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Vor Nackedeis wird gewarnt

Vor Nackedeis wird gewarnt

Titel: Vor Nackedeis wird gewarnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Charles
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zu bieten, den sie gewohnt war.
    Colette war arm gewesen. Der kleine Papa war nicht immer der erfolgreiche Schieber gewesen. Sie kannte die Armut, wie sie wirklich war. Ein aufreibender Kampf um die nackte Existenz, der Liebe in das Gegenteil Umschlägen ließ. Zwei Menschen, die sich hätten lieben können, stellten fest, daß die Gefühle tief in den Staub und Dreck von Schulden und nie endenwollenden Sorgen getreten wurden. Colette, die immer ein Auge für einen geeigneten Mann offenhielt, würde nur dann aus Liebe heiraten, wenn diese Liebe über ein entsprechendes Bankkonto verfügte. Aber sonst niemals!
    Ja, das war traurig, denn sie merkte, daß sie Richard wirklich sehr gern hatte.
    »Schade«, sagte sie noch einmal, »er ist so arm.«
    Unterhalb des Rosengartens führte die Zufahrtsstraße zu Caversham Manor, und wieder seufzte sie tief. Dort lag also das Haus, in das ein Mädchen ohne jede Hemmung einheiraten konnte.
    Sie stieg aus dem Wagen und spazierte in den Garten.
    »Allo«, sagte sie zu einem alten Mann, der fleißig an den Rosenstöcken arbeitete.
    Der alte Mann, mit einer Glatze, die spiegelglatt war, aber einem schneeweißen Schnurrbart, schaute von seiner Arbeit auf.
    »Guten Tag«, sagte er.
    »Ich bin Colette«, stellte sie sich artig vor.
    »Und ich bin entzückt«, sagte der alte Mann galant.
    Colette steckte die Hände in die Taschen und kräuselte ihre Lippen. Unterhaltung suchend meinte sie: »Ein riesiges Haus.«
    Der alte Mann nickte zustimmend. »Verdammt zugig«, fügte er hinzu.
    »Sind Sie der Gärtner?« fragte sie, und zwei blaue Augen lächelten sie unter schlohweißen Augenbrauen an. »So können Sie es nennen«, antwortete er. »Ich mache dies und das und verdiene mir so ein bißchen Geld. Ich liebe Rosen. Sie auch?«
    »Rosen sind sehr schöne Blumen.«
    »Stolz von Kent«, sagte der alte Mann. »Letztes Jahr wieder den ersten Preis gemacht. Ersten Preis! Verdammt gut, was? Möchten Sie ein paar davon?«
    Bewegt, aber furchtsam wehrte Colette ab: »Aber nein, Sie werden Schwierigkeiten bekommen, nicht wahr? Die schmeißen Sie ’raus!«
    Der Gärtner lächelte. »Kommen Sie, hier«, sagte er. »Hübsche Mädchen sollten immer von irgend jemand Rosen geschenkt bekommen. Die hier sind sowieso bereits geschnitten. Hier!«
    Er überreichte ihr einen Strauß, der ihr Gesicht verdeckte.
    »Da«, er trat zurück, um das Ergebnis zu bewundern. »Schön wie ein Gemälde.«
    Richard Widderby erschien auf der Bildfläche und begrüßte den alten Mann voller Respekt.
    Er sagte: »Ich sehe, Sie werden schon mit allem vertraut. Würde es Ihnen recht sein, wenn ich Colette das Haus zeige?«
    Freundlich nickte der alte Mann: »Bitte schön, gern. Vielleicht sehen wir uns später noch, oder? Ich nehme an, Sie bekommen den Job?«
    »Angenommen, ohne Gegenstimme«, lachte Richard und hakte sich bei Colette ein, um sie zum Haus zu führen.
    Colette staunte. »Warum fragten Sie den Gärtner um Erlaubnis?« fragte sie.
    »Gärtner«, grinste Richard. »Meine liebe Colette, das war Lord Caversham - ihm gehört dies hier alles.«
    Colette schnappte nach Luft. In Frankreich sehen reiche Leute auch immer wie reiche Leute aus, und diese Art, sich als Strolch zu maskieren, kam ihr ein wenig unfair vor. Wie konnte ein Mädchen sich da überhaupt noch zurechtfinden?
    Sie schaute zu dem alten Mann zurück, der ihnen freundlich nachwinkte. »Ist er serr reich?« fragte sie.
    Die Franzosen denken eben realistisch, non?
    Richard hatte Colette durch die unteren Räume des Hauses geführt. Er wollte ihr gerade die Ahnengalerie zeigen, als Lord Caversham die hufeisenförmige Barocktreppe hinaufstieg.
    Munter rief Seine Lordschaft: »Hallo. Gewöhnlich nehme ich einen Schilling pro Kopf, wenn Leute in der alten Ruine herumschnüffeln wollen. Aber da Sie ganz erheblich hübscher als unsere anderen Kunden sind, nehme ich nichts von Ihnen.«
    Colette lächelte ihn an. Und wenn Colette lächelte, dann strahlte sie allen Charme dieser Welt aus.
    Sie sagte: »Rischard at mirr das Aus geseischt.«
    »Haben Sie schon das Spukzimmer gesehen?« fragte Seine Lordschaft.
    Colette wurde neugierig: »Schpuksimmerr? Aben Sie Geisterr? Isch das nischt glauben.«
    Der Lord grunzte: »Sie glauben mir nicht, was? Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als Sie glauben. Sie sind nicht die erste, die behauptet, so etwas wie einen Geist gäbe es nicht. 1922 wohnte hier ein junger Bursche. Wollte unbedingt im blauen Salon schlafen.

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