Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
Großvater hat mich gebeten, dein Regent zu sein. Hat dir schon jemand erklärt, was das bedeutet?«
Gregor schüttelte stumm den Kopf. Vorkosigan zuckte, auf
Negri blickend, mit den Brauen – eine Andeutung von Tadel.
Negris Gesichtsausdruck änderte sich nicht.
»Das bedeutet, dass ich die Aufgaben deines Großvaters
erfüllen werde, bis du alt genug bist, sie selbst zu erfüllen, wenn du zwanzig Jahre alt wirst. Die nächsten sechzehnjahre werde ich mich an deines Großvaters Stelle um dich und deine Mutter kümmern, und ich werde dafür sorgen, dass du die Erziehung und die Ausbildung bekommst, um gute Arbeit zu leisten, wie es dein Großvater tat. Eine gute Regierung.«
Wusste das Kind überhaupt schon, was eine Regierung war?
Vorkosigan war umsichtig genug gewesen, nicht zu sagen, an deines Vaters Stelle, bemerkte Cordelia nüchtern. Umsichtig genug, Kronprinz Serg überhaupt nicht zu erwähnen. Serg war drauf und dran, aus der Geschichte von Barrayar zu verschwinden, schien es, so gründlich, wie er im Kampf im Weltraum ausgelöscht worden war.
»Für jetzt«, fuhr Vorkosigan fort, »ist deine Aufgabe, eifrig mit deinen Lehrern zu lernen und das zu tun, was deine Mutter dir sagt. Bringst du das fertig?«
Gregor schluckte und nickte dann.
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»Ich glaube, du machst das gut.« Vorkosigan nickte ihm
kräftig zu, so wie er seinen Stabsoffizieren zunickte, und erhob sich.
Ich glaube, du machst das gut, Aral, dachte Cordelia.
»Während Sie noch hier sind, Sir«, begann Negri, nachdem
er kurz gewartet hatte, um sicherzugehen, dass er Vorkosigan nicht ins Wort fiel, »bitte ich Sie, hinabzukommen ins Lagezentrum. Das gibt es zwei oder drei Berichte, die ich Ihnen gerne vorlegen würde. Der letzte aus Darkoi scheint
anzudeuten, dass Graf Vorlakil tot war, bevor seine Residenz niedergebrannt wurde, was ein neues Licht – oder einen neuen Schatten – auf diese Sache wirft. Und dann ist da noch das Problem der Reform des Ministeriums für Politische Bildung …«
»Das Problem der Auflösung, sicherlich«, murmelte
Vorkosigan.
»Mag sein. Und, wie immer, die neueste Sabotage von
Komarr.«
»Ich kann es mir vorstellen. Lasst uns gehen. Cordelia,
ach…«
»Vielleicht möchte Lady Vorkosigan noch bleiben und für
eine Weile unser Besuch sein«, murmelte Prinzessin Kareen
wie auf ein Stichwort hin, mit nur einem feinen Anflug von Ironie.
Vorkosigan warf ihr einen dankbaren Blick zu: »Danke,
Mylady.«
Sie strich zerstreut mit einem Finger über ihre zarten Lippen, während die Männer den Raum verließen, und sie entspannte sich leicht, als sie draußen waren. »Gut. Ich hatte gehofft, dass ich Sie einmal ganz für mich allein habe.« Ihr Gesichtsausdruck wurde lebhafter, als sie Cordelia anschaute.
Auf eine wortlose Berührung hin ließ sich der Junge vom Sofa 360
gleiten und kehrte, ein Paarmal hinter sich blickend, wieder zu seinem Spiel zurück.
Droushnakovi schaute stirnrunzelnd in Richtung der Tür.
»Was war denn mit diesem Leutnant los?«, fragte sie Cordelia.
»Leutnant Koudelka wurde von Nervendisruptor-Feuer
getroffen«, sagte Cordelia steif, unsicher darüben ob der
seltsame Ton des Mädchens eine Art von Missbilligung
verbarg. »Vor einem Jahr, als er Aral an Bord der General Vorkraß diente. Die neuralen Reparaturen scheinen nicht ganz dem galaktischen Standard zu entsprechen.« Sie verstummte, weil sie befürchtete, dass es scheinen könnte, als kritisierte sie die Hausherrin. Ohne dass Prinzessin Kareen für den zweifelhaften Standard der Medizin auf Barrayar verantwortlich wäre.
»Oh, nicht während des Kriegs um Escobar?«, fragte
Droushnakovi.
»Tatsächlich war es verrückterweise der Schuss, der den
Krieg um Escobar eröffnet hatte. Obwohl ich vermute, dass Sie es freundliches Feuer« nennen würden.«
»Lady Vorkosigan – oder sollte ich sagen: Captain
Naismith? – war damals dabei«, bemerkte Prinzessin Kareen,
»sie müsste es wissen.«
Es war schwer für Cordelia, in den Zügen der Prinzessin zu lesen. In wie viele von Negris berühmten Berichten war sie eingeweiht?
»Wie schrecklich für ihn! Er sieht aus, als wäre er einmal ziemlich athletisch gewesen«, sagte die Leibwächterin.
»Ja, das war er.« Cordelia lächelte dem Mädchen
freundlicher zu und gab ihre Verteidigungshaltung auf.
»Nervendisruptoren sind schmutzige Waffen, meiner Meinung
nach.« Sie rieb zerstreut über den empfindungslosen Punkt an ihrem Oberschenkel, der von dem
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