Vor Vampiren wird gewarnt
Bescheid. Ich hoffe, das ist ein einmaliger Vorfall. Es wäre schrecklich, wenn wir dauernd mit Demonstranten zu tun hätten.«
»Sam wird Pleite machen, wenn das so weitergeht«, flüsterte Kennedy. »Vielleicht sollte ich einfach kündigen. Ist für Sam nicht gerade hilfreich, wenn ich hier arbeite.«
»Kennedy, mach dich nicht selbst zur Märtyrerin«, sagte ich. »Mich mögen sie auch nicht. Jeder, der mich nicht für verrückt hält, glaubt, es wäre irgendetwas Übernatürliches an mir. Dann müssten wir ja alle kündigen, sogar Sam.«
Sie sah mich scharf an, um sicherzugehen, dass ich das wirklich ernst meinte, und nickte einmal. Dann sah sie wieder aus dem Fenster und sagte: »Oh, oh.« Danny Prideaux war in seinem Chrysler LeBaron Baujahr 1991 vorgefahren, ein Vehikel, das er fast genauso faszinierend fand wie Kennedy Keyes.
Danny hatte direkt neben der Menge geparkt, war einfach aus dem Auto gesprungen und ging jetzt auf die Bar zu. Ich wusste, dass er nur kam, um nach Kennedy zu sehen. Entweder hatten sie im Baumarkt den Polizeifunk laufen, oder Danny hatte die Neuigkeit von einem Kunden erfahren. In Bon Temps sind die Buschtrommeln schnell und laut. Danny trug ein graues ärmelloses T-Shirt, Jeans und Stiefel, und seine breiten olivenfarbenen Schultern glänzten leicht.
Den Anblick bot er nicht jeden Tag, deshalb sagte ich: »Na, wenn einem da nicht das Wasser im Mund zusammenläuft ...« Kennedy hielt sich den Mund zu und unterdrückte ein Kichern.
»Ja, er sieht verdammt gut aus«, sagte sie und versuchte, beiläufig zu klingen. Wir mussten beide lachen.
Doch dann kam es zur Katastrophe. Einer der Demonstranten war so wütend darüber, vom Merlotte's vertrieben zu werden, dass er sein Schild auf die Motorhaube des Chrysler LeBaron donnerte. Danny fuhr sofort herum bei dem Geräusch. Einen Moment lang stand er wie erstarrt da, und dann rannte er mit Höchstgeschwindigkeit auf den Sünder zu, der den Lack seines Wagens ruiniert hatte.
»Oh nein!«, rief Kennedy und flitzte wie von der Tarantel gestochen aus der Bar. »Danny!«, rief sie. »Danny! Hör auf!«
Danny zögerte und wandte kurz den Kopf, um zu sehen, wer da nach ihm rief. Mit einem Sprung, der jedem Känguru zur Ehre gereicht hätte, war Kennedy neben ihm und schlang die Arme um ihn. Unwillig schüttelte er sich, als wollte er sie loswerden. Doch dann schien ihm zu dämmern, dass es Kennedy war, die ihn umarmte, die Frau, die er stundenlang angeschmachtet hatte. Plötzlich stand er ganz steif da, die Arme an den Körper gepresst, und hatte offenbar Angst, sich zu bewegen.
Ich wusste nicht, was Kennedy zu ihm sagte, aber Danny sah ihr völlig fasziniert ins Gesicht. Eine der Demonstrantinnen vergaß sich selbst so weit, dass ein Ausdruck der Rührung über diese kleine Szene auf ihr Gesicht trat.
Doch sie hatte sich ziemlich schnell wieder unter Kontrolle und hob ihr Schild noch höher.
»Tiere raus! Menschen rein! Der Kongress soll unser Leitstern sein!«, skandierte einer der Demonstranten, ein älterer Mann mit weißer Mähne, als ich die Tür aufmachte und vors Merlotte's trat.
»Kevin, schaffen Sie sie hier weg!«, rief ich.
Kevin verzog unglücklich das schmale blasse Gesicht. Er versuchte längst, die kleine Menge von Sams Parkplatz zu drängen. »Mr Barlowe«, sagte er jetzt zu dem weißhaarigen Mann, »was Sie hier tun, ist illegal, und ich könnte Sie alle deshalb verhaften. Was ich aber gern vermeiden würde.«
»Wir sind bereit, für unsere Überzeugung ins Gefängnis zu gehen«, erwiderte der Mann. »Ist es nicht so, Leute?«
Einige der Kirchenmitglieder sahen nicht sonderlich begeistert aus.
»Vielleicht sind Sie das«, schaltete sich Kenya ein. »Aber wir haben Jane Bodehouse in einer unserer Zellen. Sie schläft gerade ihren Rausch aus und übergibt sich alle fünf Minuten. Keiner von Ihnen allen hier will da rein zu Jane, glauben Sie mir.«
Die Frau, die zuvor ins Merlotte's hineingekommen war, wurde etwas grün um die Nase.
»Dies ist Privateigentum«, sagte Kevin. »Hier dürfen Sie nicht demonstrieren. Wenn Sie diesen Parkplatz nicht in drei Minuten geräumt haben, verhafte ich Sie alle.«
Es dauerte zwar eher fünf Minuten, aber es waren keine Demonstranten mehr auf dem Parkplatz, als Sam eintraf und sich bei Kevin und Kenya bedankte. Da ich seinen Pick-up nicht hatte kommen sehen, war sein Erscheinen eine ziemliche Überraschung.
»Wann bist du zurückgekommen?«, fragte ich.
»Vor knapp zehn
Weitere Kostenlose Bücher