Vor Vampiren wird gewarnt
zurückkommst und plötzlich jemand anderen in deinem Bett vorfindest.«
Langes Schweigen. Ich wappnete mich bereits innerlich.
»Sookie«, begann Amelia schließlich. »Ich liebe dich. Das weißt du. Und ich habe sehr gern bei dir gewohnt. Es war ein Geschenk des Himmels, dass ich nach der Sache mit Bob zu dir kommen konnte. Aber jetzt werde ich erst mal eine Weile in New Orleans bleiben. Ich bin gerade... mittendrin in so vielem.«
Genau so etwas hatte ich erwartet, aber hart war es dennoch. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, dass sie zurückkommt, sondern gehofft, sie würde in New Orleans schneller über alles hinwegkommen - und es stimmte ja auch, sie hatte Tray nicht mal erwähnt. Es klang so, als wäre sie dort nicht nur mit Trauern beschäftigt. »Geht's dir gut?«
»Ja«, sagte Amelia. »Und ich habe wieder ein paar Stunden bei Octavia gehabt.« Octavia, ihre Mentorin in der Hexenkunst, war mit ihrem lange verlorengeglaubten Liebsten nach New Orleans zurückgekehrt. »Und ich wurde endlich... verurteilt. Jetzt muss ich die Strafe zahlen für - du weißt schon - die Sache mit Bob.«
»Die Sache mit Bob« war Amelias charmante Art, zu sagen, dass sie einen ihrer Liebhaber aus Versehen in einen Kater verzaubert hatte. Octavia hatte Bob in seine menschliche Gestalt zurückverwandelt, aber Bob war natürlich nicht gerade erfreut gewesen über Amelias Tat, und Octavia auch nicht. Amelia hatte zu der Zeit zwar schon einige Übung in der Hexenkunst gehabt, aber die Transformationsmagie hatte ihre Fähigkeiten doch deutlich überschritten.
»Dann werden sie dich also nicht auspeitschen oder so was?«, fragte ich in einem Tonfall, als würde ich Witze machen. »Na, er ist ja schließlich auch nicht daran gestorben.« Sondern hatte nur ein ganzes Stück seines Lebens versäumt und Katrina vollkommen verpasst, einschließlieh der Möglichkeit, seine Familie darüber zu informieren, dass er den Hurrikan überlebt hatte.
»Einige der anderen würden mich gern auspeitschen, wenn sie dürften. Aber so läuft das nicht bei uns Hexen.« Amelia versuchte zu lachen, aber es klang nicht überzeugend. »Zur Strafe muss ich so eine Art gemeinnützige Arbeit machen.«
»So was wie Müll einsammeln oder Kindern Nachhilfestunden geben?«
»Nun... Zaubertränke mischen und Tüten mit den üblichen Ingredienzien vorbereiten, damit sie immer zur Hand sind. Überstunden machen im Laden für Magie, gelegentlich ein Huhn schlachten für Rituale. Eben eine Menge Zuarbeiten erledigen. Und das alles ohne Bezahlung.«
»Das ist echt scheiße«, sagte ich, denn Geld ist für mich fast immer ein heikles Thema. Amelia war in reichem Hause aufgewachsen, ich nicht. Wenn mir jemand mein Einkommen streitig macht, werde ich stinksauer. Einen flüchtigen Augenblick lang fragte ich mich, wie viel Geld wohl auf Claudines Bankkonto liegen mochte, und ich pries sie dafür, dass sie an mich gedacht hatte.
»Ja, nun, Katrina hat in New Orleans ganze Hexenzirkel ausgelöscht. Auch wir haben einige Mitglieder verloren, die nie wiederkommen werden; daher fehlen uns natürlich Einkünfte, und ich stecke nie Geld von meinem Dad in den Hexenzirkel.«
»Und was heißt das nun alles?«, fragte ich.
»Dass ich hier unten bleiben muss. Ich weiß nicht, ob ich je nach Bon Temps zurückkehre. Und das tut mir wirklich leid, denn ich habe sehr gern mit dir zusammengewohnt.«
»Und ich mit dir.« Ich holte tief Luft, entschlossen, nicht verloren zu klingen. »Und was ist mit deinen Sachen? Nicht, dass noch viele hier wären, aber trotzdem.«
»Die lasse ich erst mal bei dir. Ich habe hier alles, was ich brauche, und der Rest steht dir zur freien Verfügung, bis ich es mal organisieren kann, alles abzuholen.«
Wir unterhielten uns noch eine Weile, aber alles Wichtige war gesagt. Ich vergaß allerdings, Amelia zu fragen, ob Octavia einen Weg gefunden hatte, Erics Blutsbande mit mir zu lösen. Vermutlich interessierte mich die Antwort nicht allzu sehr. Als ich schließlich aufgelegt hatte, war ich traurig und froh zugleich: froh, dass Amelia ihre Schuld dem Hexenzirkel gegenüber abarbeitete und jetzt glücklicher war als zuletzt in Bon Temps nach Trays Tod; und traurig, weil mir klar geworden war, dass sie nie mehr zurückkehren würde. Nachdem ich einen Augenblick schweigend Abschied von ihr genommen hatte, ging ich in die Küche und sagte zu Claude, dass das obere Stockwerk ihm gehöre.
Nachdem ich sein dankbares Lächeln aufgesogen hatte, wandte
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