Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
relativ einfachen Grund. Ich wurde damals für zwölf Monate zum Wehrdienst eingezogen und habe freiwillig verlängert. Der Unteroffizierslehrgang dauerte ein halbes Jahr, doppelt so lange wie der Fahnenjunkerlehrgang in der Offizierslaufbahn. Deshalb habe ich mich dafür entschieden, ich wollte einfach eine intensive Ausbildung bekommen. Und ich sage ganz offen, dass es mir Spaß gemacht hat mit den Kameraden, die in der Unteroffizierslaufbahn standen, zu dienen. Ich bin am Anfang doof angeguckt worden, so als Abiturient und auch noch Herr von und zu, aber das hat sich sehr schnell gelegt. Ich habe noch wirklich gute Freunde aus dieser Zeit. Einen davon habe ich in Afghanistan wiedergesehen, er ist jetzt Offizier.
Wie war das Wiedersehen?
Er hat sich auch sehr gefreut, wir stehen immer noch in Kontakt. Wir haben uns bei meiner letzten Afghanistan-Reise getroffen, an dem Vorposten, an dem wenig später drei Bundeswehrsoldaten hinterrücks ermordet wurden, nicht mal 24 Stunden, nachdem ich abgereist war.
Und Ihr Freund blieb unverletzt?
Gottlob. Er ist ein exzellenter Soldat, es war eine große Freude, ihn wiederzusehen.
|101| Haben Sie bei der Bundeswehr ein Gefühl dafür bekommen, dass Sie mit Leuten gut können, die eine andere Herkunft haben als Sie?
Dazu wurde ich immer erzogen. Nachdem ich meine Schulzeit nicht nur in Guttenberg, sondern auch im oberbayerischen Neubeuern und Rosenheim verbracht habe, kam ich auch gar nicht auf die Idee, irgendwie anders zu sein. Mir hat der Kontakt zu Menschen immer unglaublich viel Freude bereitet, ganz egal, welchen Hintergrund sie hatten. Das war sicher auch Teil meiner politischen Leidenschaft. Es gibt nicht furchtbar viel, was ich seit meinem Rücktritt vermisse, aber dieser ständige Kontakt zu Menschen unterschiedlicher Herkunft gehört dazu. Der gehört zwar zu jedem normalen anderen Berufsleben auch, aber in der Politik ist er besonders facettenreich.
Wenn es Ihnen bei der Bundeswehr so gut gefallen hat, warum sind Sie dann nicht Berufssoldat geworden?
Ich wollte Jura studieren, das ist wieder so eine Ironie meiner Geschichte. Das wurde auf den Universitäten der Bundeswehr nicht gelehrt.
Sie wollten Karriere machen?
Ja. Und meine Familie hatte mir schon sehr früh bedeutet, dass ich später den Betrieb übernehmen soll. Das wäre mit zwölf Jahren Bundeswehr nur schwer unter einen Hut zu kriegen gewesen. Ich musste mich auch während des Studiums um betriebliche Dinge kümmern.
Als Sie 1991 Abitur gemacht haben, wie viele Ihrer Klassenkameraden sind da zur Bundeswehr gegangen?
|102| Erschreckend wenige, es war eine verschwindende Minderheit.
Und warum sind Sie dort hingegangen?
Ich wollte das. Mich hat die Ausbildung gereizt, ich wollte ausprobieren, ob das ein Beruf für mich sein könnte und erfahren, was es heißt, sich wirklich unterordnen zu müssen und sich zu bescheiden.
Ist Ihnen das schwergefallen?
Nein, erstaunlicherweise nicht. Ich hatte es zunächst vermutet. Aber es hat mir gefallen, Leistungsmaßstäbe vorzufinden und Verantwortung zu übernehmen. Anders als zu Schulzeiten konnte man nicht auch mal eine Stunde sausen lassen, wenn man keine Lust hatte, das ist bei der Bundeswehr nicht möglich. Die Gebirgsjäger fand ich mit ihren harten physischen Anforderungen damals auch faszinierend, das kam auch noch dazu. Unter dem Strich hat das alles gepasst. Ich habe dort eine sehr erfüllende Zeit verbracht.
Haben Sie nie so etwas wie Schikane erlebt?
Natürlich gab es auch Erlebnisse, bei denen ich mich gefragt habe: Muss man jetzt wirklich vier oder fünf Tage bei Tiefstgraden im Winterbiwak in den bayerischen Alpen schlottern? Manchmal habe ich die Sinnhaftigkeit einer Aufgabe schon in Frage gestellt. Auf der anderen Seite haben solche Erlebnisse die Truppe unheimlich zusammengeschweißt, gerade in solchen Momenten bilden sich Freundschaften heraus oder werden auf die Probe gestellt. Ich habe damit keine schlechten Erfahrungen gemacht. Als Verteidigungsminister habe ich mich dann aber sehr deutlich gegen sinnlosen Drill |103| ausgesprochen. Eine gewisse Härte muss allerdings herrschen, denn man bildet diese jungen Menschen dafür aus, dass sie in Extremsituationen Verantwortung übernehmen und überleben müssen. Und da können Sie sich als Vorgesetzter nicht für jede Liegestütze entschuldigen, die Sie Ihren Rekruten abverlangen.
Wie würden Sie das Verhältnis beschreiben, das Sie als Verteidigungsminister zur Truppe hatten?
Der
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