Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
nicht das Einzige, was ihm stand. Ich fühlte mich dagegen altmodisch in meiner cremefarbenen Caprihose und einem braunen, tief ausgeschnittenen T-Shirt. Und weil es so feucht war, saßen meine Haare auch nicht.
Wir wurden in einer Nische platziert, und ohne einen Blick auf die Karte zu werfen, bestellte ich ein Stück Käsekuchen. Mir lief schon das Wasser im Mund zusammen. Er bestellte Kaffee und Rugelach. Zuerst machten wir Small Talk.
»Und wie lange sind Sie schon wieder in New York?«, fragte er mich.
»Ein Jahr am ersten August«, antwortete ich. »Aber ich bin in Northport aufgewachsen.«
»Ach, ehrlich? Ich hätte doch wissen müssen, dass Sie ein Mädchen von der Nordküste sind. Ich komme aus Massapequa.«
»Ich hätte doch wissen müssen, dass Sie von der Südküste sind.«
»Ich wette, wir sind in den frühen Neunzigern zu denselben Tanzclubs in Hempstead gegangen.«
Gott, hoffentlich nicht!
»Warum sind Sie wieder hergekommen?«, fragte er. »Die niedrigeren Lebenshaltungskosten können es nicht gewesen sein.«
»Nein«, erwiderte ich. »Aber ein besseres Jobangebot. Nach meiner Promotion wollte ich voll arbeiten, und meine enge Freundin Maggie …«
»Die, mit der Sie im National Arts Club und in der
Heartland Brewery
gewesen sind?«, warf er ein.
Verdammt gutes Gedächtnis.
»Ja, genau«, gab ich ihm recht. »Also, sie leitet die Schreibkurse an der Uni in Brooklyn, und sie brauchte eine Assistentin und konnte die Dekanin überreden, mich ohne Stellenausschreibung einzustellen, weil es eine Stelle ohne langfristigen Vertrag ist.«
»Mögen Sie Ihren Job?«, fragte er.
»Ja, sehr.«
»Und sind Sie gut darin?«
So, wie er fragte, hatte ich den Eindruck, er wisse die Antwort schon und würde ihr auch zustimmen.
»Ich glaube schon.« Ich machte eine kurze Pause – um selbstbewusster hinzuzufügen: »Ja, ich bin gut darin.« Innerlich lächelte ich, dieses Eingeständnis machte mich auf eine Art und Weise sicher, die ich nicht erwartet hatte.
Ich nahm all meinen Mut zusammen und fragte ihn nach seiner Arbeit, dabei nahm ich aus Versehen einen Schluck Wasser aus seinem Glas. Er war höflich genug, mich nicht darauf hinzuweisen, wenn er auch auf das Glas blickte. Mein Gesicht brannte.
»Wie sind Sie ins Callboy-Geschäft eingestiegen?«, fragte ich ihn, meinen Schnitzer ignorierend.
»Ich wollte auch etwas tun, was ich gut kann und was mir Spaß macht«, sagte er. »Genau wie Sie. Mir macht die Gesellschaft von Frauen Spaß, ich bereite ihnen gerne Vergnügen, und ich bin gut darin. Außerdem bringt es viel Geld.«
»Was machen Sie mit ihnen?«
»Was andere Paare so machen«, antwortete er. »Wir gehen zu Partys, ins Theater – ich habe inzwischen wohl jedes verdammte Musical am Broadway gesehen –, in die Oper, zu Vernissagen, manchmal sogar ins Kino. Manchmal massiere ich sie oder wasche ihnen die Haare …«
»
Sie waschen ihnen die Haare?
«, fragte ich ungläubig.
»Hat Ihnen schon mal jemand die Haare gewaschen?«
»Natürlich.«
»Um elf Uhr nachts in einem Schaumbad mit Kerzen?«
Ich machte eine Pause, um das Bild auf mich wirken zu lassen. Es fühlte sich an, als würde jemand mit einem Streichholz an meiner Wirbelsäule entlangfahren.
»Sind Sie auch in der Badewanne?«, fragte ich.
»Normalerweise nicht. Es geht mehr darum, ihnen Vergnügen zu bereiten.«
»Ich könnte mir vorstellen, dass es ihnen Vergnügen bereiten würde, wenn Sie mit in der Wanne wären«, schlug ich vor.
Devin schüttelte den Kopf. »Die meisten Frauen wollen sich einfach mal verwöhnen lassen, ohne sich Sorgen zu machen, was sie zurückgeben können. Sie finden, dass sie so viel von sich geben und immer versuchen, alle unter der Sonne zufriedenzustellen.« Er beugte sich vor. »Was bereitet
Ihnen
denn Vergnügen, Andi?«
Ich ging in die Defensive. »Versuchen Sie, mich anzumachen?«
Er lehnte sich zurück gegen die gepolsterte Lehne.
»Mann, Sie sind die verklemmteste Frau, der ich je begegnet bin, und dabei kenne ich Sie kaum. Ich habe noch nie einen Menschen erlebt, der so zurückhaltend ist. Sind Sie in einem religiösen Elternhaus aufgewachsen?«
»Ja.«
»Das merkt man. Und was ist Ihnen dann noch passiert?«
Ich wandte den Blick ab. Der Kellner brachte unsere Bestellung.
»Wie Sie eben gesagt haben … Sie kennen mich ja kaum«, begann ich mich zu verteidigen. »Und außerdem finde ich, dass ich ein Recht auf eine gewisse Zurückhaltung habe.«
Ich biss vom
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