Vor Vampiren wird gewarnt
ich mich einem anderen Problem zu. Weil ich nicht wusste, wie ich mich dem Thema nähern sollte, fragte ich ihn ganz einfach. »Sag mal, warst du in dem Wald hinter meinem Haus?«
Claudes Miene wurde völlig ausdruckslos.
»Was sollte ich dort zu suchen haben?«, fragte er zurück.
»Ich habe nicht nach deinen Gründen gefragt. Ich habe gefragt, ob du dort warst.« Ich merke, wenn man versucht, mir auszuweichen.
»Nein«, sagte er.
»Das sind schlechte Neuigkeiten.«
»Warum?«
»Weil die Werwölfe mir erzählt haben, dass erst vor Kurzem ein Elf dort war.« Ich hielt den Blickkontakt mit ihm aufrecht. »Und wenn du es nicht warst, wer war es dann?«
»Es gibt nicht mehr viele Elfen«, sagte Claude.
Wieder wich er aus. »Wenn es noch andere Elfen gibt, die vor der Schließung der Portale nicht in die Elfenwelt zurückgekehrt sind, könntest du dich doch mit denen treffen«, erwiderte ich. »Dann müsstest du nicht bei mir wohnen, bei einem Menschen mit nur einem kleinen Spritzer Elfenblut. Dennoch bist du hier. Und irgendwo da draußen in meinem Wald ist noch ein anderer Elf.« Ich musterte seinen Gesichtsausdruck. »Du scheinst gar nicht gespannt darauf zu sein, den anderen - wer immer es ist - aufzuspüren. Was ist los? Warum rennst du nicht hinaus, suchst nach dem Elf, verbindest dich mit ihm und bist glücklich?«
Claude sah zu Boden. »Das Portal, das als Letztes geschlossen wurde, war in deinem Wald«, erzählte er. »Vielleicht ist es nicht richtig zu. Und ich weiß, dass Dermot, dein Großonkel, vor diesem Portal war. Wenn der Elf, dessen Fährte die Werwölfe gewittert haben, Dermot ist, dann würde er sich gar nicht freuen, mich zu sehen.«
Es kam mir so vor, als hätte er noch mehr zu erzählen, doch an dieser Stelle brach er ab.
Das war eine Menge schlechter Neuigkeiten auf einmal, und eine weitere mordsmäßige Ausweichtaktik. Ich war mir über seine Ziele immer noch nicht im Klaren, aber Claude gehörte zur Familie, und ich hatte herzlich wenig Familie übrig. »Na gut«, sagte ich und zog eine Küchenschublade auf, in der ich lauter Krimskrams aufbewahrte. »Hier hast du einen Schlüssel. Wir werden mal sehen, wie's so läuft. Ich muss übrigens heute Nachmittag arbeiten. Und eins müssen wir noch besprechen. Du weißt, dass ich einen Freund habe, oder?« Irgendwie war es mir jetzt schon peinlich.
»Mit wem bist du zusammen?«, fragte Claude mit einer Art professionellen Interesses.
»Also, nun... mit Eric Northman.«
Claude stieß einen Pfiff aus und wirkte beeindruckt, aber auch wachsam. »Und verbringt Eric die Nacht hier? Ich muss wissen, ob er sich auf mich stürzen wird.« Claude sah aus, als wäre ihm das nicht gänzlich unwillkommen. Das Problem war nur, dass Elfen völlig berauschend auf Vampire wirkten, etwa so wie Katzenminze auf Katzen. Eric würde es äußerst schwerfallen, nicht zuzubeißen, wenn Claude in seiner Nähe wäre.
»Das würde vermutlich schlimm enden für dich«, sagte ich. »Aber mit ein bisschen Umsicht kommt es gar nicht so weit.« Eric verbrachte nur selten die Nacht in meinem Haus, weil er gern vor dem Morgengrauen wieder in Shreveport war. Er hatte jede Nacht so viel Arbeit zu erledigen, dass er es besser fand, wenn er in Shreveport aufwachte. Ich habe in meinem Haus natürlich einen gut verborgenen Platz, an dem ein Vampir in relativer Sicherheit ruhen kann, aber er ist nicht gerade deluxe, kein Vergleich mit Erics Haus.
Ich machte mir eher Sorgen darüber, dass Claude mir fremde Männer ins Haus schleppen könnte. Wenn ich im Nachthemd auf dem Weg in die Küche war, wollte ich nicht irgendwem begegnen, den ich nicht kannte. Amelia hatte ein paar Mal Übernachtungsgäste gehabt, aber das waren immer Leute gewesen, die ich kannte. Ich holte einmal tief Luft und hoffte, dass das, was ich jetzt sagen wollte, nicht irgendwie schwulenfeindlich klingen würde. »Claude, ich möchte natürlich, dass du dich hier wohlfühlst«, begann ich und wünschte, ich hätte dieses Gespräch schon hinter mir. Ich bewunderte, wie cool Claude die Tatsache hingenommen hatte, dass ich ein Sexleben hatte, und konnte mir nur wünschen, dass ich die gleiche Nonchalance aufbringen würde.
»Wenn ich mit jemandem Sex haben will, den du nicht kennst«, warf Claude mit einem verruchten kleinen Lächeln ein, »fahre ich mit ihm zu meinem Haus in Monroe.« Er konnte also doch mitdenken, wenn er wollte, registrierte ich. »Oder ich sage dir im Voraus Bescheid. Ist das
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