Vor Nackedeis wird gewarnt
öffnete die Türe mit dem Blick eines rächenden Erzengels.
Unfreiwillig sprang der kleine Mann von Catford & Spindle zurück und taumelte.
Hastig sagte er: »Ich verkaufe kein Brot.«
Entschieden meinte Adele: »Gut. Denn ich kaufe auch keins.«
Er wand sich wie ein Wurm am Angelhaken. »Ich bringe Ihnen die Rechnung«, sagte er.
Adele starrte ihn an.
»Wie sollten wir denn bloß zu einer Rechnung von Ihrer komischen kleinen Firma kommen?« fragte sie. »Wir essen dieses magenzerfetzende Brot doch gar nicht.«
»Die Rechnung für das Auto«, sagte der Kleine.
Adele dämmerte etwas: das >öffentliche Ärgernis Colette<.
Dann schrie sie los: »Der Lieferwagen! Meinen Sie den Lieferwagen, den dieser Idiot in den Fluß gelenkt hat?«
Der kleine Mann nickte.
»Ich war der Idiot«, sagte er und lief rot an.
Adele schaute ihn vorsichtig an.
»Ach so«, sagte sie. Diese Silbe konnte alles mögliche bedeuten.
Er tänzelte von einem Fuß auf den anderen und murmelte unverständliches Zeug vor sich hin.
Sie nahm die Rechnung zur Hand, öffnete den Umschlag und las...
Ein leiser Klageton, der langsam zu einem gequälten, verzweifelten Schrei anschwoll, kam von ihren Lippen. Der kleine Mann lüftete seinen Hut und verschwand eilig. Eine Besessene, die ihrem Geliebten nachtrauert, war nichts im Vergleich zu einer Adele Charlton, die über Nacht um 120 Pfund ärmer geworden war.
Sie stolperte auf einen Stuhl zu und setzte sich.
Sie fühlte sich gar nicht gut.
*
Arthur Bodgers, der erstklassige Mechaniker, hatte in seiner langsamen, bedächtigen Art kundgetan, es sei ihm sicher möglich, dieses Loch im vorderen Schlauch zu flicken. Aber warnend hatte er hinzugefügt, er habe sehr viel zu tun, und wisse nicht, wie er diese kleine Reparatur vor Ablauf von zwei Stunden fertigstellen könne.
Richard Widderby war restlos entzückt. Dies bedeutete, daß er eine begründete Entschuldigung dafür hatte, sich weiterhin der Gesellschaft dieser reizenden, jungen Französin zu erfreuen und sie vielleicht sogar zum Essen einzuladen.
»Wir sind gegen vier Uhr zurück«, sagte er aufgeräumt.
Arthur kratzte sich am Kopf. Er brummte: »Gut! Könnte bis dahin fertig sein! Werde mein Bestes für Sie tun!«
In Hochform kehrte Richard zu seinem Auto zurück, überbrachte Colette die letzten Neuigkeiten und sprach seine Einladung zum Lunch aus. Sie wurde dankend angenommen.
Er erklärte: »Muß vorher noch schnell bei Donalds Büro vorbei!«
»Donald?« fragte sie.
»Mein Freund«, antwortete er. »Netter Kerl. Wird Ihnen gefallen. Ich mache Sie bei Gelegenheit mal mit ihm bekannt. Er ist der Verwalter von Lord Cavershams Gütern, wissen Sie!«
Er erklärte etwas umständlich, welche Aufgaben ein Verwalter hatte, und dann fuhr er in Caversham Manor ein. Zur Linken des Herrenhauses lag ein kleines, unscheinbares Häuschen, das Donald als Büro benutzte.
Richard sagte zu Colette: »Gehen Sie doch ein bißchen im Rosengarten spazieren. Ich werde fragen, ob ich Ihnen die Ahnengalerie zeigen darf. Lord Caversham ist nicht gerade von Besuchen erbaut, aber dieses Anwesen ist etwas Besonderes, und sicher wird Ihnen eine Besichtigung Spaß machen. Dann fahren wir wieder zurück und essen irgendwo zusammen!«
Colette lächelte ihn an. Sie betrachtete neidisch die ehrwürdige Fassade des Herrensitzes und nickte. Es wäre interessant, zu sehen, wie die reichen Engländer in Wirklichkeit lebten.
Er fuhr vor dem kleinen Häuschen vor, zeigte auf die Rosengärten und verschwand im Eingang.
Colette dachte über ihre neue Eroberung nach und schüttelte traurig ihren Kopf. Sie erinnerte sich an die fleckigen, ausgebeulten grauen Hosen und das fürchterliche alte Auto, das dem, mit dem sie in Dover abgeholt worden war, so sehr ähnelte. Sie machte eine kleine Aufrechnung aller Tatsachen und Ereignisse und schüttelte den Kopf, als sie an das Resultat dachte. »Er ist nett, nur schade, daß er so arm ist.«
Colette war sehr realistisch eingestellt. Ihr erschien eine reiche Heirat als ein nicht zu verachtendes Ziel. Sie war Bestandteil ihrer Erziehung gewesen, und nie war ihr die merkwürdige, englische Auffassung begegnet, man könne und solle aus Liebe heiraten. Liebe war Sex, und für solche Zwecke unterhielt ein Mann eine kleine Freundin. Eine Heirat war eine todernste, geschäftliche Angelegenheit. Und dazu bedurfte es einer soliden, finanziellen Grundlage. Der Ehemann mußte dazu in der Lage sein, der Frau mindestens den Lebensstil
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