Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht
Kriegsende von den Nazis hingerichtet worden. Legendenbildung nutzt niemandem, aber ich finde es problematisch, wenn man das Hauptaugenmerk auf bestimmte Schwächen legt, um damit die Tat herabzuwürdigen – und um auch die Kraft und den Mut, den diese Menschen besessen haben, in einem weniger hellen Licht erscheinen zu lassen.
Mit dem Wort »Held« gehen Sie in diesem Zusammenhang sehr vorsichtig um?
Ja, aber ich glaube nicht, dass man es aus dem Sprachgebrauch verbannen muss.
Sie haben es bei einer Trauerfeier für gefallene deutsche Soldaten benutzt.
Ja.
Bewusst gewählt?
Sehr genau überlegt, ja.
Wo ist die Analogie zum Widerstand von Graf Stauffenberg?
Ich glaube, das ist kaum vergleichbar. Man muss mit Analogien vorsichtig sein, weil man damit beiden Seiten Unrecht tut.
|120| Was ist heldenhaft am Tod eines deutschen Soldaten, der in Afghanistan in einen Hinterhalt geraten ist?
Manche Soldaten haben anderen in einem solchen Hinterhalt das Leben gerettet, bevor sie selbst gefallen sind – ich will und werde diese Soldaten als Helden bezeichnen. Damit erweist man ihnen die Ehre, die sie verdienen. Trotz aller berechtigten Vorbehalte gegen den Begriff.
Sie haben einen anderen umstrittenen Begriff verwendet, als Sie mit Blick auf den Einsatz in Afghanistan von »kriegsähnlichen Zuständen« gesprochen haben.
Ja, und danach auch unumwunden vom »Krieg«. Das war nötig, weil es die Realität widerspiegelt und den rechtlichen Status unserer Soldaten im Einsatz verbessert hat. Aber wir haben uns damit über Jahre ungemein schwer getan.
Verhilft es dem Afghanistan-Einsatz, den die meisten Deutschen ablehnen, zu mehr Akzeptanz, wenn man gefallene Soldaten zu Helden erklärt?
Es geht zunächst einmal darum, den Menschen in Deutschland den Einsatz verständlicher zu machen. Das ist der erste Schritt, den wir zu gehen haben. Auf dieser Grundlage kann dann hoffentlich auch Akzeptanz wachsen. Wobei ich mich keiner Illusion hingebe: Diejenigen, die den Afghanistan-Einsatz akzeptieren oder sogar begrüßen, werden in Deutschland nie in der Mehrheit sein.
Es kann aber auch Heldenpathos entstehen, das manipulativ wirkt.
Ja, das kann durchaus passieren. Umso klarer muss man den Begriff begründen.
|121| Seit der erneuten Heirat Ihrer Mutter gibt es in Ihrer Familie eine weitere Person, deren Name untrennbar mit dem Nationalsozialismus verbunden ist, allerdings mit der anderen Seite: Ihr Stiefvater ist Adolf von Ribbentrop, Sohn des ehemaligen Reichsaußenministers und Patenkind Adolf Hitlers. Haben Sie noch Kontakt zu ihm?
Ja, natürlich. Und ich habe ihn als einen wundervollen Menschen schätzen und lieben gelernt. Ich glaube nicht ansatzweise an den idiotischen Gedanken der Sippenhaft. Deswegen bitte ich um Verständnis, dass ich diesen Aspekt nicht weiter vertiefen möchte.
Auch Ihr Vater hat nach der Scheidung wieder geheiratet. Stimmt es, dass seine jetzige Frau, die nur wenige Jahre älter ist als Sie, die Tochter eines in der Wolle gefärbten italienischen Kommunisten ist?
Ja.
Wie bei Don Camillo und Peppone!
Ich erinnere mich an wunderbare Diskussionen zwischen meinem Vater und diesem beeindruckend geradlinigen kommunistischen Herrn.
In welcher Sprache haben sich die beiden unterhalten?
Ein Dirigent tut gut daran, wenigstens ein paar Brocken Italienisch zu beherrschen. Die beiden haben geradebrecht, es war ein Sprachengemisch. Trotzdem entstand eine hochpolitische Diskussion. Das war schon bizarr, aber die Situation war von großer Liebenswürdigkeit geprägt, man hat sich gegenseitig ernst genommen. Das hat bei uns immer eine Rolle gespielt: Ganz egal, wie verquer jemand in seinen Ansätzen ist, so lange er sie mit Überzeugung und Geradlinigkeit vertritt, ist ihm mit Respekt |122| zu begegnen. Nur wenn man merkt, dass jemand beginnt, gewisse Dinge zu instrumentalisieren, ist Misstrauen angebracht. Aber geradlinige Kommunisten sind gelegentlich in unserem Haus ein- und ausgegangen.
Der Vater Ihrer Stiefmutter blieb Kommunist, auch nach dem Fall der Mauer?
Der blieb Kommunist bis zum Schluss, ja. Er hat sich in Oberbayern begraben lassen. Bei der Beerdigung spielte eine Blaskapelle, und die »Internationale« kam vom Plattenspieler. Das war sein Wunsch.
Waren Sie dabei?
Ja, wir Kinder waren dabei. Das war unglaublich.
Und Sie standen mit geballter Faust am Grab?
Höchstens mit der Faust in der Tasche. Die Internationale steht ja auch nicht im Gotteslob …
Wie hat die bayerische
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