Vor Vampiren wird gewarnt
kam. Da sein Schöpfer in der Nähe war, konnten Eric und ich kaum offen miteinander sprechen, falls er das überhaupt gewollt hätte. Er verhielt sich nämlich gar nicht mehr so wie mein Schatz, jetzt, da sein Vater im Haus war. Das konnte vielerlei Gründe haben. Mir gefiel allerdings kein einziger davon.
Kurz darauf fuhren die drei Vampire nach Shreveport. Appius Livius dankte mir auf so gleichmütige Art für meine Gastfreundschaft, dass ich nicht wusste, ob es nicht der reine Sarkasmus war. Eric war schweigsam wie ein Stein. Und Alexej, der wieder so ruhig und reizend war, als wäre er nie ausgerastet, schloss mich kühl in die Arme. Es fiel mir äußerst schwer, das alles gelassen hinzunehmen.
Drei Sekunden, nachdem sie aus der Tür waren, hing ich am Telefon.
»Fangtasia, hier werden all Ihre blutigsten Träume wahr«, ertönte eine gelangweilte Frauenstimme.
»Pam. Hör zu.«
»Der Hörer klebt quasi an meinem Ohr. Sprich.«
»Appius Livius Ocella ist aufgekreuzt.«
»Ach du heilige Zombiescheiße!«
Ich war nicht sicher, ob ich mich nicht verhört hatte. »Ja, er war hier bei mir. Er ist dein Großvater, oder? Ach egal, er hat einen neuen Protégé dabei, und sie sind jetzt auf dem Weg zu Eric, wo sie den Tag verbringen wollen.«
»Was will er?«
»Das hat er noch nicht gesagt.«
»Wie geht's Eric?«
»Er ist total angespannt. Und es ist jede Menge passiert, aber das wird er dir alles selbst erzählen.«
»Danke für die Warnung. Ich fahre gleich zu Eric. Du bist meine Lieblingsatmende.«
»Oh. Hm... großartig.«
Pam legte auf. Ich fragte mich, ob sie irgendwelche Vorbereitungen treffen wollte. Mussten jetzt alle Vampire und Menschen, die in dem Shreveporter Nachtclub arbeiteten, in einer Art Putzwahn Erics Haus auf Vordermann bringen? Ich hatte dort bislang nur Pam und Bobby Burnham gesehen, obwohl ich annahm, dass von Zeit zu Zeit auch mal einige der Mitarbeiter vorbeikamen. Oder wollte Pam ein paar willige Menschen hinfahren, so quasi als Betthupferl?
Ich war zu angespannt, um auch nur daran zu denken, ins Bett zu gehen. Was immer Erics Schöpfer hier auch wollte, es würde mir sicher nicht gefallen. Und dass Appius Livius' Anwesenheit schlecht für unsere Beziehung war, wusste ich bereits. Während ich unter der Dusche stand - und bevor ich die feuchten Handtücher aufsammelte, die Eric auf dem Boden liegen gelassen hatte -, dachte ich noch einmal gründlich nach.
Die Pläne von Vampiren können ziemlich verworren sein. Aber ich versuchte mir vorzustellen, welchen Sinn der überraschende Besuch des Römers haben könnte. Er war ja wohl kaum nach Amerika, nach Louisiana, nach Shreveport gekommen, um den neuesten Klatsch und Tratsch zu hören.
Vielleicht brauchte er ein Darlehen. Das wäre nicht allzu schlimm. Eric könnte sicher noch mehr Geld verdienen. Ich hatte zwar keine Ahnung, wie Eric finanziell dastand, aber ich hatte einen kleinen Notgroschen auf der Bank, seit mir aus Sophie-Annes Nachlass das Geld ausgezahlt worden war, das sie mir geschuldet hatte. Und das, was Claudine auf ihrem Bankkonto gehabt hatte, würde noch dazukommen. Wenn Eric es brauchte, konnte er es haben.
Aber was, wenn es nicht um Geld ging? Vielleicht musste Appius Livius sich ja verkriechen, weil er anderswo in Schwierigkeiten geraten war. Vielleicht waren irgendwelche Bolschewiken-Vampire hinter Alexej her! Interessant. Dann könnte ich immerhin darauf hoffen, dass sie Appius Livius irgendwann schnappten ... solange es nicht in Erics Haus geschah.
Oder vielleicht war Erics Schöpfer von Felipe de Castro und Victor Madden umschmeichelt worden. Wollten sie Eric etwas abluchsen, das er nicht aufzugeben bereit war, und sollte Appius Livius dabei die Fäden ziehen?
Am wahrscheinlichsten erschien mir aber dieses Szenario: Appius Livius Ocella war mit seinem neuen Lustknaben einzig und allein hier vorbeigekommen, um Eric aufzumischen. Darauf hätte ich wetten können. Appius Livius war schwer einzuschätzen. In manchen Momenten schien er ganz in Ordnung zu sein, und es wirkte, als würde er Eric und auch Alexej wirklich mögen. Und was die Beziehung von Erics Schöpfer und Alexej anging: Der Junge wäre schließlich gestorben, wenn Appius Livius nicht eingeschritten wäre. Doch wäre es angesichts der Umstände - Alexej hatte die Ermordung seiner ganzen Familie samt Dienern und Freunden miterlebt - nicht vielleicht ein Segen gewesen, wenn er den Zarewitsch hätte sterben lassen?
Ich war sicher, das Appius
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