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Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht

Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht

Titel: Vorerst gescheitert – Wie Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Fall und seine Zukunft sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Theodor zu Giovanni; Guttenberg di Lorenzo
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sozialen, sondern an der erlebten Klasse eines Menschen fest.
    Glauben Sie, dass solche Eigenschaften vererbt werden können?
    Ich glaube nicht an genetische Determination. Aber in manchen aristokratischen Familien gibt es Erziehungsmaßstäbe, die von Generation zu Generation weitergegeben |132| werden. Aber das finden Sie in einer alten Bauernfamilie ganz genauso.
    In fast allen aristokratischen Familien, die ich kenne, gilt übertriebener Ehrgeiz als spießig.
    Auch dieses Phänomen kann in einer bräsigen Freiherrnfamilie ebenso vorkommen wie in einer Familie Müller-Lüdenscheidt.
    Menschen, die aus einfacheren Verhältnissen stammen, haben vielleicht eine größere Motivation, sich emporzuarbeiten und durch Leistung etwas Besonderes zu werden.
    Ich glaube, das ist in sogenannten adligen Familien ganz genauso. Übertriebener Ehrgeiz ist natürlich etwas anderes.
    Wie groß ist Ihr eigener Ehrgeiz?
    Ausgeprägt. Aber es geht dabei nicht um mich, sondern um diejenigen, denen zu dienen man berufen ist. Und die Menschen, die einem anvertraut werden. Je größer ihre Zahl ist, desto größer muss der Ehrgeiz sein. Und er kann sich dann auch mal überschlagen. Aber der Ehrgeiz, der nur auf die eigene Person bezogen ist, sollte nie zu groß werden. Ob man vor dem immer gefeit ist – wer weiß?
    Halten Sie Ihr Verständnis von aristokratischen Tugenden in Adelskreisen für mehrheitsfähig?
    Muss ich mich nach Mehrheiten ausrichten? Vieles was ich in den letzten Jahren gesagt habe, war vordergründig alles andere als mehrheitsfähig. Bis hin zur Abschaffung der Wehrpflicht.
    |133| Kennen Sie aristokratischen Dünkel?
    Ja. So etwas ist mir schon sehr früh auf den Wecker gegangen. Ich habe mich darüber auch immer lustig gemacht.
    Haben Männer wie Stauffenberg oder Ihr Urgroßonkel dazu beigetragen, das Image des Adels in Deutschland aufzupolieren?
    Nur bedingt. Es gab ja auch andere Verhaltensweisen während des Dritten Reichs. Ihr Widerstand war aber zumindest ein Ausgangspunkt für manche Debatte. Heute ist es so, dass die meisten Adligen zwar ihren Titel tragen, was der Rechtslage entspricht, ansonsten aber ein ganz normales Leben führen. Daneben gibt es einige, die meinen, einen glanzvollen Namen vor sich hertragen und auf glanzvollen Partys erscheinen zu müssen, dann aber durch alles andere als glanzvolles Verhalten auffallen und Prinzipien mit Füßen treten.
    Und doch sind viele Menschen auch heute noch von Adelstiteln fasziniert.
    Na ja, dass ein langer Name zur Polarisierung führen kann, merkt man schon, wenn man eine Grenze übertritt. Wenn ich meinen Pass vorzeige, kommt es schon mal vor, dass einige Grenzbeamte in schallendes Gelächter ausbrechen. Oder sie geraten in Verzweiflung, wenn das Screening nicht funktioniert und sie meinen Namen eintippen müssen.
    |134| »Ich sah die latente Gefahr, überschätzt zu werden« – Faszination und Preis der Macht
    Die Deutschen gelten gelegentlich als ein Volk von Neidern. Haben Sie sich oft beneidet gefühlt?
    Nur in manchen Kommentaren war so etwas zu spüren. Und natürlich gibt es auch in der Politik Neid. Politik ist ein Geschäft, das, wie jedes andere auch, von menschlichen Regungen, auch von Missgunst geprägt ist. Wenn jemand in erstaunlicher Geschwindigkeit gewisse berufliche Hürden nimmt, werden Sie solche Reflexe wahrscheinlich in nahezu jedem Beruf feststellen.
    Wie äußern sich solche Reflexe?
    In schlichten Umgangsformen der Menschen miteinander. Durch Distanz oder durch eine besondere Nähe. Oder durch plötzliches Umdrehen. Das ist nicht anders als in der Führungsebene eines großen Unternehmens, in der Konkurrenz um Positionen herrscht. Man kann nur für sich selbst hoffen, dass man möglichst neidfrei ist.
    Sind Sie das?
    Ich hoffe schon. Aber ich gebe zu, dass ich in den letzten Jahren manchmal neidisch war auf Menschen, die ein komplett selbstbestimmtes Leben führen können und viel persönliche Freiheit haben. Aber das habe ich nicht als ungesunden Neid empfunden, sondern eher als Ansporn, es selbst besser zu machen.
    Wenn es im politischen Betrieb so zugeht wie in jedem anderen Unternehmen, warum haben Sie dann, als Sie noch Minister waren, Freunden gegenüber immer wieder Ihr Erschrecken über den politischen Alltag zum Ausdruck gebracht?
    |135| Im politischen Alltag werden die Dinge oft nicht in der Tiefe betrachtet und ergründet. Der Rhythmus lässt dies kaum zu. Unglaublich viel wird auf Ad-hoc-Ebene entschieden. Dem kann man sich

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