mich nicht mehr so nennen – du hast kein Recht mehr, so mit mir zu reden. Und du hast genau das bekommen, was du gewollt hast, wie kannst du dich hier hinstellen und mir erklären, du hättest einen Fehler gemacht?«
»Das habe ich doch gar nicht gesagt.«
»Nein? Was hast du denn dann gesagt?«
»Ach, vergiss es«, murmelte er.
»Weißt du«, sprach ich weiter, »du hast dich gar nicht verändert, Andrew. Heiklen Fragen gehst du immer noch aus dem Weg. Und du leugnest immer noch, wie es dir geht. Du hast mich angelogen. Schade.«
»Ach, wirklich? Du hast dich zu spät verändert. Und das ist echt schade.«
Wie meinte er das bloß? Ging er davon aus, dass ich seit unserer Trennung mit jemandem Sex gehabt hatte? Hatte er das aus meiner Körpersprache geschlossen? Oder war mir das Vortäuschen so sehr zur zweiten Natur geworden, dass er tatsächlich glaubte, es hätte sich etwas verändert? Oder hatte sich tatsächlich etwas in mir verändert?
»Tja, vielleicht.« Ich versuchte, cool zu bleiben, aber mir ging das Gespräch auf die Nerven. Ich wollte irgendetwas Schlagfertiges sagen – zur Hölle, irgendetwas, worüber er weinen musste wie ein Zweijähriger. Aber verdammt noch mal, mir fiel einfach nichts ein.
»Fick dich ins Knie, Andrew.«
Ohne auf seine Antwort zu warten, ließ ich ihn stehen und ging noch mal zur Toilette. Vor dem Spiegel holte ich tief Luft und tupfte an meinen Augen herum, hatte mich aber schnell wieder im Griff. Ein paar Minuten später ging ich an meinen Tisch zurück, an dem Sam mit zwei Ginger Ales lächelnd auf mich wartete. Gott, waren seine Augen blau.
Kapitel neunzehn
FEBRUAR
An dem Abend, an dem die Language Arts Conference beendet war, begannen wir uns E-Mails zu schreiben. Sam war nach Amherst in Massachusetts zurückgekehrt. Er begann die E-Mails mit dem Fragebogen, der immer am Ende von
Ungeschminkt
kam. Ich antwortete am nächsten Morgen.
An:
[email protected] Von:
[email protected] Betreff: Re: das Wesentliche
Hey Sam. Hier die Antworten.
F: Wie lautet Dein Lieblingswort?
A: Soccer.
F: Und das Wort, das Du am wenigsten magst?
A: Vergewaltigung.
F: Welches Geräusch liebst Du?
A: Das des Ozeans.
F: Welches Geräusch hasst Du?
A: Das Platzen von Luftballons.
F: Was turnt Dich an?
A:
Junior’s
Käsekuchen.
F: Was turnt Dich ab?
A: Ignoranz.
F: Welchen Beruf würdest Du gerne ausüben?
A: Kuchentesterin.
F: Und welchen nicht?
A: Stewardess.
F: Wie heißt Dein Lieblingsschimpfwort?
A: Rabenaas.
F: Wenn es einen Himmel gibt, wie sollte Dich Gott dannan den himmlischen Pforten empfangen?
A: Willkommen in der Ewigkeit. Danke, dass Du Dich für uns entschieden hast.
Jetzt bist Du dran.
Andi
An:
[email protected] Von:
[email protected] Betreff: Re: Das Wesentliche
Andrea,
Du wolltest es so …
Sam
F: Wie lautet Dein Lieblingswort?
A: Fledermausscheiße (zweitplatziert: Affenscheiße)
F: Und das Wort, das Du am wenigsten magst?
A: Gesülze
F: Welches Geräusch liebst Du?
A: Wenn der Regen gegen das Fenster prasselt.
F: Welches Geräusch hasst Du?
A: Das von kreischenden Bremsen (und nein, die Antwort habe ich nicht von Robbie Williams geklaut).
F: Was turnt Dich an?
A: Im Moment? Du. (Guck dir nur den dicken Smiley an.)
F: Was turnt Dich ab?
A: Schlechte Rechtsschreibun und keine gute Gramatik.
F: Welchen Beruf würdest Du gerne mal ausüben?
A: Reiseschriftsteller.
F: Und welchen nicht?
A: Bauarbeiter.
F: Wie heißt Dein Lieblingsschimpfwort?
A: Affenkotze.
F: Wenn es einen Himmel gibt, wie sollte Dich Gott dann an den himmlischen Pforten empfangen?
A: Lang lebe Sam Vanzant!!
Am Nachmittag rief ich ihn in seinem Büro an, um ihn noch etwas zu fragen.
»Deine Definition der Hölle?«
»Der republikanische Nationalkongress«, antwortete er wie aus der Pistole geschossen. »Und Deine?«
Ich dachte kurz nach. »Ein Jimmy-Buffet-Marathon.«
»Oh, das ist aber hart!«, sagte er lachend. Ich konnte mir vorstellen, wie er sich die Brust hielt, als sei er von einem Pfeil getroffen worden.
Ich stöhnte. »Du bist doch wohl kein Fan von ihm, oder?«
»Hätte ich dann etwa keine Chancen mehr bei dir?«
Leider konnte er mein geradezu elektrisierendes Devin-Lächeln nicht sehen.
»Wenn das Entprogrammieren funktioniert, bist du startklar.«
Weitere E-Mails folgten:
An:
[email protected] Von:
[email protected] Betreff: NY gegen NE
Sam,
der fundamentale Unterschied zwischen New Yorkern und