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Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Titel: Vorkosigan 11 Spiegeltanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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es ihnen zu.
    Erst vor acht Wochen? Es kam ihm vor, als wäre er schon immer als Gefangener hier gewesen. Ein höflich gehaltener Gefangener, zugegeben, wie einer dieser Offiziere aus alter Zeit, die auf ihr Ehrenwort hin sich frei in der Festung bewegen durften. Allerdings hatte niemand von ihm sein Ehrenwort gefordert. Vielleicht war sein Wort nichts wert. Er trennte sich von seinem widerwärtigen Spiegelbild und trottete weiter, in die Bibliothek.
    Die Gräfin saß auf dem seidenen Sofa, in einem langen Kleid in wolkenweichem Beige mit hohem Kragen, das mit kupferfarbener und silberner Stickerei verziert war, einem Echo der Farbe ihrer Haare, die mit Schleifen auf dem Hinterkopf hochgebunden waren.
    Kein Fleckchen Schwarz oder Grau, das eine Erwartung von Trauer andeuten könnte. Sie war auf fast arrogante Weise elegant.
    Uns geht es gut, schien das Ensemble zu sagen, und wir sind die Vorkosigans. Als Mark eintrat, wandte sie ihm den Kopf zu, und 363
    ihr gedankenverlorener Blick wich einem kurzen, spontanen Lächeln. Unwillkürlich antwortete er auch mit einem Lächeln.
    »Du siehst gut aus«, sagte sie beifällig.
    »Sie auch«, erwiderte er, und weil es ihm zu familiär erschien, fügte er hinzu: »Madame.«
    Bei diesem Wort zog sie die Stirn kraus, aber sie sagte nichts dazu. Er ging zu einem Stuhl, der in der Nähe stand, da er aber zu aufgedreht war, um zu sitzen, stützte er sich nur auf die Rückenlehne. Er unterdrückte den Impuls seines rechten Fußes, auf den Marmorboden zu klopfen. »Sie glauben also, die werden das heute abend akzeptieren? Ihre Vor-Freunde.«
    »Nun, du wirst sicherlich ihre Aufmerksamkeit auf dich ziehen«, seufzte sie. »Darauf kannst du dich verlassen.« Sie hob einen kleinen braunen Seidenbeutel hoch, auf den in Silber das Emblem der Vorkosigans gestickt war, und reichte ihn Mark. Darin klimperten bedeutungsvoll schwere Goldmünzen. »Wenn du dies heute abend bei der Steuerzeremonie als Arals Stellvertreter Gregor überreichst, dann wird damit allen formell kundgetan, daß wir dich als unseren legitimen Sohn betrachten – und daß du dies akzeptierst. Schritt Nr.l. Viele andere werden noch folgen.«
    Und am Ende dieses Weges – die Grafenwürde? Mark legte die Stirn in tiefe Runzeln.
    »Ganz gleich, was für Gefühle du hast – was auch immer am Ende das Ergebnis dieser gegenwärtigen Krise ist – laß sie nicht sehen, wie du zitterst«, riet die Gräfin. »Dieses ganze Vor-System existiert im Denken. Überzeugung ist ansteckend. Und Zweifel ebenfalls.«
    »Sie betrachten das Vor-System als Illusion?«, fragte Mark.
    »Das habe ich früher getan. Jetzt würde ich es als eine Schöpfung bezeichnen, die, wie jedes lebende Wesen, dauernd neu erschaffen 364
    werden muß. Ich habe das System von Barrayar als schwierig, schön, korrupt, dumm, ehrbar, frustrierend, verrückt und atemberaubend erlebt. Es erledigt die meiste Zeit den größten Teil der Regierungsarbeit, was jedes System im Durchschnitt leistet.«
    »Also … billigen Sie es oder nicht?«, fragte er verwirrt.
    »Ich weiß nicht, ob meine Billigung eine Rolle spielt. Das Kaisertum ist wie eine sehr große, wirre Symphonie, die von einem Komitee komponiert wurde. Über eine Periode von dreihundert Jahren. Gespielt von einer Bande freiwilliger Amateure. Es weist eine enorme Trägheit auf und ist grundsätzlich fragil. Es ist weder unveränderlich noch unveränderbar. Es kann einen zertrampeln wie ein blinder Elefant.«
    »Was für ein aufmunternder Gedanke.«
    Sie lächelte. »Wir werfen dich heute abend nicht in völlig fremdes Gewässer. Ivan und deine Tante Alys werden dasein, und Lord und Lady Vortala, das junge Paar. Und die anderen, denen du hier in den vergangenen paar Wochen begegnet bist.«
    Ergebnis dieser unerträglichen privaten Dinnerparties. Schon vor dem Kollaps des Grafen waren unablässig ausgewählte Besucher im Palais Vorkosigan aufmarschiert, um ihm zu begegnen. Als Vorbereitung auf diesen Abend hatte Gräfin Cordelia trotz der seit einer Woche schwelenden medizinischen Krise diesen Prozeß bewußt weitergeführt.
    »Ich nehme an, daß jeder nach vertraulichen Informationen über Arals Zustand angeln wird«, fügte sie hinzu.
    »Was soll ich ihnen sagen?«
    »Bei der nackten Wahrheit kann man sich immer am wenigsten vertun. Aral ist im Militärkrankenhaus und wartet auf ein Herz für eine Transplantation. Und er ist ein sehr schlechter Patient. Sein Arzt droht einmal, ihn an sein Bett zu fesseln, und

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