Vorhofflimmern
sondieren, aber das würde bedeuten, dass ich wieder einmal
meine Freunde vernachlässigen würde. Ich steckte in einer Klemme zwischen
Verlangen und Anstand.
Vera deutete mein Schweigen mit ihrem unübertrefflichen
Instinkt genau richtig. „Kein Problem, Süße. Triff dich lieber mit deinem Dr.
Sexappeal. Meine Hochzeit ist erst in einem Jahr, aber du bist frisch verliebt,
also geht das natürlich vor.“
Ich verneinte, wenn auch ein wenig zögerlich. „Nein, ich
komme zu dir. Desiderio und ich haben schließlich noch viele gemeinsame Stunden
vor uns.“
„Oh! Das hört sich an, als wäre da jemand eine Beziehung
eingegangen?“
„Sieht wohl ganz danach aus.“
„Mensch, das freut mich so für dich! Aber am besten wir
quatschen später weiter. Du kommst nämlich gerade spät zur Arbeit, weißt du?“
Ich sah fluchend auf die Uhr. Vera kicherte fröhlich, als ich
das Handy zuklappte und mich schleunigst auf den Weg in die Notaufnahme machte.
Sandra und ich erwähnten meine
Beziehung zu Desiderio mit keinem Wort. Ich wusste natürlich, dass sie nur
darauf lauerte, endlich mehr zu erfahren. Doch sie wartete wohl darauf, dass
ich den Anfang machte. Den Gefallen konnte ich ihr leider nicht tun, weil mir
meine Aktion immer noch ein wenig peinlich war, darum vermied ich es penibel
auf den gestrigen Tag zu sprechen zu kommen.
Immer wieder wanderten meine Gedanken zu Desiderio und der
Calla, die ich einfach mitsamt Vase mitgenommen hatte. Ganz vorsichtig hatte
ich sie in meine Jacke eingewickelt, damit es ihr in meinem Auto auch ja nicht
zu kalt wurde und ich mich noch länger an ihr erfreuen konnte. Der Brief war
natürlich auch dabei. Für ihn hatte ich schon einen tollen Platz in meinem
Nachtkästchen reserviert. Dort konnte er seinem Vorgänger Gesellschaft leisten.
Würde ich noch mehr solch schöne Schreiben von Desiderio
bekommen?
Ja, hoffentlich! Meinetwegen sollte er ganzes Buch mit seinen
poetischen Worten befüllen! Niemals würde ich es satt sein, seine gefühlvollen
Worte zu lesen.
Ich ließ Hans gerade einen frischen Kaffee für mich mahlen,
als mein persönlicher Poet die Küche betrat.
Meine Güte, er war wahrlich der Sexgott in Weiß!
„Guten Morgen, die Damen“, begrüßte er uns höflich.
Mein Herz flatterte, als er zu mir ging. In völliger
Selbstverständlichkeit drückte er mir einen Kuss auf die Wange und holte sich
anschließend lässig eine Tasse aus dem Schrank.
Sandras Blick bohrte sich förmlich in meinen Rücken und
beobachtete uns sensationslüstern. Während mir die Hitze in die Wange stieg,
schien Desiderio dies nichts auszumachen. Unbekümmert gab er mir frech mit
seinem Zeigefinger einen Stüber auf die Nase. „Na, du? Hast du gut geschlafen?“
Na schön, wenn er so cool bleiben konnte, dann konnte ich das
wohl auch!
„Wie ein Baby“, schwärmte ich und rückte ein Stück beiseite,
damit er zur Kaffeemaschine konnte. „Wann bist du eigentlich schon
aufgestanden?“
Er zuckte mit den Achseln. „Weiß nicht genau. Aber ich wollte
nicht, dass du das Schlachtfeld in der Küche noch einmal siehst.“
„Ja, da habe ich tatsächlich was Schlimmeres erwartet“,
meinte ich dazu nur.
Mann, warum konnte ich nicht einfach sagen, dass mir sein
Schreiben unwahrscheinlich gut gefallen hat? Dass ich seine Worte liebte? Dass
ich ihn liebte?
Stattdessen verfiel ich ihn verlegenes Schweigen.
„Was hast du heute Nachmittag vor?“, wollte er wissen.
„Naja, weißt du, Vera hat mich gefragt, ob ich mit ihr
Brautmoden angucke.“
„Na, hört sich doch prima an. Sehr spannend.“ Er grinste.
„Ja. Also, so wie ich uns Klatschweiber kenne, wird das
bestimmt länger dauern…“
Ich sah ihn zögerlich an. Keine Ahnung, was ich erwartet
hatte, aber sein Verständnis überraschte mich irgendwie.
„Und du glaubst, dass das ein Problem für mich sein könnte?
Lena, ich hätte zwar wirklich gerne etwas mit dir unternommen, aber ich würde
mich niemals zwischen dich und deine Freunde stellen“, erklärte er ernst.
Ich fand seine Aussage so toll, dass ich Sandras Anwesenheit
komplett vergaß und ihn einfach auf den Mund küsste. „Okay. Dann können wir ja
morgen etwas unternehmen?“
Er zog kurz die Nase kraus. „Da habe ich leider Dienst.“
Sofort ließ die Enttäuschung mir die Kinnlade
herunterklappen. Na, schön. Dann musste Vera eben warten. Bevor ich ihm dies
mitteilen konnte, sprach er schon weiter.
„Ich weiß genau, was du jetzt denkst, aber du wirst
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