Vor Vampiren wird gewarnt
Livius Sex mit Alexej hatte, konnte aber überhaupt nicht einschätzen, ob Alexej sich so passiv verhielt, weil er in einer aufgezwungenen sexuellen Beziehung steckte oder weil er dadurch, dass viele Male auf seine Familie geschossen und mit Bajonetten eingestochen wurde, dauerhaft traumatisiert war. Mich schauderte. Ich trocknete mich ab, putzte mir die Zähne und hoffte, dass ich trotz allem würde schlafen können.
Dann fiel mir ein, dass ich noch einen weiteren Anruf machen sollte. Sehr widerwillig rief ich Bobby Burnham an, Erics Mann für den Tag. Bobby und ich hatten uns noch nie gemocht. Bobby war seltsamerweise eifersüchtig auf mich, obwohl er sich von Eric sexuell überhaupt nicht angezogen fühlte. Bobbys Ansicht nach lenkte ich Erics Aufmerksamkeit und Energie zu sehr vom eigentlichen Zentrum ab, das Bobby selbst und die Geschäftsangelegenheiten waren, die er für Eric während dessen Tagesruhe erledigte. Und ich hatte was gegen Bobby, weil er mich nicht einfach nur insgeheim ablehnte, sondern aktiv versuchte, mir das Leben schwer zu machen, was noch mal eine ganz andere Dimension war. Aber wir hatten eben beide mit Eric zu tun.
»Bobby, hier spricht Sookie.«
»Mein Telefon hat Anruferkennung.«
Mr Mürrisch. »Bobby, ich glaube, Sie sollten wissen, dass Erics Schöpfer in der Stadt ist. Seien Sie vorsichtig, wenn Sie zu Eric gehen und sich Ihre Anweisungen abholen.« Bobby wurde normalerweise, kurz bevor Eric sich zur Tagesruhe begab, instruiert, außer wenn Eric bei mir zu Hause blieb.
Bobby ließ sich Zeit mit seiner Antwort - vermutlich weil er herauszufinden versuchte, ob ich ihm einen raffinierten Streich spielen wollte.
»Wird er mich beißen wollen?«, fragte er. »Der Schöpfer?«
»Ich weiß nicht, was er wollen wird, Bobby. Ich dachte nur, ich sollte Sie vorwarnen.«
»Eric wird nicht zulassen, dass er mich verletzt«, sagte Bobby zuversichtlich.
»Nur als generelle Info - wenn dieser Typ sagt: >Spring<, muss Eric fragen: >Wie hoch?<«
»Nie im Leben!«, entgegnete Bobby. Für Bobby war Eric das mächtigste Geschöpf unter dem Mond.
»Doch, im Vampirleben. Vampire müssen ihrem Schöpfer bedingungslos gehorchen. Das ist keine Lüge.«
Das musste eigentlich auch Bobby schon mal gehört haben. Ich wusste, dass es einige Webseiten und Internetforen für menschliche Vampirassistenten gab. Dort wurden sicher alle möglichen praktischen Tipps darüber ausgetauscht, wie man am besten mit seinem Arbeitgeber umging. Egal, aus welchem Grund auch immer, Bobby diskutierte nicht und warf mir auch nicht vor, dass ich ihn zu täuschen versuchte, was mal eine ganz nette Abwechslung war.
»Okay«, sagte er. »Ich stell mich drauf ein. Was... Was für ein Mensch ist Erics Schöpfer denn?«
»Von Mensch kann da überhaupt keine Rede mehr sein«, erwiderte ich. »Und er hat einen dreizehn Jahre alten Lustknaben, der zur russischen Zarenfamilie gehörte.«
Nach einem langen Schweigen sagte Bobby: »Danke. Es ist gut, dass ich darauf vorbereitet bin.«
Das war das Netteste, was er je zu mir gesagt hatte.
»Gern geschehen. Gute Nacht, Bobby.« Und mit diesen Worten legte ich auf. Es war uns tatsächlich gelungen, ein absolut höfliches Gespräch miteinander zu führen. Amerika, durch Vampire vereint!
Ich zog mir ein Nachthemd an und kroch ins Bett. Trotz aller Aufregung musste ich versuchen, etwas zu schlafen, doch es dauerte eine ganze Weile, bis es so weit war. Ich sah immer noch das Licht der Laterne auf der Waldlichtung tanzen, während die Erdhaufen zu beiden Seiten von Basims Grab höher und höher wurden. Und ich sah das Gesicht des toten Werwolfs vor mir. Doch irgendwann verschwammen die Konturen seines Gesichts und Dunkelheit umfing mich.
Am nächsten Morgen erwachte ich recht spät aus schwerem Schlaf. Doch als ich erst mal wach war, wusste ich sofort, dass in der Küche jemand kochte. Ich forschte mit meinem zusätzlichen Sinn nach und fand heraus, dass es Claude war, der Frühstücksspeck und Eier briet. Und in der Kanne war Kaffee, doch das merkte ich auch ganz ohne Telepathie. Ich konnte es riechen. Der Duft des Morgens.
Nach einem Abstecher ins Badezimmer wankte ich die Diele entlang in die Küche. Claude saß am Tisch und aß. Ich sah in die Kaffeekanne. Ein Glück, es war auch für mich noch genug drin.
»Da ist auch was zu essen.« Claude zeigte auf den Herd.
Mit einem Teller und einem Becher setzte ich mich zu ihm. Dieser Tag begann ja recht vielversprechend. Ich sah auf
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