Vor Vampiren wird gewarnt
hinhören lassen, und tatsächlich, jetzt hatte er den zweiten Herzschlag vernommen. Die beiden staunten nicht schlecht, freuten sich aber sehr. Tara hatte Hähnchen in Rahmsoße gemacht, dazu Spinat und noch einen Fruchtsalat. Es war schön bei ihnen. JB schaute sich meine Handgelenke an und sagte, sie seien fast wieder normal beweglich. Tara freute sich schon sehr auf die Baby-Party, die JBs Tante für sie in Clarice geben wollte, und versicherte mir, ich würde auch eine Einladung bekommen. Und wir legten auch gleich noch einen Termin für ihre Baby-Party in Bon Temps fest.
Als ich wieder zu Hause war, lud ich erst mal meine Waschmaschine voll, das war nötig. Und meine Badematte wusch ich auch gleich und hängte sie zum Trocknen nach draußen auf die Leine. Solange ich im Garten war, hatte ich zur Sicherheit die mit Zitronensaft gefüllte Wasserpistole in der Tasche. Ich wollte nicht noch einmal überrascht werden. Womit hatte ich es bloß verdient, fragte ich mich, dass auf meinem Land ein (nach Claudes Reaktion zu urteilen) feindseliger Elf herumstiefelte?
Mein Handy klingelte, als ich gerade voll düsterer Gedanken zum Haus zurückkehrte. »Hey, Schwesterherz«, sagte Jason, der anscheinend grillte. Ich konnte es zischen hören. »Michele und ich machen grade was zum Essen. Willst du kommen? Ich hab jede Menge Steaks.«
»Danke, ich war zum Lunch schon bei JB und Tara. Aber jetzt habe ich ein Essen gut bei dir.«
»Na klar. Ich hab deine Nachricht gekriegt. Morgen um acht, richtig?«
»Ja. Lass uns zusammen nach Shreveport fahren.«
»Klar. Ich hol dich um sieben zu Hause ab.«
»Okay, bis dann.«
»Muss jetzt Schluss machen!«
Jason mochte keine langen Telefonate. Er hatte schon mit Mädchen Schluss gemacht, nur weil sie mit ihm telefonieren wollten, während sie sich die Beine rasierten oder die Nägel lackierten.
Es war nicht gerade ein gutes Zeichen, dass die Aussicht auf ein Treffen mit einem Haufen unglücklicher Werwölfe das Beste - oder zumindest Interessanteste - zu sein schien, was mein Leben derzeit zu bieten hatte.
Kennedy stand hinterm Tresen, als ich am nächsten Tag zur Arbeit kam. Sie erzählte mir, dass Sam zu einem letzten, äußerst dringlichen Termin bei seinem Steuerberater war, der ihm einen Aufschub verschafft hatte, da Sam so spät dran gewesen war mit all seinen Unterlagen.
Kennedy sah so hübsch aus wie immer. Sie weigerte sich, zu ihrem Merlotte's-Shirt die Shorts zu tragen, die fast alle anderen von uns bei warmem Wetter anzogen, und hatte sich stattdessen für eng geschnittene Hosen mit einem ausgefallenen Gürtel entschieden. Kennedys Make-up und ihre Frisur hätten jeden Schönheitswettbewerb bestanden. Automatisch sah ich zu Danny Prideaux' Barhocker. Leer.
»Wo ist Danny?«, fragte ich, als ich an den Tresen kam, um ein Bier für Catfish Hennessy zu holen. Er war Jasons Boss, und ich ging fast davon aus, dass auch mein Bruder kam und sich dazugesellte. Doch bislang saßen nur Hoyt und zwei andere Typen aus der Straßenbautruppe bei Catfish am Tisch.
»Der muss heute in seinem anderen Job arbeiten«, sagte Kennedy und versuchte, es ganz beiläufig klingen zu lassen. »Ich weiß es zu schätzen, dass Sam mich beim Arbeiten beschützen lässt. Aber ehrlich, Sookie, ich glaub nicht, dass es irgendwelchen Ärger gibt.«
In diesem Moment fiel knallend die Eingangstür ins Schloss. »Ich bin hier, um zu demonstrieren!«, schrie eine Frau, die aussah wie eine ganz normale Großmutter. Sie hielt ein Schild hoch. KEIN KOPULIEREN MIT TIEREN stand darauf, und man konnte erkennen, dass sie das Wort »kopulieren« aus dem Wörterbuch abgeschrieben hatte, so sorgfältig war jeder einzelne Buchstabe gemalt.
»Ruf zuerst die Polizei an«, sagte ich zu Kennedy. »Und dann Sam. Sag ihm, er soll herkommen, egal, was er gerade zu besprechen hat.« Kennedy nickte und ging zum Telefon an der Wand.
Unsere Demonstrantin trug eine blau-weiße Bluse und rote Hosen, die sie wahrscheinlich bei Bealls oder Stage gekauft hatte. Sie hatte kurze dauergewellte Haare, die in einem annehmbaren Braun gefärbt waren, auf der Nase eine Brille mit Metallgestell und an der arthritischen Hand einen sittsamen Ehering. Trotz dieser völlig durchschnittlichen Erscheinung spürte ich, dass in ihren Gedanken der Eifer eines Fanatikers brannte.
»Ma'am, Sie müssen wieder gehen. Dieses Gebäude ist Privateigentum«, sagte ich, hatte aber keine Ahnung, ob das eine wirksame Aufforderung war. Demonstranten
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