Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
nicht.«
Cordelia spürte, dass dies eine ehrliche Antwort war. Kareen fügte leise hinzu: »Ezar hat mich vor Serg beschützt, nachdem ich schwanger geworden war. Ich hatte meinen Mann sogar mehr als ein Jahr lang nicht gesehen, als er in Escobar getötet wurde.«
Vielleicht werde ich auch Prinz Serg nicht wieder erwähnen.
»Ezar war ein machtvoller Beschützer. Ich hoffe, dass Aral es ebenso gut macht«, bot Cordelia an. Sollte sie von Kaiser Ezar schon in der Vergangenheitsform sprechen? Jeder andere schien das zu tun.
Kareen kehrte wieder in die Gegenwart zurück und schüttelte sich. »Tee, Lady Vorkosigan?« Sie lächelte, berührte ein KomLink, ein winziges Funksprechgerät, das in einer juwelenbesetzten Nadel auf ihrer Schulter verborgen war, und gab Befehle an das Haushaltspersonal. Offensichtlich war der private Teil des Gesprächs vorüber. Captain Naismith musste nun herausfinden, wie Lady Vorkosigan zusammen mit einer Prinzessin Tee trinken sollte.
364
Gregor und die Leibwächterin kamen etwa zur gleichen Zeit
zurück, als die Cremetorten serviert wurden, und Gregor
machte sich erfolgreich daran, den Damen ein zweites Stück abzuschmeicheln. Beim dritten Stück jedoch sagte Kareen unnachgiebig nein. Prinz Sergs Sohn schien ein völlig normaler Junge zu sein, wenn auch etwas scheu in Gegenwart von Fremden. Cordelia beobachtete ihn und Kareen mit tiefer persönlicher Anteilnahme. Mutterschaft, jede Frau erlebte sie.
Wie schwer konnte das sein?
»Wie gefällt Ihnen Ihr neues Zuhause bisher, Lady
Vorkosigan?«, fragte die Prinzessin, um höfliche Konversation bemüht. Jetzt ging es nur um Plauderei am Teetisch, nicht um nackte Wahrheiten. Nicht vor den Kindern.
Cordelia überlegte. »Der Wohnsitz auf dem Land, im Süden
in Vorkosigan Surleau, ist einfach schön. Dieser wundervolle See – er ist größer als jedes offene Gewässer auf ganz Kolonie Beta, aber für Aral ist das einfach selbstverständlich. Ihr Planet ist unvergleichlich schön.« Ihr Planet. Nicht mein Planet? Bei einem Test freier Assoziationen löste das Wort ›Zuhause‹ in Cordelias Bewusstsein immer noch die Vorstellung ›Kolonie Beta‹ aus. Aber sie könnte für immer an diesem See in Vorkosigans Armen ruhen.
»Die Hauptstadt hier – nun, sie ist sicherlich vielfältiger als alles, was wir zu Hau … – auf Kolonie Beta haben. Obwohl«, sie lachte befangen, »hier scheinen so viele Soldaten zu sein.
Das letzte Mal, wo ich von so vielen grünen Uniformen
umgeben war, da befand ich mich in einem
Kriegsgefangenenlager.«
»Sehen Sie in uns immer noch den Feind?«, fragte die
Prinzessin neugierig.
»Oh – ich hatte schon aufgehört, in Ihnen allen den Feind zu sehen, bevor der Krieg zu Ende war. Nur verschiedenartige Opfer, auf verschiedene Weise blind.«
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»Sie haben einen durchdringenden Blick, Lady Vorkosigan.«
Die Prinzessin nippte an ihrem Tee und lächelte in ihre Tasse.
Cordelia blinzelte.
»Palais Vorkosigan tendiert zu einer Kasernenatmosphäre,
wenn Graf Piotr dort residiert«, merkte Cordelia an. »All seine Männer in Livree. Ich glaube, ich habe auch schon ein paar Dienstmädchen gesehen, die um die Ecken huschten. Eine barrayaranische Kaserne, das ist es. Mein Dienst in Beta war eine ganz andere Sache.«
»Gemischt«, sagte Droushnakovi. Blitzte in ihren Augen
Neid? »Frauen und Männer in gemeinsamem Dienst«
»Die Zuteilung der Aufgaben erfolgt nach einem
Eignungstest«;, stimmte Cordelia zu. »Ganz konsequent.
Natürlich werden die körperlich anstrengenderen Arbeiten den Männern zugeschoben, aber es scheint mit ihnen nicht dieses seltsame, zwanghafte Statusdenken verknüpft zu sein.«
»Respekt« Droushnakovi seufzte.
»Ja, wenn Menschen ihr Leben für ihre Gemeinschaft aufs
Spiel setzen, dann sollten sie sicherlich deren Respekt
genießen«, sagte Cordelia gleichmütig. »Ich vermisse meine …
meine Offizierskolleginnen, glaube ich. Die intelligenten
Frauen, die Technikerinnen, wie auch meinen Freundeskreis zu Hause.« Da war wieder dieses heikle Wort, ›zu Hause«.
»Es muss doch auch hier irgendwo gescheite Frauen geben,
bei all den gescheiten Männern. Wo verstecken sie sich nur?«
Cordelia verstummte, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass Kareen diese Bemerkung irrtümlicherweise als eine Verunglimpfung ihrer selbst auffassen könnte. Wenn sie jetzt anfügte Anwesende ausgenommen, dann würde sie jedoch ganz sicher ins Fettnäpfchen treten.
Doch wenn Kareen es so
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