihre, und kleine, beinahe farblose Härchen schimmerten in der Sonne. Wenn ihm nun etwas zustieß? Wenn dies nun das letzte Mal war, daß sie seine Hände, seine Bewegungen verfolgen konnte, sein Profil bewundern, die Hand ausstrecken, ihn berühren konnte?
    An so etwas durfte sie gar nicht denken. Er war ein Cop, wenn auch Gott sei Dank nicht bei der Drogenbehörde oder dem SWAT-Team, wo er seinen Hals tagtäglich riskieren müßte. Aber als Cop, noch dazu bei der Mordkommission, hatte er es natürlich mit Menschen zu tun, die fähig waren, andere Menschen umzubringen. Ein Mord war etwas Alltägliches für ihn, und die Verfolgung eines Verdächtigen barg große Gefahren. Sie durfte ihn nicht in der Ausübung seiner Arbeit behindern, indem sie jedesmal vor Angst erstarrte, wenn er das Haus verließ.
    »Andererseits«, sagte er, »sollten wir vielleicht jetzt gleich darüber reden.«
    »Was?« Sie

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