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Vorhang auf für eine Leiche

Vorhang auf für eine Leiche

Titel: Vorhang auf für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Bradley
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beiden in Richtung Treppe davoneilten und sich dabei in ihre dicken Wintermäntel einmummelten.
    Sie taten mir mehr als nur ein bisschen leid. Welche Fantasien jetzt wohl durch ihre Köpfchen spukten? Wahrscheinlich hoffte jede der beiden inständig, dass sie auserwählt war, Phyllis Wyvern in der Hauptrolle zu ersetzen.
    Ich machte mich besser an die Arbeit! Mein kleines Täuschungsmanöver konnte nicht lange vorhalten, und sie würden stinksauer auf mich sein.
    Schon stand ich in ihrem Zimmer und drehte den Schlüssel um, der, wie die meisten Schlüssel auf Buckshaw, auf der Innenseite steckte.
    An der Wand zwischen Fenster und Kommode hing ein Gobelin – ein Überbleibsel aus der Zeit, in der man Gästezimmer wie türkische Harems dekorierte. Der Wandteppich zeigte eine Jagdgesellschaft mit Elefanten und einen Tiger, der sprungbereit zwischen den Dschungelbäumen lauerte.
    Ich zog den Teppich beiseite, musste von der aufwallenden Staubwolke niesen und enthüllte eine kleine getäfelte Tür. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und hörte befriedigt, wie der Riegel mit einem erfreulichen Klick zur Seite sprang.
    Als ich den Knauf drehte, vernahm ich abermals vielversprechende Geräusche, aber die Tür blieb zu.
    Ich stieß leise eine Mischung aus Gebet und Fluch aus. Hätte ich gleich richtig hingeschaut, hätte ich festgestellt, dass die Tür mit Farbe übergemalt war.
    Fünf Minuten in meinem Labor hätten genügt, um ein Lösungsmittel herzustellen, mit dem sich ein Schlachtschiff in null Komma nix abbeizen ließ, aber so viel Zeit hatte ich nicht.
    Ich sah mich kurz im Zimmer um und erblickte eine achtlos auf das Bett geworfene Damenhandtasche. Sofort stürzte ich mich darauf wie der Tiger auf die Maharadschas.
    Taschentuch … Duftwässerchen … Kopfschmerztabletten  … Zigaretten (böses Mädchen!) … und ein kleines Portemonnaie, das dem Gewicht nach höchstens sechs Schilling und sechs Pence enthielt.
    Ha! Ich hatte gefunden, was ich gesucht hatte. Eine Nagelfeile. Sheffielder Stahl. Perfekt!
    Mein Gebet war offensichtlich erhört und mein Fluch mir verziehen worden.
    Ich schob die Klinge der Feile zwischen Tür und Rahmen und arbeitete mich einmal ringsum, wie eine Pfadfinderin, die eine riesengroße Dose Lagerfeuerbohnen aufmacht. Kurz darauf lag ein kleiner Berg Farbflocken vor mir auf dem Boden.
    Jetzt aber! Ein erneuter Dreh am Knauf und ein sanfter Tritt gegen die Unterseite – und die Tür öffnete sich leise ächzend.
    Ich holte tief Luft und betrat die Kammer des Todes.

16
    A uch in diesem Zimmer hing ein staubiger Wandteppich vor der ungenutzten Verbindungstür, den ich erst beiseiteschlagen musste.
    Phyllis Wyverns Leiche lag noch so zusammengesunken im Sessel, wie ich sie gefunden hatte, war aber inzwischen mit einem Laken verhüllt, wie es ein Bildhauer mit einer Statue zu machen pflegt, wenn er kurz zum Mittagessen geht.
    Die Polizei musste mit ihrer Untersuchung fertig sein, und vermutlich wartete man jetzt auf die Ankunft eines passenden Fahrzeugs, mit dem die Tote weggebracht werden konnte.
    Von daher konnte es nicht schaden, wenn ich mich selbst ein wenig umsah.
    Ich hob das Laken behutsam an und passte auf, dass ich ihre Frisur nicht zerstörte, in der immer noch Julias Blumenkranz steckte. Es kam mir vor, als sei er der einzige Schmuck, der ihr noch geblieben war.
    Dabei hatte Phyllis Wyvern noch im Tod etwas Außergewöhnliches an sich, auch wenn der Körper nach vierundzwanzig Stunden mit seiner unaufhaltsamen chemischen Auflösung begonnen und inzwischen ein graues, wächsernes Aussehen angenommen hatte.
    Die schreckliche Blässe ihrer Haut verlieh ihr – von dem geschminkten Gesicht einmal abgesehen – das Aussehen eines Stummfilmstars. Einen Augenblick lang überkam mich das vertraute, beklemmende Gefühl, dass sie vielleicht nur das Statuenspiel spielte, so wie ich es immer mit Feely und Daffy getan hatte  – damals, als sie mich noch nicht hassten –, und dass sie im nächsten Augenblick niesen oder keuchend Luft holen würde.
    Natürlich geschah nichts dergleichen. Phyllis Wyvern war tot, mausetot.
    Ich ging meine Untersuchung sozusagen von Grund auf an. Ich hob den Saum ihres schweren Wollrocks an und sah sofort, dass ihre Beine geschwollen waren und aus den schweren schwarzen Arbeitsstiefeln regelrecht herausquollen.
    Arbeitsstiefel? Die konnten unmöglich ihr gehören!
    Unter Zuhilfenahme meines Taschentuchs, mit dem ich mich davor schützte,

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