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Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Titel: Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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hätten. Auf 290
    diese Weise haben Tris und die Frauen ihre Rache, ohne daß die Hälfte der Männer gegen sie aufgehetzt wird. Die Hände der Kommandantin bleiben sauber, und doch wurde ein Verbrecher bestraft, und ein harter Fall, der draußen sicher ins Militärgefängnis wandern würde, wurde für uns hier erledigt. Außerdem haben alle Gleichgesinnten eine Warnung bekommen, die sie nicht
    ignorieren werden. So wirkt das auf allen Ebenen.«
    Olivers Gesicht war ausdruckslos geworden. Nach einem Augenblick des Schweigens bemerkte er: »Sie kämpfen mit schmutzigen Mitteln, Bruder Miles.«
    »Ich kann es mir nicht leisten zu verlieren.« Miles warf ihm einen finsteren Blick zu. »Sie etwa?«
    Oliver preßte die Lippen aufeinander. »Nein.«
    Tris gab überhaupt keinen Kommentar ab.
    Miles beaufsichtigte persönlich die Auslieferung der Rattenriegel an alle Gefangenen, die zu krank oder zu schwach oder zu sehr verprügelt worden waren, als daß sie es an der Essenausgabe hätten versuchen können.
    Oberst Tremont lag zu still auf seiner Matte, zusammengerollt, mit leeren Augen nach oben starrend. Oliver kniete neben ihm nieder und schloß die austrocknenden, reglosen Augen. Der Oberst mochte irgendwann in den letzten paar Stunden gestorben sein.
    »Es tut mir leid«, sagte Miles ehrlich. »Es tut mir leid, daß ich zu spät gekommen bin.«
    »Nun …«, sagte Oliver, »nun …« Er stand auf, biß auf die Unterlippe, schüttelte den Kopf und sagte nichts mehr. Miles und Suegar, Tris und Beatrice halfen Oliver die Leiche, die Matte, die Kleider, den Becher und alles andere zum Müllhaufen zu tragen.
    Oliver schob den Rattenriegel, den er für Tremont reserviert hatte, unter den Arm des Toten. Niemand versuchte, die Leiche zu entkleiden, nachdem sie sich abgewandt hatten, obwohl ein anderer 291
    im Tod Erstarrter schon ausgeraubt worden war und jetzt nackt dalag.
    Kurz danach stolperten sie über Pitts Leiche. Die Todesursache war höchstwahrscheinlich Strangulation, aber das Gesicht war so von Schlägen lädiert, daß seine purpurne Färbung keinen sicheren Hinweis gab.
    Tris hockte sich neben der Leiche nieder und schaute Miles an.
    Allmählich schien sie ihn neu einzuschätzen. »Ich glaube, Sie könnten recht haben mit dem, was Sie über Macht sagen, Kleiner.«
    »Und über Rache?«
    »Ich dachte, ich könnte nie genug davon bekommen«, seufzte sie und betrachtete die Leiche. »Ja … auch damit.«
    »Danke.« Miles stupste die Leiche mit seiner Zehe. »Täuschen Sie sich aber nicht, das ist ein Verlust für unsere Seite.«
    Miles ließ Suegar jemand anderen anweisen, die Leiche zum
    Müllhaufen zu schleifen.
    Unmittelbar nach dem Essensappell hielt Miles einen Kriegsrat ab.
    Tremonts Totenträger, die Miles inzwischen als seinen Generalstab betrachtete, und die vierzehn Gruppenführer versammelten sich um ihn an einer Stelle nahe der Grenze der Frauengruppe.
    Miles ging vor ihnen hin und her und gestikulierte dabei energisch.
    »Ich belobige die Gruppenführer für ihre ausgezeichnete Arbeit, und Sergeant Oliver belobige ich dafür, daß er sie ausgewählt hat.
    Dadurch, daß wir das fertiggebracht haben, haben wir uns nicht nur die Loyalität des größeren Teils des Lagers gewonnen, sondern auch Zeit. Jeder Essensappell dürfte in Zukunft ein bißchen einfacher ablaufen, ein bißchen glatter, jeder wird eine Echtzeitübung für den nächsten werden.
    Und mißverstehen Sie mich nicht, es handelt sich um eine militärische Übung. Wir sind wieder im Krieg. Wir haben die Cetagandaner schon dazu gebracht, daß sie ihre sorgfältig berechnete Routine durchbrechen und einen Gegenzug machen. Wir haben
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    agiert. Sie haben reagiert. So seltsam das alles Ihnen erscheinen mag, wir hatten den Vorteil der Offensive.
    Jetzt beginnen wir unsere nächsten Strategien zu planen. Ich möchte, daß Sie darüber nachdenken, worin die nächste Herausforderung der Cetagandaner bestehen wird.« Tatsächlich möchte ich einfach, daß Sie nachdenken. Punkt. »Soweit die Predigt –
    Kommandantin Tris, übernehmen Sie.« Miles zwang sich, sich im Schneidersitz niederzulassen, und übergab das Wort seiner Erwählten, ob sie es wollte oder nicht. Er erinnerte sich daran, daß Tris eine Feldoffizierin gewesen war, kein Stabsmitglied; sie brauchte die Übung mehr als er.
    »Natürlich können sie wieder geringere Stapel schicken, wie sie es früher schon einmal gemacht haben«, begann sie nach einem Räuspern. »Manche meinen, daß so

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