Vorkosigan 11 Spiegeltanz
dann wieder, 365
seine Stelle aufzugeben, wenn Aral sich nicht benimmt. Du mußt nicht in die medizinischen Details gehen.«
Details, die enthüllen würden, wie schlimm der Premierminister dran war. Ganz recht. »Was soll ich sagen, wenn man mich nach Miles fragt?«
»Früher oder später muß …« – sie holte Luft –, »falls der Sicherheitsdienst den Körper nicht findet, eine formelle Todeserklärung verkündet werden. Solange Aral noch lebt, würde ich eher später vorziehen. Außer den höchsten Offizieren des Sicherheitsdienstes, Kaiser Gregor und einigen Regierungsbeamten weiß niemand, daß Miles noch etwas anderes ist als ein Kurieroffizier des Sicherheitsdienstes in einem bescheidenen Rang. Die Aussage, daß er dienstlich unterwegs ist, ist völlig wahr. Die meisten, die nach ihm fragen, werden bereit sein zu akzeptieren, daß der Sicherheitsdienst dir nicht anvertraut hat, wohin sie ihn geschickt haben und für wie lang.«
»Galen hat einmal gesagt«, begann Mark und brach ab.
Die Gräfin blickte ihn ruhig an. »Denkst du heute abend viel an Galen?«
»Ein wenig«, gab Mark zu. »Er hat mich auch dafür trainiert. Wir haben alle wichtigeren Zeremonien des Kaiserreiches eingeübt, weil er nicht im voraus wußte, zu welcher Jahreszeit er mich hier absetzen würde. Kaisers Geburtstag, die Mittsommer-Parade, das Winterfest – alles. Ich kann nicht daran teilnehmen, ohne an ihn zu denken und wie sehr er das Kaisertum gehaßt hat.«
»Er hatte seine Gründe.«
»Er sagte … Admiral Vorkosigan sei ein Mörder.«
Die Gräfin seufzte und lehnte sich zurück. »Und?«
»War er das?«
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»Du hast selbst die Gelegenheit gehabt, ihn zu beobachten. Was meinst du?«
»Mylady … ich bin ein Mörder. Und ich weiß es nicht.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Richtig formuliert. Nun ja.
Seine militärische Karriere war lang und kompliziert – und blutig –
und ist eine öffentlich verbürgte Tatsache. Aber ich nehme an, Galen war vor allem auf das Massaker von Solstice fixiert, bei dem seine Schwester Rebecca umgekommen war.«
Mark nickte stumm.
»Der Befehl zu diesem mörderischen Vorfall kam vom Politischen Offizier des barrayaranischen Expeditionskorps, nicht von Aral. Als Aral dies herausfand, richtete er ihn eigenhändig hin.
Unglücklicherweise ohne ein formelles Verfahren vor dem
Kriegsgericht. So entging er der einen Anklage, aber nicht der anderen. In diesem Sinne: ja, er ist ein Mörder.«
»Galen sagte, das sei geschehen, um die Beweise zu vernichten.
Es habe einen mündlichen Befehl gegeben, und den habe nur der Politische Offizier gekannt.«
»Wie konnte dann Galen ihn kennen? Aral stellt es anders dar.
Ich glaube Aral.«
»Galen sagte, er sei ein Folterer.«
»Nein«, sagte die Gräfin kategorisch. »Das waren Ges Vorrutyer und Prinz Serg. Ihre Gruppe ist jetzt ausgelöscht.« Sie lächelte ein dünnes, scharfes Lächeln.
»Ein Verrückter.«
»Nach betanischen Maßstäben ist niemand auf Barrayar geistig völlig gesund.« Sie blickte ihn amüsiert an. »Nicht einmal du und ich.«
Besonders ich nicht. Er holte kurz Luft. »Ein Sodomit.«
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Sie legte ihren Kopf schräg. »Ist das für dich wichtig?«
»In Galens Konditionierung spielte es eine große Rolle.«
»Ich weiß.«
»So? Verdammt …« War er für diese Leute hier durchsichtig wie Glas? Ein Feelie-Drama zu ihrem Amüsement? Doch die Gräfin wirkte nicht amüsiert. »Zweifellos ein Bericht vom Sicherheitsdienst«, sagte er bitter.
»Sie haben einen von Galens überlebenden Untergebenen einem Verhör mit Schnell-Penta unterzogen. Einen Mann namens Lars, falls der Name dir etwas sagt.«
»Er sagt mir etwas.« Er knirschte mit den Zähnen. Keine Chance auf Menschenwürde. Nicht ein Fetzen davon blieb für ihn übrig.
»Wenn wir Galen beiseite lassen, sind Arals persönliche Neigungen für dich wichtig?«
»Ich weiß es nicht. Die Wahrheit ist wichtig.«
»Das stimmt. Nun, in Wahrheit … halte ich ihn für bisexuell, aber im Unterbewußtsein mehr von Männern angezogen als von Frauen. Nicht zu Männern generell, glaube ich. Ich bin nach barrayaranischen Maßstäben ein ziemlich extremer … hm … Wildfang und wurde so zur Lösung seiner Dilemmata. Als er mir das erstemal begegnete, war ich in Uniform, mitten in einem häßlichen militärischen Zusammenstoß. Er dachte, es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen. Ich habe mir nie die Mühe gemacht, ihm zu erklären, daß es sein unwiderstehlicher Drang
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