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Vorhofflimmern

Vorhofflimmern

Titel: Vorhofflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Danninger
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mehr.
    Verkrampft starrte ich Desiderio an.
    Der Ausdruck in seinen Augen, mit denen er die Blondine
ansah, ging mir durch und durch. Darin lag pure Zuneigung.
    Er mochte diese Frau sehr gerne und freute sich aufrichtig,
sie hier zu haben.
    Mir wurde schlecht.
    Desiderio sagte wohl etwas Freches zu ihr, denn sie
antwortete ihm mit gespielter Entrüstung und wuschelte ihm strafend durchs
Haar. Gemeinsam verschwanden die beiden anschließend lachend in der Küche und
damit aus meinem Blickfeld.
    Schockiert stierte ich vor mich hin und versuchte die Szene
zu verarbeiten.
    Hatte er mich deswegen dazu gedrängt, heute etwas mit Vera zu
unternehmen? Damit er sich mit diesem Miststück treffen konnte?
    Tränen sammelten sich in meinen Augen, als mir etwas ganz
Bestimmtes klar wurde.
    Gestern hatte er seinen Sieg über mich erlangt. Er hatte mich
verführt und hatte damit seine unangefochtene Gewinnstatistik vervollständigt.
    Und jetzt war ich wieder uninteressant.
    Nur eine weitere unbedeutende Frau in seiner langen Liste der
Bettgeschichten.
    Enttäuschung erfasste mich und schnürte mir die Luft ab. Mein
Atem ging schwer, während ich mich um einen klaren Gedanken bemühte.
    Ein scharfer Schmerz durchzuckte meine rechte Hand. Ich sah
darauf hinunter und bemerkte erst jetzt, dass ich meine Finger so sehr um
meinen Autoschlüssel gekrallt hatte, dass sich eine der scharfen Kanten in
meine Haut gebohrt hatte. Ich öffnete langsam die Faust und erkannte sogar
trotz der Dunkelheit, ein wenig Blut darin schimmern.
    Und jetzt?
    Mein Blick wanderte zur Haustür. Ich musste Desiderio zur
Rede stellen. Musste ihm sagen, dass er es geschafft hatte. Und ich sollte ihm
dazu gratulieren und dann einen würdigen Abgang hinlegen.
    Aber ich konnte nicht.
    Ich wollte nur noch weg. Weg von ihm und seiner neuen
Freundin.
    Mechanisch drehte ich mich um und ging langsam durch den
Vorgarten zurück zu meinem Wagen.
    Wie in Trance fuhr ich zurück zu meiner Wohnung. Die ganze
Strecke über war ich von Fassungslosigkeit umhüllt. Kein anderer Gedanke konnte
diese Mauer durchdringen, die mich wie einen Zombi in meine Wohnung lenkte.
    Erst als ich die Tür hinter mir schloss und mich erschöpft
dagegen lehnte, löste sich der Nebel und ließ mich zusammensacken. Tränen der
puren Verzweiflung rannen über mein Gesicht, als ich kraftlos auf den Boden
sank und meine Arme um die Knie schlang.
    Ich hatte mich geirrt.
    Ich hatte mein Vertrauen dem Falschen geschenkt.
    Schon wieder.
    Wie konnte ich nur so blöd sein? Warum hatte ich mich trotz
aller Bedenken auf diesen Schönling eingelassen?
    Und was war eigentlich mit ihm los? Kannte er kein Gewissen?
    Die ganze Zeit über hatte er mir etwas vorgespielt. Hatte
sich in seine Aufgabe mich zu rumzukriegen hineingehängt, als würde ihn ein
Preisgeld erwarten.
    Tja, und diesen Preis musste ich nun bitter bezahlen.
    Eigentlich sollte man Desiderio für den Oskar nominieren.
Seine schauspielerische Leistung war wirklich einzigartig. Er hatte mich
belogen und betrogen, bis ich ihm komplett verfallen war. Nicht einmal, nachdem
ich ihm von meiner Vorgeschichte erzählt hatte, machte er halt. Ohne Rücksicht
auf mich und meine Gefühle, hatte er mir einfach weiterhin seine Zuneigung
vorgegaukelt.
    Aber hatte er eigentlich jemals etwas Verbindliches verlauten
lassen?
    Nein, so poetisch und romantisch seine Aussagen auch waren,
er hatte niemals laut ausgesprochen, dass er etwas Tiefsinniges für mich empfand,
oder gar, dass er mich liebte.
    Das hatte ich zwar auch nicht getan, aber bei war das etwas
anderes. Ich konnte nicht so gewandt mit Worten umgehen, wie er.
    Ich holte mein Handy hervor und schaffte es trotz meiner
zitternden Finger eine SMS an Vera zu schicken: Er hat mich betrogen.
    Ja, das hatte er. In jeglicher Form.
    Und er hatte mich zerstört.
    Bei jedem Atemzug spürte ich die Scherben meines Herzens, wie
sie mir in den Brustkorb stachen.
     
    Vera verzichtete auf eine Antwort und
stand stattdessen keine zehn Minuten später bei mir auf der Matte. Als sie die
Tür aufsperrte, schob sie mich mehr oder weniger über den Flur, um eintreten zu
können, weil ich es noch nicht geschafft hatte aufzustehen.
    Sie quetschte sich durch den schmalen Spalt, den sie
geschaffen hatte und sah mit großen Augen auf mich herunter.
    „Was ist passiert?“
    Ich versuchte zu antworten, bekam aber nur einen
verzweifelten Schluchzer heraus.
    „Hm.“ Sie reichte mir ihre Hände und zog mich ächzend auf die
Beine.

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