Vor Schmetterlingen wird gewarnt (German Edition)

treffen.“
    Verdammt. „Ja, klar. Ich mache nur schnell diese Platte fertig und wasche mir die Hände, dann komme ich.“
    „Ich werd’s ihm sagen.“ Beks wirbelte auf ihren Frankenstein-Boots herum und war verschwunden.
    Ava führte ihre Arbeit zu Ende und nahm sich noch die Zeit, um sich die Hände einzucremen und ihren Lippenstift nachzuziehen. Währenddessen wartete sie darauf, dass sich ihr Herzschlag wieder einigermaßen normalisierte. Schließlich holte sie tief Luft, was sie an diesem Vormittag ziemlich häufig zu tun schien, und ging durch die Eingangshalle zum Esszimmer.
    Cade stand mit dem Rücken zu ihr über ein aufgeschlagenes Fotoalbum gebeugt, sich mit beiden Händen auf den Tisch stützend. Ein Stapel weiterer Alben lag daneben.
    „Du wolltest mich sprechen?“, fragte sie trocken. Innerlich fauchte sie jedoch wie eine Katze, die auf einen Waschbären traf. Denn es ärgerte sie, dass selbst seine Rückenansicht noch so verdammt gut aussah. Musste er unbedingt so attraktiv sein?
    Er warf ihr einen Blick über die Schulter zu. „Ja, danke, dass du deine Arbeit für mich unterbrochen hast. Ich könnte deine Hilfe gebrauchen, falls du gerade einen Moment Zeit hast.“
    Was sollte sie machen? Sie mochte es nun einmal, gebraucht zu werden, also gab sie auch diesmal nach. Sie liebte es eben,nützlich zu sein und Aufgaben zu bewältigen, die anderen Menschen das Leben leichter machten. Na ja, bis aufs Kloputzen. So was machte sie nicht.
    Aber darum ging es ja wohl auch nicht. Sie war kein Idiot. Das hier war Gallari, der sich erst gestern Abend an sie herangemacht hatte. Nach wie vor war sie sich nicht sicher, warum er es getan hatte. Doch es gab keinen Zweifel. Als er sie an die Arbeitsfläche drängte und seinen Körper an ihren schmiegte, war das pure Absicht gewesen. „Um was zu tun?“
    „Komm her, und wirf mal einen Blick auf das hier.“
    Sie ging zu ihm, stellte sich neben ihn und schaute auf das offene Fotoalbum. Und grinste erfreut. „Oh, sieh nur! Was für wundervolle alte Fotos von Miss Agnes – besonders das da.“ Mit der Fingerspitze fuhr sie über den gezackten weißen Rand und die schwarzen Fotoecken, mit denen der Schnappschuss im Album befestigt war. Es handelte sich um ein Schwarz-Weiß-Foto, das Miss Agnes vor einem kleinen Flugzeug zeigte. Ava hatte nicht die geringste Ahnung, was für ein Flugzeug das war, doch Miss Agnes sah aus wie die berühmte Fliegerin Amelia Earhart, ganz in einem hellen Overall, mit Lederhaube auf dem Kopf und einem langen weißen Schal um den Hals.
    „Das gefällt mir auch am besten“, sagte Cade und holte Ava damit in die Gegenwart zurück. Indem er die Schuhspitze in die Querverstrebung eines Esszimmerstuhls hakte, zog er ihn vom Tisch weg. „Nachdem ich deine Wohnung gesehen hatte, wusste ich, dass du ein gutes Auge besitzt. Komm, setz dich.“ Er nahm sich ebenfalls einen Stuhl, nachdem sie sich gesetzt hatte, nur dass er seinen umdrehte, sodass die Lehne zu ihr zeigte, ehe er sich rittlings daraufsetzte.
    „Schnappschüsse wie dieser sind ein Bonus für die Dokumentation“, erklärte er mit leuchtenden blauen Augen. Er verschränkte die Arme auf der Stuhllehne und legte das Kinn auf die Unterarme. „Diese schon leicht vergilbten Fotos künden von einer längst vergangenen Ära. Ich erhalte Rhythmus und Struktur, wenn ich von den Bildern auf die schneide, die ich ausAgnes’ Sammlung ausgewählt habe. Aus den beiden Alben, die du mir gegeben hast, habe ich mehrere Bilder ausgewählt. Allerdings wäre ich dir dankbar, wenn du dir diese Alben ansehen würdest, die Jane mir überlassen hat.“
    Er stand auf und beugte sich herüber, um die nächste Seite umzublättern. Die andere Hand legte er dabei mit gespreizten Fingern auf die glänzende Tischplatte. „Du hast ein Interview mit mir geführt und bei mehreren zugesehen. Entscheide selbst, was zu den Gesprächen passt. Zum Beispiel passt das Bild von Agnes vor dem Flugzeug ausgezeichnet zu der Passage, in der Jane erzählt, dass sie Miss Agnes gern während ihrer Zeit als aktive Fliegerin gekannt hätte. Ich bin noch immer auf der Suche nach alten Aufnahmen des Anwesens für das Interview mit Mr Tarrof. Bis jetzt habe ich nur Ausschnitte in den Alben gefunden, aber leider kein Bild, auf dem die ganze Villa zu sehen wäre.“
    Ava saß regungslos da. Sie war sich seiner Nähe schon wieder allzu sehr bewusst. Machte er sich etwa schon wieder an sie heran? Um eine Berührung zu vermeiden,