Vorhofflimmern
ganz
so viel Schwung, weil ich mich zwischendrin immer wieder selbst ermahnen
musste, nicht andauernd an Desiderio zu denken.
Wir blätterten, betrachteten, kommentierten, diskutierten und
analysierten beinahe zwei Stunden, bis wir endlich den ersten Schritt
vollbracht hatten: Trägerlose A-Linie.
Unsere Freude hielt sich allerdings in Grenzen, weil diese
Passform wohl auf rund 80 Prozent der vorgestellten Modelle zutraf. Dass sich
Vera nach einer Weile auch noch für Weiß entschied, brachte uns dann auch nicht
viel weiter.
Je später der Abend, desto unkonzentrierter wurde ich. Immer
wieder dachte ich an Desiderio. Was er wohl gerade so tat? Hach, ich vermisste
ihn so schrecklich! Seinen Duft, seine Wärme, seine zärtlichen Hände…
„Lena!“
Ich schreckte auf. „Was ist?“
Vera klappte ihren Katalog zu und lächelte milde. „Fahr zu
ihm.“
„Hä?“
„Na los, fahr zu Desiderio! Dein wehleidiges Gesicht ist ja
kaum zu ertragen.“
„Aber ich…“
„Geh schon.“
„Gut, wenn du…“
„Hau endlich ab!“
Ja, wenn Vera mich unbedingt loswerden wollte, dann musste
ich ihrem Wunsch natürlich nachkommen.
Hektisch packte ich meine sieben Sachen und hüpfte hinaus zu
meinem Wagen.
Ich komme, mein Schatz, dachte ich und kicherte dabei
leise in mich hinein. Ein fremder Beobachter hätte mich bestimmt für verrückt
erklärt.
Okay, der Kerl hatte mich wohl wirklich um einen Großteil
meines Verstandes beraubt.
Kapitel 30
Es war 20:30Uhr und die herbstliche
Nacht hatte sich bereits vollkommen auf Wollbach hinabgesenkt. Ich fuhr ohne
Umwege direkt in die Bonzensiedlung, weil ich einfach davon ausging, dass
Desiderio zu Hause war. Er hatte schließlich nichts Gegenteiliges erwähnt.
Und er war da. Das Esszimmer lag auf der zur Straße gewandten
Seite und ich sah schon von weitem, dass darin Licht brannte.
Mein ganzer Körper prickelte vor Vorfreude, als ich meinen
Kombi parkte und ausstieg. Mir war, als hätte ich Desiderio seit Wochen nicht
gesehen, so sehr freute ich mich.
Außerdem wusste ich schon ganz genau, was ich mit ihm jetzt
gleich anstellen würde und alleine die Vorstellung daran trieb mir die Hitze in
die Wangen.
Himmel, er war aber auch ein grandioser Liebhaber!
Während ich durch den Vorgarten schritt, hätte ich am
liebsten mein Glück laut hinaus geschrien. Dieser Mann hatte mich durchwegs
verzaubert. Ich liebte einfach alles an ihm, angefangen von seiner ruhigen
Stimme, bis hin zu seinem sehnigen Sprunggelenk. Oh ja, er hatte geniale
Knöchel. Wirklich seltsam, denn vorher konnte ich mich für diesen Teil eines
Körpers eigentlich nicht so sehr begeistern, doch bei ihm wirkte gerade jener
kleine Abschnitt seines Beines hochgradig erotisch auf mich. Naja, eigentlich
wirkte alles an ihm hochgradig erotisch. Und einzigartig. Und attraktiv. Und…
Ja, es war einfach unglaublich, wie Desiderio sich auf mich
auswirkte.
Ich war schon beinahe bei der Haustüre angelangt, als ich
einen Schatten im Esszimmerfenster bemerkte.
Was er wohl gerade da drin machte?
Okay, es war zwar absolut nicht die feine Art, in der Nacht
durch fremde Fenster zu spähen, aber ich konnte es einfach nicht unterlassen,
einen kurzen Blick auf ihn zu werfen.
Ich trat also ein wenig näher und sah durch das
Esszimmerfenster.
Und erstarrte.
Der Schatten, den ich bemerkt hatte, gehörte nicht zu
Desiderio.
Absolut nicht!
Er war nämlich unverkennbar weiblicher Natur, hatte
schulterlange, blonde Haare und für die zierliche Statur eindeutig viel zu große
Brüste.
Wer, zur Hölle, war die Tussi?
Sie stand vor dem Esstisch und stapelte benutztes Geschirr
übereinander. Geschirr für zwei Personen. Tja, die Putzfrau war sie wohl nicht,
soviel stand fest, denn niemand aß mit seiner Hauhälterin zu Abend.
Wer hatte überhaupt gekocht? Etwa Desiderio selbst? Mir hatte
er doch erst gestern noch erklärt, dass er so etwas nie tat, was das Ganze
schließlich noch beeindruckender auf mich wirken ließ! War das nur ein
berechneter Teil seiner Show gewesen?
Wie aufs Stichwort kam Desiderio aus der Küche. Er hatte sich
locker ein Geschirrtuch über die Schulter geworfen und trat beschwingt zu der
Blonden, um ihr beim Abräumen zu helfen. Die beiden unterhielten sich dabei
fröhlich.
Obwohl ich ihre Worte nicht verstehen konnte, wurde mir
augenblicklich eiskalt.
Aus der Mimik ging klar hervor, dass sich die zwei schon sehr
lange kannten. Ihr Umgang war vertraut und entspannt. Nein, es war sogar
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