Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
Zögern des Leutnants, um genau zu zielen, war fatal:
Das Kreuzfeuer aus Droushnakovis Nervendisruptor und der
Strahl aus Cordelias Betäuber trafen sich auf seinem Körper –
eine Millisekunde zu spät. Sein Disruptorschuss traf Padma Vorpatril mitten auf dem Hinterkopf. Blaue Funken tanzten umher, dunkles Haar sprühte orangefarbene Funken, Padmas Körper bog sich in einem heftigen Krampf und fiel zuckend zu Boden. Alys Vorpatril heulte auf, ein kurzer, scharfer Schrei, der von einem Keuchen abgewürgt wurde. Auf Händen und Füßen schien sie einen Moment erstarrt zwischen dem Impuls, auf ihn zu zu kriechen, und dem Reflex, zu fliehen.
Droushnakovis Kreuzfeuerstellung war perfekt. Der letzte
Wächter wurde getötet, während er noch versuchte, das
Verdeck des gepanzerten Bodenwagens zu heben. Ein Fahrer,
der im zweiten Fahrzeug abgeschirmt saß, entschied sich
klugerweise dafür, davonzurasen. Der Schuss aus Koudelkas
Plasmabogen, der auf Starkstrom geschaltet war, traf den
Bodenwagen, als er hinter der Hausecke beschleunigte. Das
Fahrzeug schleuderte wild umher, schrammte dabei Funken
sprühend an der Bordsteinkante entlang und rammte dann
gegen ein Backsteingebäude.
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Ja, war denn meine ganze Strategie für diese Mission nicht darauf aufgebaut, dass wir unsichtbar bleiben?, dachte Cordelia flüchtig und rannte los. Sie und Droushnakovi erreichten Alys Vorpatril im selben Augenblick; zusammen hoben sie die zitternde Frau auf die Beine.
»Wir müssen hier abhauen«, sagte Bothari, der sich aus
seiner kauernden Feuerstellung erhob und zu ihnen trat.
»Ganz recht«, stimmte Koudelka zu, der herbeigehumpelt
war und sich das Ergebnis des plötzlichen und spektakulären Gemetzels anschaute. Die Straße war erstaunlich ruhig. Nicht mehr lange, vermutete Cordelia.
»In diese Richtung.« Bothari zeigte auf eine enge und dunkle Gasse. »Rennt!«
»Sollten wir nicht versuchen, den Wagen da zu nehmen?«
Cordelia zeigte auf das Fahrzeug, an neben dem die reglosen Körper der Sicherheitsleute lagen.
»Nein, man kann ihn aufspüren. Und er passt dort nicht
hinein, wo wir hingehen.«
Cordelia war nicht sicher, ob die verstört dreinblickende und weinende Alys überhaupt irgendwohin rennen konnte, aber sie steckte wieder ihren Betäuber in ihren Rockbund und nahm einen der Arme der Schwangeren. Drou nahm den anderen, und zusammen führten sie sie hinter dem Sergeanten her.
Wenigstens war Koudelka nicht mehr der langsamste der
Gruppe.
Alys weinte, aber noch nicht hysterisch; sie warf nur einen einzigen Blick über die Schulter auf den Leichnam ihres
Mannes, dann konzentrierte sie sich entschlossen auf den
Versuch zu rennen. Sie rannte nicht gut. Sie hatte erhebliche Schwierigkeiten mit dem Gleichgewicht; ihre Arme hatte sie um den Bauch gelegt in einem Versuch, die Erschütterungen ihrer schweren Schritte abzufangen. »Cordelia«, keuchte sie.
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Damit zeigte sie, dass sie ihre Retterin erkannt hatte; aber sie hatte weder Zeit noch Atem für Fragen nach Erklärungen.
Sie waren noch nicht mehr als drei Häuserblocks weit
getorkelt, als Cordelia Sirenen aus der Gegend hörte, aus der sie geflohen waren. Aber Bothari schien sich wieder im Griff zu haben und reagierte nicht panisch. Sie durchquerten eine andere enge Gasse, und Cordelia wurde bewusst, dass sie in ein Stadtviertel ohne Straßenbeleuchtung oder ohne irgendeine Beleuchtung überhaupt gelangt waren. Sie strengte ihre Augen in der nebligen Dunkelheit an.
Alys hielt plötzlich an und Cordelia kam schlitternd zum
Stehen, wobei sie die Frau fast von den Beinen riss. Alys blieb eine halbe Minute stehen, gekrümmt und keuchend.
Cordelia erkannte, dass Alys' Unterleib unter seinem
täuschenden Fettpolster hart wie Stein war; ihr Morgenmantel war am Rücken ganz durchnässt. »Fangen die Wehen an?«,
fragte sie. Sie wusste nicht, warum sie diese Frage stellte, denn die Antwort war offensichtlich.
»Dies geht schon anderthalb Tage so«, stieß Alys hervor. Sie schien sich nicht aufrichten zu können. »Ich glaube, meine Fruchtblase ist geplatzt, als der Mistkerl mich hingeworfen hat.
Wenn es nicht Blut ist – ich hätte schon längst bewusstlos sein müssen, wenn das alles Blut gewesen wäre –, es tut jetzt so viel mehr weh…« Ihr Atem verlangsamte sich; mit Mühe zog sie ihre Schultern hoch.
»Wie lange noch?«, fragte Kou beunruhigt.
»Wie soll ich das wissen? Ich habe das noch nie gemacht.
Sie können da genauso gut raten wie
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