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Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit

Titel: Vorkosigan 10 Grenzen der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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eigentlich Beine hätten sein sollen. Ihr Haar war kurz und weich und schwarz wie Ebenholz. Ihre Augen waren
    geschlossen, auf ihrem rosigen Gesicht lag der Friede eines Engels, hoch und fern und erschreckend.
    Ihr seltsames Instrument war in der Luft vor ihr befestigt, ein flacher, polierter hölzerner Rahmen, sowohl oben wie unten bespannt mit einer verwirrenden Fülle straffer, schimmernder Drahtsaiten, dazwischen ein Klangbrett. Sie schlug die Saiten in rasender Geschwindigkeit mit vier Filzhämmern, beide Seiten gleichzeitig. Ihre oberen Hände bewegten sich im Kontrapunkt zu den unteren. Musik strömte in Kaskaden hervor.
    »Du lieber Himmel«, sagte Thorne, »das ist eine Quaddie.«
    »Eine was?«
    »Eine Quaddie. Sie ist weit weg von ihrer Heimat.«
    »Sie ist – kein lokales Produkt?«
    »Auf keinen Fall.«
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    »Ich bin erleichtert. Glaube ich wenigstens. Woher, zum Teufel, kommt sie dann?«
    »Vor etwa zweihundert Jahren, etwa um die Zeit, als die Hermaphroditen erfunden wurden«, Thornes Gesicht verzog sich schmerzlich, »gab es diesen Boom in genetischen Experimenten mit Menschen, als Nachwirkung der Entwicklung des praktischen Uterusreplikators. Kurz darauf gab es auch eine Welle von Gesetzen, die diese Entwicklung einschränkten, aber in der Zwischenzeit hatte sich jemand ausgedacht, eine Rasse von Bewohnern der Schwerelosigkeit zu schaffen. Dann kam die künstliche Gravitation auf und beendete dieses Geschäft. Die Quaddies flohen – ihre Nachkommen landeten auf der anderen Seite von Nirgendwo, irgendwo jenseits der Erde, von uns aus im Nexus gesehen. Man sagt, daß sie meistens unter ihresgleichen bleiben. Es ist sehr ungewöhnlich, eine von ihnen diesseits der Erde anzutreffen. Pst.« Mit offenem Mund folgte Thorne der Musik.
    So ungewöhnlich, wie einen betanischen Hermaphroditen in einer freien Söldnerflotte anzutreffen, dachte Miles. Aber die Musik verdiente ungeteilte Aufmerksamkeit, obwohl nur wenige in dieser paranoiden Menge sie überhaupt zu bemerken schienen. Eine
    Schande. Miles war kein Musiker, aber selbst er spürte in dem Spiel eine leidenschaftliche Eindringlichkeit, die über bloßes Talent hinaus fast ins Geniale ging. Ein vergängliches Genie –
    Klänge verwoben mit der Zeit, und, wie die Zeit, immerzu vor dem vergeblichen Zugriff in die Erinnerung zurückweichend.
    Der Fluß der Musik verebbte zu einem schwebenden Echo, dann war Stille. Die vierarmige Musikerin öffnete die Augen, ihr Gesicht kehrte aus den ätherischen Sphären zurück ins bloß Menschliche und war angespannt und traurig.
    »Ach«, hauchte Thorne, steckte sein leeres Glas unter die Achsel und hob die Hände, um zu klatschen, dann hielt er inne. Er zögerte.
    Er wollte unter der gleichgültigen Zuhörerschaft nicht auffallen.
    Nicht aufzufallen entsprach ganz Miles’ Wunsch. »Vielleicht kannst du mit ihr sprechen«, schlug er als Alternative vor.
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    »Meinst du?« Thornes Gesicht hellte sich auf. Er trat vor, bückte sich setzte das Glas auf dem Boden ab und hob die gespreizten Finger zu der funkelnden Blase. Der Hermaphrodit lächelte gewinnend. »Äh …« Thornes Brust hob und senkte sich.
    Du lieber Himmel, Bei, bist du sprachlos? Hätte nie gedacht, daß ich das einmal erleben würde. »Frag sie, wie das Ding heißt, das sie spielt«, schlug Miles hilfsbereit vor.
    Die vierarmige Frau neigte neugierig den Kopf zur Seite und schwebte elegant über ihr kastenartiges Instrument auf Thorne zu, auf die andere Seite der glitzernden Barriere. »Ja?«
    »Wie heißt dieses außerordentliche Instrument?«, fragte Thorne.
    Sie musterte ihn prüfend mit ihren blauen Augen. »Es ist ein doppelsaitiges Hackbrett, Madame – Sir …« Ihre Stimme, die den gleichgültigen Ton angeschlagen hatte, den Diener gegenüber Gästen verwenden, zögerte einen Augenblick. Sie fürchtete, ihn zu beleidigen.
    »Kapitän Bei Thorne«, stellte sich Bei sogleich vor und begann, seine gewohnte Fassung wiederzugewinnen. »Ich kommandiere
    den Dendarii-Schnellkreuzer Ariel. Zu Ihren Diensten. Wie um alles in der Welt sind Sie hierher gekommen?«
    »Ich hatte mich zur Erde durchgearbeitet. Ich suchte eine Anstellung, und Baron Fell engagierte mich.« Sie warf den Kopf zurück, als müßte sie einer impliziten Kritik ausweichen, obwohl Bei keine geäußert hatte.
    »Sie sind eine echte Quaddie?«
    »Sie haben von meinem Volk gehört?« Sie hob erstaunt die
    dunklen Augenbrauen. »Die meisten Leute, denen ich hier begegne, meinen, ich

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