Vorgetäuscht: Liebesroman (German Edition)
erinnern, auch mal zu Wort gekommen zu sein. Warum? Es war ja nicht so, als hätten mich meine Brüder total ignoriert. Nein, sie luden mich oft ein, mit ihnen und ihren Freunden bei
Howard Johnson
einen Milchshake zu trinken, oder ließen mich zusehen, wenn sie probten. Ihre Interessen waren auch meine. Aber das beruhte offensichtlich nicht auf Gegenseitigkeit.
»Keine Ahnung«, sagte ich lahm.
»Es ist doch schließlich nur ein Körper«, sagte er.
»Ein Körper ist das eine«, erwiderte ich. »Aber Körperteile sind etwas völlig anderes. Man hat schon das Bedürfnis, zu duschen, wenn man nur
Körperteile
sagt. Jedenfalls in meiner Familie.«
»Das ist doch absurd«, sagte er. »Warum sollte ein
Körper
steril und wissenschaftlich sein oder aber ein Kunstwerk,
Körperteile
aber beschämend und tabu? Das ergibt doch keinen Sinn. Wie können denn Körperteile weniger natürlich oder ästhetisch sein als der ganze Körper?«
»Vielleicht weil ein Körper mehr ist als die Summe seiner Teile?«
»Ich meine es ernst.«
»Ich auch, Dev.« Ich war selbst von meiner spontanen Namensgebung überrascht, fuhr jedoch fort. »Es gibt einige Körperteile, die ich nicht so gerne fotografieren und an die Wand hängen würde. Die Nase zum Beispiel. Eine hässliche Vorwölbung mit haarigen Löchern. Igitt. Hast du schon mal jemanden getroffen, der gesagt hat:
Wow, was hat das Mädchen für eine Nase!
Oder zum Beispiel …«
Devin ging nicht auf meinen Redefluss ein, stand auf, zog die Boxershorts aus, kam in die Wanne und setzte sich mir gegenüber hin. Ich hielt mich so gerade wie möglich, ohne ihm meine nackten Brüste zu zeigen, und versuchte gleichzeitig weiter zurückzuweichen.
»Entspann dich«, sagte er. »Hier ist genug Platz für uns beide. Außerdem sehe ich dich nicht an und berühre dich auch nicht, wenn du es nicht willst. Aber nur für die Akten: Ich habe genug nackte Körper gesehen und berührt, um zu wissen, dass …«
»… dass alle Körper schön sind. Ja, ja, den Spruch kenne ich schon.«
»Das ist kein Spruch«, sagte er verärgert. »Und ich wollte gerade sagen: um einer Frau ihre Hemmungen zu nehmen.«
Er wusste genau, woran er heute Abend arbeiten wollte. Er hatte meine Gedanken gelesen.
»Weißt du was?«, regte er an. »Wir unterhalten uns einfach, worüber du willst. Über Musik, das Wetter … hast du gestern Abend das Spiel gesehen?«
Und so unterhielten wir uns über das Spiel der Yankees, und bevor ich es mich versah, war es, als säßen wir uns im
Junior’s
gegenüber und nicht in einer kerzenbeschienenen Badewanne. Da wurde mir bewusst, dass mein ursprünglicher Widerstand wenig mit Hemmungen zu tun hatte und viel mehr damit, dass ich
wollte
, dass er meinen nackten Körper ansah und berührte, dass er mich begehrenswert fand. Ich strich mit dem Fuß an seiner Wade hoch und dann setzte ich mich vor ihn, und er liebkoste meinen Hals und Rücken mit einem nach Lavendel duftenden Schwamm, während wir leise miteinander sprachen. Ich vergaß meine Hemmungen und auch, dass ich nackt war, und lehnte mich in seine festen, starken Arme. In dieser Nacht verstand ich das Geheimnis, warum seine Klientinnen immer wiederkamen. Er wusste genau, was er tun musste, damit man sich sexy, hemmungslos und schön fand. Als wäre man die einzige Frau auf der Welt.
Aber wie fühlte
er
sich? Erregte ihn das? Musste er mit sich kämpfen, um nicht mehr zu tun, als meinen Rücken einzuseifen? Oder war ich einfach nur eine Klientin für ihn? Hatte er gelernt, wie er sich emotional und körperlich von den Frauen distanzierte, denen er diente? War das denn möglich? Schließlich war er ein Mann. Oder war er vielleicht schwul … konnte es das sein?
Als die Kerzen langsam herunterbrannten und die Schaumbläschen eine nach der anderen platzten, stand er auf und hielt mir ein großes Handtuch hin. Ich versuchte zu sehen, ob er eine Erektion hatte, aber er war zu schnell für mich.
»Hier.« Er schloss die Augen und hielt mir das Handtuchmit ausgestreckten Armen hin, von denen das Wasser herabtropfte. »Bist du so weit?«
Diese Geste berührte mich. Er hatte gerade eine geschlagene Stunde nackt mit mir verbracht, respektierte jedoch meine Privatsphäre ohne Wenn und Aber. Ich stand auf und wickelte mich in das butterweiche Handtuch, das er um mich legte, bevor ich aus der Wanne stieg.
»Mein Gott, das fühlt sich so gut an. Hast du eine ganze Flasche Weichspüler in die Wäsche gekippt?«
»Wie süß.
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