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Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Titel: Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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lange können wir vorgeben, eine Armee zu sein, wenn es keinen Feind gibt?«, fragte sie hartnäckig weiter. »Sie haben uns dafür vom Boden hochgescheucht. Wenn sich das totläuft, was dann?«
    Miles rollte sich auf der Seite zusammen und versank in seltsame und gestaltlose Gedanken; dabei lockte ihn ein Vorzeichen auf einen erotischen Traum über eine große, aggressive Rothaarige.
    Ein Gähnen ging über sein Gesicht. »Dann beten wir um ein
    Wunder. Erinnern Sie mich daran, daß ich später … mit Ihnen …
    über Wunder diskutiere …«
    Er wachte noch einmal halb auf, als jemand eine Schlafmatte unter ihn schob. Er schenkte Beatrice ein schläfriges Schlafzimmerlächeln.
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    »Verrückter Mutant«, knurrte sie ihn an und rollte ihn grob auf die Matte. »Glauben Sie bloß nicht, daß das meine Idee war.«
    »Ach Suegar«, murmelte Miles, »ich glaube, sie mag mich.«
    Dann kuschelte er sich wieder friedlich in die Arme der
    Traum-Beatrice.
    Zu Miles geheimer Bestürzung stellte sich seine Analyse als richtig heraus. Die Cetagandaner kehrten zu ihrer ursprünglichen Routine bei der Ausgabe der Rattenriegel zurück und reagierten nicht mehr auf die inneren Veränderungen unter ihren Gefangenen.
    Miles war sich nicht sicher, ob ihm das gefiel.
    Natürlich gab ihm das ausreichend Gelegenheit, sein Verteilungssystem genau abzustimmen. Aber etwas Schikane aus der Kuppel hätte die Aufmerksamkeit der Gefangenen nach draußen gelenkt, hätte ihnen wieder ein erneuertes Feindbild gegeben und vor allem die lähmende Langeweile ihres Alltags durchbrochen.
    Auf lange Sicht würde Tris recht haben.
    »Ich hasse einen Feind, der keine Fehler macht«, murmelte Miles gereizt und widmete seine Bemühungen den Ereignissen, die er kontrollieren konnte.
    Er fand einen phlegmatischen Gefangenen mit einem gleichmä
    ßigen Herzschlag, bat ihn, sich auf dem Boden niederlegen und seinen eigenen Puls zu messen, dann begann er das Timing der Verteilung zu überarbeiten, um Zeit zu sparen.
    »Das ist eine spirituelle Übung«, verkündete er, als er seine vierzehn Quartiermeister anwies, die Rattenriegel zu 200 Stück gleichzeitig auszugeben, mit einer dreißigminütigen Pause zwischen den Gruppen.
    »Das ist eine Veränderung des Tempos«, erklärte er Tris unter vier Augen. »Wenn wir die Cetagandaner nicht dazu veranlassen können, für etwas Abwechslung zu sorgen, dann müssen wir es einfach selber tun.« Schließlich führte er auch eine genaue Zählung der überlebenden Gefangenen durch. Miles war überall, ermutigte, spornte an, schob voran, hielt zurück.
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    »Wenn Sie wirklich wollen, daß es schneller vorangeht, dann machen Sie, verdammt noch mal, mehr Stapel«, protestierte Oliver.
    »Bitte keine Flüche«, sagte Miles und wies seine Gruppen an, ihre Rattenriegel zu Verteilungsstapeln zu transportieren, die gleichmäßig am Umkreis der Kuppel verteilt waren.
    Am Ende des neunzehnten Essensappells, seit er das Lager betreten hatte, hielt Miles sein Verteilungssystem für komplett und korrekt. Da er jeweils zwei Essensappelle einen ›Tag‹ nannte, war er jetzt schon neun Tage im Lager.
    »Ich bin ganz fertig«, erkannte er mit einem Stöhnen, »und es ist zu früh. «
    »Weinen Sie, weil Sie keine Welten mehr zu erobern haben?«, fragte Tris mit einem sarkastischen Grinsen.
    Beim zweiunddreißigsten Essensappell lief das System immer noch glatt, aber Miles wurde allmählich gereizt. »Willkommen auf der Durststrecke«, sagte Beatrice trocken. »Sie sollten sich lieber daran gewöhnen, Bruder Miles. Wenn es stimmt, was Tris sagt, dann werden wir wegen Ihnen noch länger hier drin sein. Ich muß irgendwann daran denken, Ihnen dafür passend zu danken.« Sie grinste ihm bedrohlich zu, und Miles erinnerte sich klugerweise, daß er auf der gegenüberliegenden Seite des Lagers etwas zu erledigen hatte.
    Sie hatte recht, dachte Miles deprimiert. Die meisten Gefangenen hier zählten ihre Gefangenschaft nicht nach Tagen und Wochen, sondern nach Monaten und Jahren. Er selber würde wahrscheinlich schon nach einem Zeitraum durchdrehen, der den anderen bloß wie ein Atemzug vorkam. Er fragte sich düster, welche Form seine Verrücktheit wohl annehmen würde. Eine Manie, inspiriert von der glitzernden Illusion, er sei – zum Beispiel – der Eroberer von Komarr? Oder eine Depression wie bei Tremont, wo er sich in sich selber zurückzog, bis er überhaupt niemand mehr war, eine Art menschliches Schwarzes Loch?
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    Wunder. Es hatte in

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