Vor Nackedeis wird gewarnt
sei ich ein wenig zu spät gekommen, um noch irgendwie praktische Hilfe zu leisten.« Er sprach mit einem leicht südamerikanischen Akzent. »Kann ich Ihnen behilflich sein?« Adele schaute hilflos um sich. »Ich glaube, wir haben soweit alles wieder unter Kontrolle«, meinte sie. »Vielen Dank für Ihr freundliches Angebot.«
Der Amerikaner nickte. »Ich machte mir gerade einen Kaffee. Ich nehme an, Sie alle könnten jetzt einen starken Kaffee gebrauchen, oder? Möchten Sie, daß ich Ihnen Kaffee bringe?«
Adele sagte: »Das wäre wirklich sehr nett.« Von allem, was ihr die Welt zu bieten hatte, war jetzt ein Kaffee ihr größter Wunsch. Ein heißer, starker, süßer Kaffee.
Der junge Amerikaner grinste ein wenig verschlagen. »Ich hole ihn. Schließlich, liebe Frau, sind wir Nachbarn, und wenn mein Haus gerade wie eine Rakete in die Luft gegangen wäre, würde ich mich auch freuen, wenn mir jemand einen Kaffee bringen würde.«
Adele erinnerte sich an die kostbaren Möbel, die vor einigen Tagen in das Haus getragen worden waren. Sie schloß messerscharf, daß dieser Mann der Besitzer all der Schätze war.
»Sie sind Mr....?« fragte sie und ließ die Frage mitten im Raum stehen.
»Michael Redfern«, erwiderte er höflich und schnappte damit nach dem ausgeworfenen Haken.
»Ich hole Kaffee. Ich glaube, da kommen auch Ihre Männer zurück.«
Plötzlich rief Colette: »Isch kommen mit. Isch elfen Ihnen, su tragen der Tassen, ja?«
Auch ihr war das großartige Aussehen dieses Mannes aufgefallen, ebenso wie die ausgesucht elegante Kleidung des Fremden, und sie roch Geld.
Das leichte, charmante, gewinnende Lächeln, anmutig und dennoch völlig gelassen, blitzte kurz auf.
»Aber gerne«, meinte Michael Redfern. »Ich würde mich freuen, wenn Sie mitkommen würden, Mademoiselle.«
Erst, als die beiden gegangen waren und Adele mit ihren Erinnerungen allein war, fiel ihr schlagartig ein, wo sie dieses Gesicht schon einmal gesehen hatte.
»Michael Redfern!« sagte sie laut und deutlich. »Der Filmschauspieler, natürlich! Kein Wunder, daß seine Einrichtung so großzügig und kostspielig ist.«
Schnüffelnd wie ein Foxterrier auf einer heißen Fährte betrat Richard das Zimmer.
Neugierig fragte er: »Wo ist Colette?«
Adele sagte: »Sie ist Kaffee holen.« Sie bedauerte Richard in diesem Augenblick.
*
Adele stopfte einen protestierenden Andy zurück in sein Bett.
Er war beleidigt, und das mit Recht. Denn nicht nur, daß man ihn während des aufregenden Feuerwerkes einem Nachbarn anvertraut hatte. Ein Feuerwerk, an dem sich die Erwachsenen natürlich ergötzten. Er hatte auch fest damit gerechnet, das Haus würde abbrennen, und diese Freude war ihm versagt geblieben.
Er bockte. Brummend nahm er schließlich ein Bonbon an. Aber er fand, ein Bonbon sei kein Trost für ein nicht bis auf die Grundmauern abgebranntes Haus.
Adele küßte ihn zärtlich, streichelte ihn und versicherte ihm, der widerliche Krach sei nun vorüber. Sie ging wieder nach unten, während sie darüber nachdachte, ob die schrecklichen Vorfälle dieses Abends die Psyche des Kindes ein Leben lang beeinflussen würden.
Zu sich selbst sagte sie: »Ich werde auf ihn achten müssen. Er wird eine unerklärliche Angst vor dem Feuer haben, wenn er erst einmal aufgewachsen ist. Panische Angst wird ihn überkommen, wenn er sich in einem Raum ohne Notausgang aufhält. Armer Andy.«
Arme Adele.
Andy war einfach und ohne jede Hemmung verrückt nach dem Feuer, und wenn die Ereignisse seiner gußeisernen Psyche etwas angetan hatten, dann handelte es sich lediglich um seinen innigsten Wunsch, so schnell wie möglich ein erfahrener Brandstifter zu werden, und zwar bei nächster sich bietender Gelegenheit.
Er hatte das Gefühl, daß sein Vater ein Versager war. Er hatte damit angefangen, das Haus abzubrennen, dann hatte ihn plötzlich die große Angst gepackt, und er war zum nächsten Wasserhahn gestürzt.
Andy rümpfte die Nase.
Er würde da viel mehr leisten. Zuerst würde er das Haus und dann die Volksschule niederbrennen, und die Welt würde ihm zu Füßen liegen.
Andy würde nie so ein Versager wie sein Vater sein.
Er bestimmt nicht.
Er schlief ein und träumte friedlich. Einen wundervollen
Traum. Er hatte gerade den Bart des heiligen Nikolaus in Brand gesteckt. Seine Werkstatt stand bereits in Flammen.
In dem ruinierten Wohnzimmer war die Kaffee-Party in vollem Gange. Colette schenkte aus Michaels Thermosflasche ein, und Adele war sehr
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