Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
Cutrone. Von der Universität in Brooklyn. Wir, ähm, wir haben uns ein paarmal getroffen. Ich würde gerne mit Ihnen, ähm, mit Ihnen sprechen. Können Sie mich bitte unter dieser Nummer anrufen …«
Oh, war das flüssig! Und zur Hölle, warum hatte ich mich als »Doktor« bezeichnet? Drei Jahre hatte ich an meiner Doktorarbeit gesessen, und dafür hatte ich den Titel reserviert – um einem Callboy an einem heißen Junitag eine Nachricht zu hinterlassen?
Zwei Stunden später rief Devin mich zurück.
»Eine Kollegin hat mir Ihre Nummer gegeben«, sagte ich mit bebender Stimme. »Hoffentlich war das in Ordnung.«
»Na sicher, absolut. Was kann ich für Sie tun?«
»Na ja, ich würde mich gerne mit Ihnen treffen, aber nicht geschäftlich.«
»Wie meinen Sie das?«
»Ich meine, ich brauche einfach eine Beratung.«
Es kam mir sehr lang vor, bis er lachte.
»Wie süß«, sagte er. »Okay.« Ich konnte sein Lächeln durchs Telefon hören. »Wollen wir uns im
Hotel W
treffen?«
»Ich wohne auf Long Island, vielleicht erinnern Sie sich. Gibt es nicht etwas in der Mitte? Wie wär’s mit dem
Junior’s
in Brooklyn?« Ich hatte keine große Lust, so weit zu fahren, aber das war nur fair. Außerdem war es eine Weile her, seit ich den letzten Käsekuchen gegessen hatte.
»Okay. Wann?«
»Wann passt es Ihnen?«, fragte ich ihn.
»An Wochentagen zwischen eins und vier.«
»Wie wär’s mit Dienstag um zwei Uhr?«
»Ich trag’s in mein Blackberry ein«, sagte er.
»Ich auch«, sagte ich und kritzelte den Termin auf eine Serviette.
»Danke. Bis dann.«
Ich legte auf. Mein Herz raste.
Was zur Hölle gibt’s denn da zu lächeln?
Die Tage bis Dienstag verbrachte ich damit, mich abzulenken. Ich ging zur Roosevelt Field Mall und probierte ein Teil nach dem nächsten an (aber nichts, buchstäblich nichts sah gut aus, denn ich hatte keinen Körper für Sommerklamotten), und ich legte mich mit einer vollen Ladung Sonnenblocker an den Jones Beach, denn ich hatte Angst, einen eitrigen Sonnenbrand zu bekommen und mit einem Gesicht voller Bläschen im
Junior’s
aufzutauchen. Ich ging sogar mit meiner Mutter Mittagessen, woran man sehen konnte, wie aufgeregt ich war, wenn ich ihr auch nichts davon sagte – selbst Maggie wusste nichts von der Verabredung.
Als ich die Tür zum
Junior’s
öffnete, hüllte mich gleich der Geruch von Gebackenem und Kaffee ein. Nur zwei Straßen von der Uni entfernt, war
Junior’s Restaurant
ein Wahrzeichen New Yorks, den Einwohnern Brooklyns so vertraut wie die Brooklyn Bridge oder früher einmal Ebbets Field. Die Einrichtung in Herbstfarben und die schwarz-weißen Fotos von Ansichten New Yorks waren einladend, aber der Käsekuchen – oh, der Käsekuchen! Wenn Restaurants in Massachusetts mit ihrem sogenannten »New Yorker Käsekuchen« warben, dann hofften oder beteten sie, dass er auch nur halb so gut war, wie der Käsekuchen von
Junior’s
, den jemand nicht ganz aufgegessen hatte (wenn ich mir auch nicht vorstellen konnte, wie man auch nur ein Krümchen davon übrig lassen konnte). Es musste im
Junior’s
auch noch anderes geben, wenn ich auch keine Ahnung hatte, was. Als ich einmal zufällig auf die Internetseite gestoßen war, über die man sich fast überall auf der Welt den Käsekuchen bestellen konnte, nahm ich ihnen das fast übel, wie ein Kind, das seine Freundinnen nicht mit dem Stadthaus seinerBarbie Corvette spielen lassen wollte. Einige Dinge wollten eher heimlich genossen werden. (Jedenfalls solange ich davon erfuhr.) Einige Dinge sollten nicht so leicht zu bekommen sein – man sollte sie sich erst verdienen. Dann wüsste man sie auch mehr zu schätzen.
Selbst mitten am Tag liefen Hilfskellner und Ober geschäftig zwischen den Kunden aus aller Welt umher. Als ich darauf wartete, einen Tisch angewiesen zu bekommen, und einen Schluck Wasser aus der Plastikflasche nahm, die ich immer mit mir herumtrug, spürte ich eine leichte Berührung auf der Schulter. Ich drehte mich um und versuchte krampfhaft, meine Gesichtsmuskeln davon abzuhalten, in ein breites Lächeln auszubrechen, aber es war schon zu spät. Das Wasser lief mir auf die Bluse.
»Hey«, sagte ich und wusste, dass ich den coolen Auftritt schon vergurkt hatte. Ich schraubte die Flasche zu und steckte sie in meine Westford-Langley-Tasche.
»Hi.« Er trug eine alte Jeans von Gap und ein ausgeblichenes, mitternachtsblaues T-Shirt. Die zerzausten Haare hatte er leicht pomadisiert. Versace war offensichtlich
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