Vorkosigan 09 Waffenbrüder
verfiel Miles in
Schweigen. Nach einer langen Weile redete er weiter.
»Ich glaube, der echte Plan ist viel einfacher und klüger. Er hat vor, den Klon mitten in einen Machtkampf zu werfen, einfach um Chaos auf Barrayar zu schaffen. Die Ergebnisse dieses Ringens sind belanglos. Der Klon ist bloß eine Schachfigur. Genau zum Höhepunkt der Unruhen auf Barrayar (und je blutiger sie sind, um so besser) soll auf Komarr eine Revolte ausbrechen. Er muß noch einen Verbündeten im Hintergrund haben, der bereit ist, mit genügend militärischer Macht sich einzuschalten, um Barrayars Wurmlochausgang zu blockieren. Gott, ich hoffe, er hat dazu keinen Teufelspakt mit den Cetagandanern geschlossen.«
»Eine barrayaranische Okkupation durch eine cetagandanische zu ersetzen, erscheint mir ein Nullsummenspiel im Extrem zu sein
– bestimmt ist er nicht so verrückt. Aber was geschieht dann mit Ihrem ziemlich teuren Klon?«, fragte Galeni, bemüht, die Fäden zu entwirren.
Miles lächelte schief. »Das kümmert Ser Galen nicht. Für ihn ist der Klon nur ein Mittel zum Zweck.« Er öffnete den Mund, schloß ihn, öffnete ihn wieder. »Außer daß – ich ständig die Stimme meiner Mutter im Kopf höre. Von ihr habe ich diesen
perfekten betanischen Akzent, wissen Sie, den ich als Admiral Naismith benutze. Ich kann sie jetzt direkt hören.«
»Und was sagt sie?« Galenis Augenbrauen zuckten amüsiert.
200
»Miles, sagt sie, was hast du mit deinem kleinen Bruder gemacht?!«
»Ihr Klon ist wohl kaum Ihr kleiner Bruder!«, brachte Galeni hervor.
»Im Gegenteil, nach betanischem Recht ist mein Klon genau das.«
»Verrückt.« Galeni überlegte. »Ihre Mutter kann doch wohl
kaum erwarten, daß Sie sich um diese Kreatur kümmern.«
»O doch, kann sie schon.« Miles seufzte deprimiert. Ein Knoten unausgesprochener Panik bildete einen Klumpen in seiner Brust.
Es war komplex, zu komplex …
»Und das ist die Frau, von der Sie behaupten, daß sie hinter dem Mann steht, der hinter der Kaiserherrschaft von Barrayar steht?
Das verstehe ich nicht. Graf Vorkosigan ist der pragmatischste aller Politiker. Schauen Sie sich den ganzen Plan zur Integration von Komarr an.«
»Ja«, sagte Miles freundlich, »schauen Sie sich ihn an.«
Galeni warf ihm einen mißtrauischen Blick zu. »Personen vor Prinzipien, was?«, sagte er schließlich langsam.
»Ja.«
Galeni ließ sich müde auf seine Bank sinken. Nach einer Weile zuckte einer seiner Mundwinkel hoch. »Mein Vater«, murmelte er,
»war immer ein Mann großer – Prinzipien.«
201
KAPITEL 10
Mit jeder Minute, die verging, erschienen die Chancen auf Befreiung aussichtsloser. Nach einiger Zeit wurde wieder eine Mahlzeit vom Typ Frühstück gebracht. Damit war, wenn man sich auf diese Zeitmessung verlassen durfte, der dritte Tag von Miles'
Gefangenschaft angebrochen. Es schien, daß der Klon noch keinen unmittelbaren und offensichtlichen Fehler begangen hatte, der Ivan oder Elli gegenüber seine wahre Identität enthüllen würde.
Und wenn er bei Ivan und Elli durchkam, dann konnte er überall durchkommen. Miles zitterte.
Er holte tief Luft, schwang sich von seiner Bank und absolvierte eine Reihe von Gymnastikübungen. Dabei versuchte er, Körper und Gehirn von den Nachwirkungen der Droge zu befreien. Galeni, der an diesem Morgen in eine unangenehme Mischung aus Drogenkater, Depression und hilfloser Wut versunken war, lag ausgestreckt auf seiner Bank und schaute kommentarlos zu.
Keuchend, schwitzend und schwindelig im Kopf, ging Miles in der Zelle auf und ab, um sich zu beruhigen. Der Raum begann zu stinken, und das war nicht hilfreich. Nicht sonderlich hoffnungsvoll ging er in den Waschraum und versuchte den Trick mit dem Verstopfen des Abflusses durch eine Socke. Wie er schon vermutet hatte, schaltete dasselbe Sensorsystem, das das Wasser auf eine Handbewegung hin fließen ließ, es auch wieder ab, bevor es überfloß. Die Toilette arbeitete auf gleiche Weise störungssicher.
Und selbst wenn es ihm gelungen wäre, ihre Bewacher zu bewegen, die Tür zu öffnen, so hatte Galeni demonstriert, wie gering ihre Chance war, sich gegen Betäuberfeuer den Weg nach draußen zu erkämpfen.
Nein. Sein einziger Berührungspunkt mit dem Feind lag in dem Fluß von Informationen, die man aus ihm herauszuquetschen
hoffte. Das war schließlich der einzige Grund, weshalb er noch am Leben war. Und dies war ein potentiell sehr mächtiges Druckmittel.
Informationssabotage. Wenn der Klon keine
Weitere Kostenlose Bücher