Vorkosigan 09 Waffenbrüder
die Krankenstation der Botschaft und wanderte hinab in den Souterrain des Sicherheitsbüros.
Er fand Galeni allein an seiner Komkonsole sitzen. Der Hauptmann hatte gerade einen Wirbel von Befehlen ausgegeben, mit denen seine Untergebenen in alle möglichen Himmelsrichtungen losgeschickt worden waren. Die Lichter im Büro waren gedämpft.
Galeni lehnte sich zurück, die Füße auf dem Tisch, an den Knöcheln überkreuzt, und Miles hatte den Eindruck, der Hauptmann hätte lieber eine Flasche mit einem hochprozentigen alkoholischen Getränk in der Hand gehabt als den Lichtgriffel, den er jetzt immerzu umdrehte.
Galeni lächelte düster, setzte sich auf und begann mit dem
Griffel auf den Tisch zu klopfen, als Miles eintrat. »Ich habe darüber nachgedacht, Vorkosigan. Ich fürchte, wir kommen nicht umhin, die örtlichen Behörden zu Hilfe zu rufen.«
»Ich wünschte, Sie würden das nicht tun, Sir.« Miles zog einen Stuhl herbei, setzte sich rittlings darauf und legte die Arme auf der Lehne über Kreuz. »Wenn Sie sie hier mit hineinziehen, dann entgleiten die Konsequenzen unserer Kontrolle.«
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»Es wird eine kleine Armee notwendig sein, um diese beiden
jetzt auf der Erde zu finden.«
»Ich habe eine kleine Armee«, erinnerte ihn Miles, »die gerade ihre Wirksamkeit für die Art von Unternehmen bewiesen hat,
meine ich.«
»Ha. Das stimmt.«
»Lassen Sie die Botschaft die Dendarii-Söldner engagieren, um unsere … vermißten Personen zu finden.«
»Engagieren? Ich dachte, Barrayar zahlt schon für sie!«
Miles blinzelte unschuldig. »Aber Sir, es ist Teil ihrer Tarnung, daß die Beziehung selbst den Dendarii nicht bekannt ist. Wenn die Botschaft sie mit einem formellen Kontrakt für diesen Job engagiert, dann – ist das sozusagen eine Tarnung für die Tarnung.«
Galeni hob sarkastisch die Augenbrauen. »Ich verstehe. Und
wie wollen Sie ihnen Ihren Klon erklären?«
»Falls nötig, als Klon – von Admiral Naismith.«
»Sind Sie jetzt zu dritt?«, sagte Galeni mißtrauisch.
»Dann weisen Sie sie einfach an, Ihren – Ser Galen zu suchen.
Wo er ist, da wird auch der Klon sein. Es hat einmal schon funktioniert.«
»Hm«, sagte Galeni.
»Das ist nur eine Sache«, fügte Miles hinzu. Er fuhr mit einem Finger nachdenklich oben an der Stuhllehne entlang. »Wenn wir Erfolg haben und sie einfangen –was haben wir dann eigentlich mit ihnen vor?«
Der Lichtgriffel klopfte auf den Tisch. »Es gibt nur zwei oder drei Möglichkeiten«, sagte Galeni. »Erstens können sie für die Verbrechen, die sie hier auf der Erde begangen haben, verhaftet, verurteilt und eingesperrt werden.«
»Dabei wird die Tarnung von Admiral Naismith als angeblich
unabhängig Operierender fast sicher gefährdet, seine wahre Identität öffentlich enthüllt«, sagte Miles ernst. »Ich kann nicht behaupten, daß das Kaiserreich von Barrayar mit den Denda242
rii-Söldnern steht oder fällt, aber der Sicherheitsdienst hat uns in der Vergangenheit nützlich gefunden. Das Oberkommando mag
das – hoffe ich – als einen armseligen Tausch betrachten. Außerdem, hat mein Klon Verbrechen begangen, derentwegen er festgehalten werden kann? Ich glaube, er ist vielleicht sogar minderjährig, nach den Regeln von Eurolaw.«
»Die zweite Alternative«, fuhr Galeni fort, »ist, sie zu entführen und heimlich nach Barrayar zu bringen, um ihnen dort den Prozeß zu machen, das bedeutet, die Regeln der Erde über Nichtauslieferung zu umgehen. Wenn wir einen Befehl von ganz oben hätten, dann würde er meiner Meinung nach so lauten, denn das ist die minimale gewöhnliche paranoide Reaktion des Sicherheitsdienstes.«
»Für einen Prozeß«, sagte Miles, »oder daß sie auf unbestimmte Zeit in einem Kerker sitzen … Für meinen – Bruder würde sich das vielleicht als nicht so schlecht herausstellen, wie er zuerst meinen mag. Er hat einen Freund an sehr hoher Stelle. Wenn er dem
Schicksal entgehen kann, heimlich ermordet zu werden, von einem
– allzu erregten Untergebenen unterwegs.« Galeni und Miles
tauschten Blicke. »Aber niemand wird für Ihren Vater ein gutes Wort einlegen. Barrayar hat immer die Tötungen während der
Komarr-Revolte als bürgerliche Verbrechen betrachtet, nicht als Kriegshandlungen, und er hat nie den Loyalitätseid abgelegt und auf Amnestie plädiert. Er wird wegen Schwerverbrechen angeklagt werden. Seine Hinrichtung ist die unvermeidliche Folge.«
»Unvermeidlich.« Galeni schürzte die Lippen und starrte auf die
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