Vor Vampiren wird gewarnt
Zeit lose in Kontakt, aber vor drei Wochen ungefähr sind wir zum ersten Mal miteinander ausgegangen.«
»Na, ist doch großartig«, sagte ich und versuchte, mich zu entspannen und etwas natürlicher zu lächeln. »Und du bist dir sicher, dass du keine Erlaubnis von ihrer Mutter brauchst?«
Sam warf mit dem Staubtuch nach mir. Ich fing es auf und warf es zurück.
»Könnt ihr beiden mal aufhören zu spielen? Ich muss mit Sam reden«, sagte da plötzlich jemand. Tanya Grissom war hereingekommen, ohne dass ich sie gehört hatte.
Tanya wird nie meine beste Freundin werden, aber sie ist eine gute Arbeitskraft und bereit, zwei Abende in der Woche ins Merlotte's zu kommen, und das nach ihrem regulären Job tagsüber bei Norcross. »Soll ich euch allein lassen?«, fragte ich.
»Nein, ist schon okay.«
»Entschuldige, Tanya. Worum geht's denn?«, fragte Sam lächelnd.
»Ich möchte, dass du auf den Gehaltsschecks meinen Namen änderst«, sagte Tanya.
»Du hast deinen Namen geändert?« Ich muss an dem Tag wohl besonders langsam gewesen sein. Aber wenn ich die Frage nicht gestellt hätte, dann hätte Sam es getan, denn er sah genauso verständnislos drein.
»Ja, Calvin und ich sind über die Grenze nach Arkansas gefahren und haben dort geheiratet«, erwiderte sie. »Ich heiße jetzt Tanya Norris.«
Sam und ich starrten Tanya einen Augenblick lang einfach nur schweigend und staunend an.
»Herzlichen Glückwunsch!«, rief ich schließlich. »Du wirst bestimmt richtig glücklich werden.« Bei Calvin war ich mir da zwar nicht so sicher, aber immerhin war es mir gelungen, etwas Nettes zu sagen.
Sam stimmte in die Gratulation mit ein und fand all die richtigen Worte. Tanya zeigte uns ihren Ehering, ein breites goldenes Exemplar, und nachdem sie ihn in der Küche auch Antoine und D'Eriq noch gezeigt hatte, verschwand sie so unvermittelt wieder, wie sie gekommen war, um zurück in die Arbeit zu Norcross zu fahren. Tanya hatte erwähnt, dass Calvin und sie bei Target und Wal-Mart eine Liste mit ein paar Dingen hinterlegt hatten, die sie brauchen konnten. Und so rannte Sam in sein Büro und suchte im Internet eine Wanduhr aus, als gemeinsames Geschenk aller Angestellten des Merlotte's. Er stellte ein Glas auf den Tresen, in das jeder seinen Obolus hineintun konnte, und ich beteiligte mich mit einem Zehner.
Mittlerweile kamen schon die ersten Gäste zum Lunch, und ich musste mich um die Bestellungen kümmern. »Jetzt habe ich's immer noch nicht geschafft, mich mal mit dir zu unterhalten«, sagte ich zu Sam. »Vielleicht, wenn ich mit der Arbeit fertig bin?«
»Sicher, Sook«, erwiderte er und begann, Eistee in Gläser zu füllen. Es war ein warmer Tag.
Als ich eine Stunde lang Drinks und Essen serviert hatte, sah ich zu meiner Überraschung Claude zur Tür hereinkommen. Selbst in verknitterten Klamotten, die er offenbar vom Boden aufgeklaubt hatte, sah er atemberaubend und hinreißend aus. Sein Haar war zu einem unordentlichen Pferdeschwanz zurückgebunden... doch auch das tat seiner Erscheinung keinen Abbruch.
Es war schon fast so viel, dass man ihn dafür hasste, ehrlich.
Claude schlenderte auf mich zu, als käme er jeden Tag ins Merlotte's ... und als hätte es sein freundliches und taktvolles Verhalten von gestern Nacht nie gegeben. »Der Heißwasserboiler ist kaputt«, war alles, was er sagte.
»Hi, Claude. Schön, dich zu sehen«, erwiderte ich. »Hast du gut geschlafen? Das freut mich. Danke, ich habe auch gut geschlafen. Tja, dann kümmerst du dich wohl besser mal um den Heißwasserboiler, wie? Das heißt, falls du duschen und deine Kleider waschen willst. Du erinnerst dich sicher noch, dass ich dich gebeten habe, mir mit einigen Dingen zu helfen, die ich selbst nicht erledigen kann? Du könntest übrigens Hank Clearwater anrufen. Er war schon mal bei mir draußen.«
»Ich kann's mir auch mal ansehen«, sagte da jemand. Als ich mich umdrehte, stand Terry Bellefleur hinter mir.
Terry ist Vietnamveteran und hat einige schreckliche Narben davongetragen - solche, die man sehen, wie auch solche, die man nicht sehen kann. Er war als sehr junger Mann in den Krieg gezogen und als sehr alter Mann zurückgekehrt. Sein rotbraunes Haar wurde langsam grau, aber es war noch voll und auch lang genug, um es zum Zopf zu flechten. Ich war immer prima zurechtgekommen mit Terry, der alles rund um Haus und Garten erledigen konnte, wenn es um Reparaturen ging.
»Das ist wirklich nett«, erwiderte ich. »Aber ich will deine
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