Vor Vampiren wird gewarnt
kurz. Er fühlte sich enorm warm an, wohl weil ich in letzter Zeit vor allem von dem nicht mal Zimmertemperatur erreichenden Eric umarmt worden war. Ich nahm eine Art Gefühlsaufwallung wahr und bemerkte, dass unsere Umarmung für Tarnfarbe, auch wenn sie mich anlächelte, kein willkommener Anblick gewesen war. »Hamilton!«, sagte ich und nickte ihm zu, da er zu weit weg stand, um auch ihn zu umarmen.
»Sookie«, begann Alcide, »ich möchte dir einige neue Mitglieder vorstellen. Das ist Annabelle Bannister.«
So hieß Tarnfarbe also mit richtigem Namen. Ich hatte noch nie eine Frau getroffen, die weniger wie eine »Annabelle« aussah als diese. Aber natürlich gab ich ihr die Hand und sagte ihr, dass ich mich freute, sie kennenzulernen.
»Ham kennst du ja, und Jannalynn hast du, glaube ich, auch schon mal gesehen, oder?«, fragte Alcide und deutete mit einem Kopfnicken hinter sich.
Ich nickte den beiden am Fuße der Stufen zu.
»Und das ist Basim al Saud, mein neuer Stellvertreter«, sagte Alcide und deutete auf Korkenzieher. Es wurde »bah-ßIEHM« ausgesprochen, und der Name kam Alcide so leicht über die Lippen, als würde er mir ständig Araber vorstellen. Okay. »Halli-hallo, Basim«, sagte ich und reichte ihm die Hand. Als »Stellvertreter« wurden, soweit ich wusste, unter anderem Leute bezeichnet, die jeden in Angst und Schrecken versetzen konnten, und für den Job schien Basim bestens qualifiziert. Etwas zögernd streckte er mir seine Hand entgegen. Ich schüttelte sie und war gespannt, was ich über ihn erfahren würde. Die Gedanken der Wergeschöpfe sind wegen ihrer zweifachen Natur oft sehr schwer zu entziffern. Jedenfalls bekam ich selten einzelne Gedanken zu fassen, meistens nur ein wirres Durcheinander von Misstrauen, Aggression und Begierde.
Komisch, das war ziemlich genau das, was ich von der Annabelle mit dem unpassenden Namen auffing. »Wie lange sind Sie schon in Shreveport?«, fragte ich höflich und sah von Annabelle zu Basim, um die Frage gleich an beide zu richten.
»Ein halbes Jahr«, erwiderte Annabelle. »Ich wurde vom Elchtöter-Rudel in South Dakota transferiert.« Dann war sie also bei der Luftwaffe. Sie war in South Dakota stationiert gewesen und dann auf den Luftwaffenstützpunkt Barksdale in Bossier City gleich bei Shreveport versetzt worden.
»Ich bin seit zwei Monaten hier«, sagte Basim. »Und ich gewöhne mich langsam ein.« Obwohl er exotisch aussah, hatte er nur einen ganz leichten Akzent, und seine Aussprache war sehr viel präziser als meine. Urteilte man allein nach der Frisur, war er definitiv kein Armeeangehöriger.
»Basim hat sein altes Rudel in Houston verlassen«, sagte Alcide leichthin, »und wir freuen uns, dass er jetzt zu uns gehört.« »Wir« schloss Hamilton Bond nicht mit ein. Ich konnte Hams Gedanken vielleicht nicht so klar lesen wie die eines Menschen, aber ein großer Fan von Basim war er nicht. Ebenso wenig Jannalynn, die Basim zwar mit Begierde, aber auch mit Abneigung zu betrachten schien. Überhaupt wogte eine Menge Begierde durch das Rudel heute Abend. Sah man sich Basim und Alcide an, war das allerdings auch nicht allzu unverständlich.
»Amüsieren Sie beide sich gut hier heute Nacht, Basim, Annabelle«, sagte ich, bevor ich mich wieder an Alcide wandte. »Alcide, mein Land erstreckt sich im Osten ungefähr einen halben Hektar über den Fluss hinaus, etwa zweieinhalb Hektar nach Süden bis zu dem Feldweg, der zu der Ölquelle führt, und im Norden um den alten Friedhof herum.«
Der Leitwolf nickte. »Ich habe Bill gestern Abend noch angerufen, und er hat nichts dagegen, wenn wir in seinen Wald vordringen. Er wird bis zum Morgengrauen gar nicht zu Hause sein, sodass wir ihn nicht stören werden. Und was ist mit dir, Sookie? Fährst du heute Abend nach Shreveport oder bleibst du zu Hause?«
»Ich bleibe hier. Wenn ich irgendwas für euch tun kann, kommt einfach an die Tür.« Ich lächelte ihnen allen zu.
Ganz bestimmt nicht, Blondchen, dachte Annabelle.
»Aber vielleicht brauchen Sie das Telefon«, sagte ich zu ihr, und sie schreckte zusammen. »Oder auch Erste Hilfe. Man weiß schließlich nie, Annabelle, was einem da draußen zustößt.« Ich hatte zwar mit einem Lächeln im Gesicht begonnen, doch davon war nichts mehr übrig, als ich fertig war.
Die Leute sollten sich wirklich bemühen, etwas höflicher zu sein.
»Danke noch mal, dass wir dein Land benutzen dürfen. Wir machen uns jetzt auf den Weg in den Wald«, sagte Alcide
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