Vor Vampiren wird gewarnt
Hilfsbereitschaft nicht ausnutzen, Terry.« Er war immer freundlich zu mir gewesen und hatte zum Beispiel auch den Schutt meiner abgebrannten Küche weggeschafft, sodass die Bauarbeiter anfangen konnten, eine neue an mein Haus anzubauen. Aber ich hatte mit Nachdruck darauf bestehen müssen, dass er eine faire Bezahlung dafür annahm.
»Kein Problem«, murmelte er, den Blick auf seine alten Arbeitsstiefel gesenkt. Terry lebte von einem monatlichen Scheck der Regierung und von verschiedenen Jobs, die ihn über Wasser hielten. So kam er beispielsweise spätnachts oder frühmorgens ins Merlotte's, um die Tische zu säubern, die Toiletten zu reinigen und die Böden zu wischen. Terry sagte immer, die viele Arbeit würde ihn fit halten, und das stimmte auch, Terry war noch gut in Form.
»Ich bin Claude Crane, Sookies Cousin.« Claude streckte Terry die Hand entgegen.
Terry murmelte seinen eigenen Namen und ergriff Claudes Hand. Dann hob er den Blick und sah Claude an. Terrys Augen waren unerwartet schön, von einem satten Goldbraun und von dichten Wimpern umrahmt. Das war mir noch nie aufgefallen. Weil ich in Terry noch nie den Mann gesehen hatte, wie mir klar wurde.
Nach dem Händedruck wirkte Terry verdutzt. Wenn er auf etwas traf, das nicht zu seiner normalen Alltagsroutine gehörte, reagierte Terry meist ungut, und die Frage war dann nur, in welchem Maße. Doch im Augenblick schien Terry eher verwirrt zu sein als erschrocken oder wütend.
»Äh, soll ich gleich mal rausfahren und 'nen Blick draufwerfen?«, fragte Terry. »Ich hab nämlich 'n paar freie Stunden.«
»Das wäre ganz wundervoll«, sagte Claude. »Ich brauche nämlich meine Dusche, und zwar eine richtig heiße.« Er schenkte Terry ein Lächeln.
»Kumpel, ich bin nicht schwul«, erwiderte Terry, und der Ausdruck in Claudes Gesicht war unbezahlbar. Ich hatte meinen Cousin noch nie zuvor verlegen gesehen.
»Danke, Terry, das ist wirklich nett«, sagte ich forsch. »Claude hat einen Schlüssel, er lässt dich rein. Und wenn du Ersatzteile kaufen musst, gib mir einfach die Rechnungen. Du weißt, dass ich mir das leisten kann.« Ich müsste wohl mal etwas Geld von meinem Sparkonto auf das Girokonto überweisen, aber ich hatte das, was ich mein »Vampir-Geld« nannte, immer noch sicher bei der Bank gebunkert. Und Mr Cataliades würde mir auch noch das Geld der armen Claudine schicken. Irgendetwas in mir entspannte sich immer, wenn ich an diese Beträge dachte. Ich war so oft an der Grenze zur Armut entlanggeschrappt, dass ich daran zwar gewöhnt war, aber es war doch eine große Erleichterung für mich, zu wissen, dass ich einiges Erspartes auf der Bank hatte.
Terry nickte und ging durch den Hinterausgang zu seinem Pick-up. Ich durchbohrte Claude mit einem finsteren Blick. »Dieser Mann ist sehr sensibel«, schärfte ich ihm ein. »Er hat einen schlimmen Krieg hinter sich. Vergiss das nie.«
Claude war leicht errötet. »Ich vergesse es nicht«, sagte er. »Ich bin selbst in Kriegen gewesen.« Er setzte mir noch einen kratzigen Kuss auf die Wange, um mir zu zeigen, dass er sich von der Verletzung seines Stolzes erholt hatte. Ich spürte, wie der Neid aller Frauen im Merlotte's auf mich niederging. »Ich werde vermutlich in Monroe sein, wenn du nach Hause kommst. Danke, Cousine.«
Sam kam zu mir, als Claude zur Tür hinausging. »Elvis hat das Gebäude verlassen«, bemerkte er trocken.
»Nein, den habe ich schon eine Weile nicht gesehen«, entgegnete ich, eindeutig auf Autopilot. Dann schüttelte ich mich. »Tut mir leid, Sam. Claude ist eine Marke für sich, was?«
»Ich habe Claudine eine Weile nicht gesehen. Die ist wirklich amüsant«, sagte Sam. »Claude scheint mir ... mehr der typische Elf an sich zu sein.« Es lag eine Frage in seinem Tonfall.
»Claudine werden wir nicht mehr sehen«, erwiderte ich. »Und soweit ich weiß, werden wir auch keine Elfen außer Claude mehr sehen. Die Portale sind geschlossen. Wie immer das auch funktioniert. Abgesehen davon, dass noch ein oder zwei Elfen um mein Haus herumschleichen.«
»Ich scheine ja eine ganze Menge nicht mitbekommen zu haben«, sagte Sam.
»Ja, das muss ich dir alles mal erzählen.«
»Dann sehen wir uns nachher, wie abgemacht? Wenn du frei hast? Terry kommt später noch mal her und wird ein paar Reparaturen machen, die sich hier so angesammelt haben. Aber heute ist Kennedy für den Tresendienst eingeteilt.« Sam wirkte etwas besorgt. »Ich hoffe, Claude macht sich nicht noch einmal an Terry
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