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Vor uns die Nacht

Vor uns die Nacht

Titel: Vor uns die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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für diesen Satz, bis an sein Lebensende, denn ich werde ihn bis an mein Lebensende nicht vergessen können. Niemals. Diese Worte haben sich gerade in meine Seele gefressen.
    »Nichts tun, Ronia, ich mach das schon.«
    Er tut es wirklich, steht mit mir in seinen Armen auf, während ich meine Beine um seine Hüfte schlinge, und trägt mich vom Sofa weg durch den Flur in sein Schlafzimmer, wo ein Kerzchen auf der Fensterbank flackert und mir das Bett wie eine rettende Insel vorkommt. Erst auf dem letzten Meter verlässt ihn die Kraft und er lässt mich auf die weiche Matratze fallen, anstatt mich elegant darauf abzusetzen. Macht nichts. Ich hatte sowieso nichts anderes vor, als zu liegen. Doch, vielleicht sollte ich meine Jeans noch ausziehen, denn er schlüpft gerade aus seiner, der Herr sei gepriesen, ich muss diese undankbare Aufgabe nicht selbst übernehmen.
    »Geht es dir zu schnell?«, fragt er, als er sich neben mich legt, nur noch in einer sichtbar ausgebeulten Shorts. Ich kann mich nicht an ihm sattsehen. »Wir können auch …«
    »Halt die Klappe«, entgegne ich und kann meine eigene Zärtlichkeit nicht begreifen, in deren alles hinreißenden Sog ich auf ihn krieche, um seine Brust mit beiden Händen zu streicheln und seinen nackten Bauch zu küssen. Fast ungläubig erkunde ich seinen Körper, was mir immer schwerer fällt, je intensiver er mir auf seine ganz eigene Weise antwortet, bis ich nicht mehr kann und stillhalte, während Jan seine Hand unter meinen Slip gleiten lässt und mich so sacht und doch voller Sicherheit berührt, dass mir die Tränen in die Augen steigen.
    »Oje, Ronia …« Er hält inne und lässt sich mit seinem gesamten Gewicht auf mir nieder.
    »Ich will dich, Jan.«
    »Das spür ich, aber es kann sein, dass es schnell geht. Ich weiß nicht, ob ich mich beherrschen kann …«
    »Das ist mir egal. Wirklich, ist mir egal. Ich möchte dich endlich in mir fühlen. Bitte.«
    Es ist mir tatsächlich egal, wir bewegen uns außerhalb von Zeit und Raum, ich nehme nichts mehr wahr außer seinem und meinem Körper und unseren Seelen, die sich wild und freudig umschlingen. Es kann zwei Atemzüge dauern oder eine ganze Nacht – es ist mir gleich, denn ich werde den Unterschied nicht merken. Alles, was existiert und mich am Leben hält, ist jetzt und hier, in mir und mit ihm. Keine Grenzen mehr. Deshalb macht es auch nichts, dass ich mich selbst berühre, während er mich berührt, und ihn unentwegt anschaue, weil ich in seinen Augen mich sehe und er sich in meinen. Wir tauchen ineinander ein, tief und haltlos. Ich rede mit ihm, aber weiß schon in der nächsten Sekunde nicht mehr, welche Worte es waren – wozu erinnern? Wozu prüfen oder bewerten? Da ist keine Angst und keine falsche, törichte Scheu, denn ich muss es ihm nicht recht machen, keine Leistungen erfüllen. Alles ist richtig, nichts falsch, und erfüllt sich von selbst, wenn ich nur bei mir bleibe und dadurch nah bei ihm.
    Jetzt höre ich wieder sein Knurren; dieses Mal kommt es tiefer aus seiner Kehle und klingt rauer und ungehemmter. Doch es kann mir keine Angst machen, stattdessen kitzelt er uralte Instinkte in mir wach. Fast schnappend drücke ich meine Zähne in seinen Hals und er holt keuchend Luft, hält einen Moment inne, die Augen geschlossen, versucht, sich zu zügeln, doch ich weiß, was ich tun kann und muss, damit wir beieinanderbleiben und uns nicht auf dem Weg verlieren. Es stört ihn nicht. Er lächelt, als er es sieht und spürt, wie sich alles zu einem unaufhaltsamen Wirbel verdichtet, unser Stöhnen, Atmen und Fühlen. Ich kann mich nur noch davon mitnehmen lassen, weit weg in eine Welt, aus der ich nie wieder zurückkomme. Nun sehe ich mich selbst, hell und strahlend, ein Rausch aus Farben und Klängen, der sich unentwegt verändert, aber stets überirdisch schön bleibt – einzigartig und göttlich. Unsterblich.
    »Es hört nicht auf … Jan … es geht immer weiter«, höre ich mich trunken sagen, doch seine Arme umfangen mich schützend, während ich weit, weit weg durch ferne Galaxien zu trudeln scheine.
    »Ist gut, alles gut.« Sein Oberkörber bebt, da ist wieder dieses Pulsieren, das ich auch in mir gefühlt hatte, nur stärker und animalischer. »Ist gut, Baby.« Eine letzte Welle erschüttert meinen Körper und mein Herz, während sein Atem gegen meinen Nacken brandet und meine rechte Hand immer noch das Betttuch festhält, als könne es mich retten. »Alles ist gut.«
    Ja, ich weiß es auch – alles

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