Vor Liebe wird gewarnt! (German Edition)
wirken ließ. Tatsächlich hatte sich Tim bei der Wahl seiner Garderobe keine große Mühe gegeben. Er trug lediglich einen Pullover und Jeans. Seine Frau hatte ein hübsches, weinrotes Kleid gewählt, das ihr schwarzes Haar gut zur Geltung brachte. Georg hatte zwar auch seinen besten Anzug aus dem Schrank geholt, aber da dieser bereits ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel hatte und auch schon Mottenangriffe abwehren musste, ließ er seinen Träger wie einen alten Bauern wirken, der bei einer Fernsehsendung einen guten Eindruck machen wollte. Die Frau an seiner Seite, mit den gleichen Problemen in ihrem Kleiderschrank konfrontiert, passte äußerlich hervorragend zu ihm.
»Wir haben uns für euch ein paar interessante Wettbewerbe ausgedacht, bei denen ihr beweisen könnt, wie wenig ihr zusammenpasst«, zwitscherte Nikita. Sie stöckelte ein paar Schritte zur Bühnenmitte und deutete mit der Hand auf eine seitlich eingerichtete Insel, auf der ein überdimensionierter Herd und ein Tisch mit zahlreichen Utensilien standen. Sie hatte ein wenig Mühe, ihren Arm zu strecken, weil das Kleid einen Tick zu eng war. Oder ihr Busen einen Hauch zu groß dafür. Deshalb musste sie ihren ganzen Körper drehen, bis ihr Finger schließlich auf die Ausstattung zeigte. »Zuerst wird gekocht! Jedes Paar bekommt ein Gericht, das es gemeinsam zubereiten muss. Wir werden sehen, wie gut, oder wie schlecht, sie damit klarkommen.« Sie strahlte in die Kamera, die ihr am nächsten stand. Es war leider nicht die, deren Bilder gerade in die Welt hinausgestrahlt wurden, aber das korrigierte der Regisseur schnell.
Das Publikum applaudierte. Die drei Pärchen zogen ein wenig verunsicherte Gesichter. Nur Georg Herford nicht. »Ich bin Koch gewesen«, rief er Nikita zu. »Das stört mich nicht.«
Nikita lachte gekünstelt. Auf Zwischenrufe war sie nicht vorbereitet. »Dann wird Ihnen diese Aufgabe sicherlich leichtfallen«, erwiderte sie und warf ihm einen Seitenblick zu, der ihm sagen sollte, dass er noch keine Redeerlaubnis hatte. Aber da er gerade die Brille abnahm, um sich den Schweiß von der Nase und unter den Augen abzutupfen, sah er es nicht. Aber es war auch egal, denn er wollte seinem Zwischenruf ohnehin nichts mehr hinzufügen. Kaum saß die Brille wieder auf seiner Nase, warf er einen scheuen Blick zu seiner Frau, die jedoch unbeweglich blieb und scheinbar teilnahmslos zu Nikita sah.
»Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen. Und da Sie sich gerade schon zu Wort gemeldet haben, fange ich mit Ihnen an, Georg. Wie haben Sie die vergangenen Tage verbracht? Ist Ihre Freundin mit Ihrem Sohn ins Haus eingezogen?« Dieses Mal gab sie sich keine Mühe, mitfühlend oder besorgt zu klingen. Einerseits konnte sie nicht theatralisch laut wie eine souveräne Moderatorin einer großen Show und gleichzeitig emotional sprechen. Auf der anderen Seite war sie der Ansicht, dass die Zuschauer ein Recht darauf hatten, sich eine eigene Meinung zu bilden und da wollte sie ihnen keine Vorgaben machen. Als dritten Grund könnte man an dieser Stelle noch anführen, dass sie hoffte, ein paar Emotionen aus den Paaren zu locken, wenn sie sich kalt und herzlos benahm. Und der vierte Grund lautete: Sie genoss es, in einer Position zu sein, in der sie sich den anderen überlegen fühlen konnte. Sie liebte es, die Schwachen ihre Macht spüren zu lassen. Sie, mit dem engen Kleid und dem Busen, der Männer aller Altersgruppen verrückt machte. Sie, die Fanpost bekam und heute vor Hunderten Menschen im Theater und Millionen vor dem Bildschirm sprach. Sie war jemand, und die anderen waren Wichte, die nicht einmal ihr Liebesleben regeln konnten, sondern hofften, dass dies andere für sie erledigten. Aber diese Gedanken hätte Nikita niemals zugegeben.
Georg lief trotz seines Alters puterrot an, so dass seine letzten verbliebenen Haare noch weißer leuchteten. »Nein! Sie war nur kurz zu Besuch!«, erwiderte er, wobei sich seine Stimme fast überschlug. Dabei blickte er wieder zu Doro, die so tat, als würde sie das alles kaltlassen. »Danach sind sie wieder gefahren. Ich schwöre es, Doro.« Das sagte er zu seiner Frau, die nicht daran dachte, aufzublicken, sondern lediglich das gemeinsame Namensschild studierte.
»Und Sie, Dorothea? Wo waren Sie?«
»Ich habe meine Tochter besucht. Und die Enkelkinder natürlich auch. Und die Urenkel.«
»Was sagen Sie dazu, dass Ihr Mann eine Affäre hatte, die nun zwischen Ihnen steht? Und vor allem, was
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